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Nahost-Liveblog: ++ Botschafter: Nehmen Merz-Kritik ernst ++ | ABC-Z


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Stand: 27.05.2025 13:19 Uhr

Israels Botschafter Prosor hat betont, die Kritik von Kanzler Merz’ ernst zu nehmen, “weil er ein Freund ist.” Nach Angaben des israelischen Militärs ist erneut eine Rakete aus dem Jemen auf Israel abgeschossen worden.

Die wichtigsten Entwicklungen im Überblick:

Die Oberste Anklägerin Israels hat Regierungschef Benjamin Netanjahu bei der Nominierung des neuen Chefs des Inlandsgeheimdienstes Schin Bet Rechtsbruch vorgeworfen. Die Ernennung von Generalmajor David Zini sei “in einer Situation des Interessenkonflikts” und im Widerspruch mit “gerichtlichen Richtlinien” getroffen worden, hieß es in einem Brief der Generalstaatsanwältin Gali Baharav-Miara an Netanjahu, aus welchem die Nachrichtenagentur AFP zitierte.

Die Nominierung sei somit “unrechtmäßig und illegal” gewesen. In ihrem Brief erklärte Baharav-Miara, die Gerichtsurteile zur Entlassung des bisherigen Schin-Bet-Chefs Ronen Bar hätten Netanjahu einen Interessenskonflikt attestiert. Ein solcher verbiete es aber dem Regierungschef, “sich direkt oder indirekt an der Ernennung des Schin-Bet-Chefs zu beteiligen.” Netanjahu äußerte sich zunächst nicht zu den Vorwürfen.

Bei einer Razzia der israelischen Armee gegen Geldwechselstuben im Westjordanland ist es palästinensischen Angaben zufolge zu Zusammenstößen gekommen. Dabei sei in der Stadt Nablus im Norden des Gebiets ein Palästinenser durch Schüsse israelischer Einsatzkräfte getötet worden, teilte das palästinensische Gesundheitsministerium in Ramallah mit. Zudem gab es laut dem Roten Halbmond Verletzte.

Israels Armee sagte auf Anfrage, sie gehe den Berichten nach. Israelischen und palästinensischen Medien zufolge sind israelische Einsatzkräfte seit dem Morgen in vielen Orten im Westjordanland im Einsatz, um dort gegen bestimmte Geldwechselstuben vorzugehen. Nach Angaben der Times of Israel stehen Besitzer von Wechselstuben im Fokus, die verdächtigt werden, Geld an militante Gruppierungen weiterzuleiten.

Konfliktparteien als Quelle

Angaben zu Kriegsverlauf, Beschuss und Opfern durch Konfliktparteien können in der aktuellen Lage zum Teil nicht unmittelbar von unabhängiger Stelle überprüft werden.

Etwa 300 französischsprachige Schriftstellerinnen und Schriftsteller, unter ihnen zwei Nobelpreisträger, haben in einem offenen Schreiben einen “Völkermord” an der Bevölkerung des Gazastreifens angeprangert. “So wie es notwendig war, die am 7. Oktober 2023 gegen Zivilisten begangenen Verbrechen als Kriegsverbrechen und Verbrechen gegen die Menschlichkeit zu benennen, muss heute der ‘Völkermord’ als solcher benannt werden”, heißt es in dem in der Zeitung “Libération” veröffentlichten Aufruf. 

Diese Bezeichnung sei “kein Slogan”, betonen die Unterzeichner, die davor warnen, “allgemeines Mitleid zu zeigen, ohne das Entsetzen zu benennen und ohne zu präzisieren, worum es sich handelt”.

Die Vereinten Nationen haben eine massive Ausweitung der Hilfslieferungen für die notleidenden Menschen im umkämpften Gaza-Streifen verlangt. Benötigt würden bis zu 600 Lastkraftwagen mit Lebensmitteln, Medizin und anderen humanitären Gütern pro Tag, sagte Juliette Touma, Sprecherin des Hilfswerks für Palästina-Flüchtlinge UNRWA, in Genf.

Die geringen Mengen an Hilfsgütern, die Israel nun in den Gaza-Streifen hereinlasse, seien völlig unzureichend. Weiter sagte sie, dass rund 3.000 UNRWA-Trucks in Ägypten und Jordanien auf grünes Licht für die Fahrt in den Gaza-Streifen warteten.

Fast 180.000 Menschen sind nach UN-Angaben allein zwischen dem 15. und 25. Mai im Gazastreifen vertrieben worden, seit Israel seine Militäroffensive in dem Palästinenser-Gebiet wieder verschärft hat.

Die eskalierende humanitäre Krise sei äußerst alarmierend, heißt es in einer Mitteilung auf der Website der Internationalen Organisation für Migration (IOM), in der auf die Flüchtlingslager-Koordinierungsstelle CCCM verwiesen wird.

Insgesamt seien seit dem Zusammenbruch der Waffenruhe am 18. März fast 616.000 Menschen gezwungen gewesen, ihren Aufenthaltsort zu wechseln, viele von ihnen mehrfach, einige bis zu zehn Mal.

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft in Hannover hat sich gegen Forderungen nach einem Ende der deutschen Waffenexporte nach Israel wegen des Gaza-Krieges gewandt. “Bewaffnete Juden, die über ihre Verteidigung selbst entscheiden, dürfen offensichtlich nicht auf Sympathien deutscher Politiker hoffen”, erklärte die Organisation.

