Legendenturnier in München: Mehr Promis als bei Champions League – München | ABC-Z

Kurz vor dem Finale ereignet sich im Kabinengang eine Szene, die die meisten Beobachter etwas ratlos zurücklässt und die wartenden Einlaufmädchen gleich mit. Mit ihnen haben Lothar Matthäus, Dietmar Hamann und Christian Karembeu gerade abgeklatscht, als auch Zé Roberto von seinem letzten Spiel aus der Halle gelaufen kommt. Der frühere Fußballprofi des FC Bayern ruft die Teenagerinnen zusammen, stellt sich in ihre Mitte und posiert mit ihnen für ein Foto.
Doch schnell hat der 50-Jährige noch eine Idee: Er zieht sein Trikot aus und präsentiert im Kreis der geschätzt Elf- bis Vierzehnjährigen für ein weiteres Foto stolz seinen Waschbrettbauch. Die Mädchen kichern irritiert. Es wirkt, als habe Zé Roberto die Fotos mehr gewollt als sie. Als Franck Ribéry mit ein paar dieser Teenagerinnen vergnügt einschlägt, kreischen einige, als habe ein Popstar ihre Hand berührt. Der Filou hat offenbar mehr Eindruck hinterlassen als Zé Roberto mit seiner etwas eigenwilligen Showeinlage.
Zé Roberto wollte das Foto eventuell mehr als die Einlaufmädchen
Es sind ohnehin die kleinen Beobachtungen, die das Legendenturnier am Freitagnachmittag im ausverkauften Münchner SAP Garden im Rahmenprogramm des Champions-League-Finals erst so richtig spannend machen. Und das geht schon los, als die mehr als 30 ehemaligen Weltklassefußballer in vier Teams vor Beginn des Turniers im Kabinengang darauf warten, in die Halle gerufen zu werden.
Roberto Carlos sitzt dabei auf dem Boden und gibt einem türkischen Journalisten lässig ein Interview. Der Brasilianer hat früher bei Fenerbahçe Istanbul gespielt, ist wegen körperlicher Beschwerden aber nicht mehr besonders fit, wovon auch sein gewölbtes Trikot kündet. Viele andere der ehemaligen Fußballstars plaudern im Stehen miteinander. Nur Jens Lehmann schießt etwas abseits immer wieder einen Ball gegen eine Wand.
Oliver Bierhoff sieht im Trikot mittlerweile ziemlich ungewohnt aus, als habe sich ein Unternehmensberater in der Garderobe vertan. Karembeu unterhält sich mit Jay-Jay Okocha, den man kaum wiedererkennt. Außer man heißt Oliver Kahn, der den früheren Frankfurter wegen des legendären Solos von 1993 vermutlich nie vergessen wird. Kahn ist aber nicht dabei.
Spektakulär geht es dennoch zu, nachdem sich Roberto Carlos humpelnd erhoben hat und neben Bierhoff darauf wartet, vom Hallensprecher aufgerufen zu werden. Doch erst einmal ist Lehmann dran, und weil das Publikum laut johlt, als er einläuft, sagt Bierhoff zu Roberto Carlos auf Englisch, dass Lehmann hier in der Stadt und Umgebung berühmt sei. Dabei lächelt Bierhoff amüsiert. Das liegt daran, dass er dem Brasilianer kurz von der Geschichte mit der Kettensäge und dem Dachbalken an der Garage des Nachbarn erzählt.
:Jens Lehmann, bekannt aus Funk, Fernsehen – und Gerichtsprozessen
Der 55-Jährige sollte in München vor Gericht erscheinen, weil er angeblich bei einer Autofahrt das Handy am Ohr hatte. Aber weder er noch sein Anwalt kamen. Und schon nächste Woche wird erneut gegen ihn verhandelt. Über Deutschlands Ex-Nationaltorhüter – und seine skurrilen Gerichtsverhandlungen.
Das „Ultimate Champions Legends Tournament 2025“, wie es offiziell heißt, hat zumindest in den Katakomben manchmal ein wenig die Atmosphäre eines Amateur-Hallenturniers. Auch auf dem Spielfeld gilt das zumindest teilweise. Zum Beispiel, wenn Wesley Sneijder mit seiner inzwischen ausgeprägt rundlichen Körpermitte aufläuft. Für all jene, die andere Qualitäten für wichtiger erachten als Waschbrettbäuche, stiftet das Turnier die beruhigende Erkenntnis, dass auch ehemalige Weltklassekicker zumindest teils normal altern. Für Hobbykicker mittleren Alters ist das ebenso tröstlich wie Hamanns Erschöpfung nach seinem ersten Einsatz.
Ob er noch lebe, wird der frühere deutsche Nationalspieler von einem Reporter auf Englisch gefragt, als er sich schnaufend und schwitzend in die Interviewzone stellt. „Gerade so“, antwortet Hamann selbstironisch. An seiner Statur und seinem etwas schwerfälligen Laufstil kann sich der Amateurfußballer aus der Altliga orientieren. Ebenso an John Obi Mikel, der sich im Finale nach einem Ausfallschritt sofort an den hinteren rechten Oberschenkel greift und nicht mehr weiterspielen kann.
Viele andere sind dagegen noch bemerkenswert fit, was sich auch am ordentlichen Tempo und Ehrgeiz zeigt. Ribéry dribbelt mal eben Luís Figos halbe Mannschaft aus und wird vom Publikum gefeiert wie früher in der Fröttmaninger Arena. Andrés Iniesta führt Regie wie zu seinen besten Zeiten beim FC Barcelona. Und der 54 Jahre alte Brasilianer Cafu will gar nicht aufhören, auf seiner rechten Seite auf und ab zu rennen. Und wer ist am schwierigsten zu pfeifen, Felix Brych? „Always Materazzi“, antwortet der Münchner Schiedsrichter lachend, der gerade seine Karriere beendet hat. Gemeint ist Marco Materazzi. Der Italiener ging unter anderem damit in die Fußballgeschichte ein, dass er im Finale der WM 2006 Zinédine Zidane zu einem Kopfstoß provozierte.
Am Ende gewinnt der FC Figo das Finale gegen Kaká’s Kings 9:8 auch deshalb, weil Mario Gomez mehrfach hübsch auflegt für Kapitän Luís Figo. Den Pokal, eine flache Nachbildung der Champions-League-Trophäe, nimmt der 52 Jahre alte Portugiese vom früheren Spieler und Trainer Fabio Capello entgegen. Zum Konfettiregen erklingt „We are the Champions“. Irgendwie stimmt das auch. Es war ja mehr Fußballprominenz dabei als im Finale der Königsklasse.