Ahmetovic hatte dem Magazin „Stern“ gesagt, die deutsche Waffenlieferungen nach Israel müssten beendet werden. Deutsche Waffen dürften nicht zur Verbreitung humanitärer Katastrophen und zum Bruch des Völkerrechts genutzt werden

Die Deutsch-Israelische Gesellschaft erklärte demgegenüber: “Wo bleibt die Forderung dieser politischen Vertreter an die Hamas, sofort alle Geiseln freizulassen und das Leiden der palästinensischen Bevölkerung zu beenden, indem sie die Waffen niederlegt, sich ergibt und aus dem Gazastreifen zurückzieht?”

Jedes Jahr marschieren Tausende jüdische Siedler und Nationalisten durch Jerusalem. Eine gezielte Provokation – denn der Marsch führt auch durch die mehrheitlich von Palästinensern bewohnten Stadtteile.

Das Vorgehen Israels im Gazastreifen ist nach Ansicht des UN-Hochkommissars für Menschenrechte, Volker Türk, wohl nicht mehr durch das völkerrechtliche Prinzip der Selbstverteidigung gedeckt. Man müsse “von einer Vertreibung sprechen, die höchst, höchst bedenklich ist”, sagte Türk im ORF-Morgenjournal mit Blick auf das Leid der Zivilbevölkerung. 

Grundsätzlich sei die Situation katastrophal. “Was wir jetzt in den letzten Monaten sehen, hat nichts mehr mit dem Respekt von fundamentalen Grundsätzen der Humanität zu tun”, sagte der österreichische Top-Diplomat weiter. “Man kann eigentlich keine Worte mehr finden, um das zu beschreiben, was passiert.”

Bundeskanzler Friedrich Merz lässt mögliche Konsequenzen aus seiner schärferen Kritik am harten militärischen Vorgehen Israels in Gaza vorerst offen. “Wir stehen in engem Kontakt und Austausch mit der israelischen Regierung”, sagte der CDU-Politiker bei einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Finnlands Ministerpräsident Petteri Orpo in der Stadt Turku.

Man bitte die israelische Regierung und fordere sie auch auf, humanitäre Hilfe zuzulassen und die Ernährungssicherheit für die Bevölkerung im Gazastreifen zu ermöglichen.

Kanzler Friedrich Merz hat Israel erneut in scharfen Tönen aufgefordert, das militärische Vorgehen im palästinensischen Gazastreifen zurückzufahren. “Wir sind mehr als besorgt über die Intensivierung der militärischen Aktivitäten der israelischen Armee in Gaza, und wir sind bestürzt über das Schicksal der Zivilbevölkerung und das furchtbare Leiden”, sagte Merz bei einem Besuch im finnischen Turku. “Die massiven militärischen Schläge der israelischen Armee im Gazastreifen lassen für mich keine Logik mehr erkennen, wie sie dem Ziel dienen, den Terror zu bekämpfen und die Geiseln zu befreien.”

Was gerade in den vergangenen Tagen passiert sei, “das erscheint mir als nicht mehr zwingend notwendig zur Verteidigung des Existenzrechts Israels und zur Bekämpfung des Terrorismus der Hamas”, so Merz. Die Zivilbevölkerung werde in einem Übermaß in Mitleidenschaft gezogen. Er wich aber der Frage nach Konsequenzen aus. Man sei im Dialog mit der israelischen Regierung. Deutschland stehe weiter für das Existenzrecht Israels ein und fordere die Freilassung der israelischen Geiseln, sagte der CDU-Vorsitzende.

Der frühere SPD-Fraktionsvorsitzende Rolf Mützenich befürwortet einen Stopp der Waffenlieferungen nach Israel. “Ich glaube, es wäre eine richtige Entscheidung, grundsätzlich von Waffenlieferungen jetzt abzusehen”, sagte Mützenich im Deutschlandfunk angesichts des harten Vorgehens der israelischen Armee im Gazastreifen. Die Bundesregierung müsse dies mit dem Parlament eingehend besprechen. Am Ende entscheide der Bundessicherheitsrat. 

Auch Juso-Chef Philipp Türmer und Ex-Parteichef Norbert Walter-Borjans fordern einen Stopp der Rüstungsexporte in das Land. “Es darf keinen weiteren Bruch des Völkerrechts geben. Das Aussetzen von Waffenlieferungen ist ein wichtiger Hebel der Bundesrepublik, um Druck auszuüben, und ein Baustein zum Lösen der andauernden humanitären Katastrophe in Gaza”, sagte Türmer dem Tagesspiegel. Walter-Borjans sagte der Zeitung, die deutsche Staatsräson gegenüber Israel erfordere, das Land “von seinem Irrweg abzubringen”. Die Einstellung von Waffenlieferungen für völkerrechtswidrige Zwecke gehöre zwingend dazu.

Die Terrororganisation Hamas hat die Palästinenser im Gazastreifen aufgefordert, nicht mit einem neuen System zur Verteilung von Hilfsgütern zu kooperieren. Der von der Gaza Humanitarian Foundation geschaffene Mechanismus sei Teil israelischer Pläne, einen Großteil der Bevölkerung in andere Staaten umzusiedeln, erklärte die Hamas.

Israels Botschafter in Deutschland hat betont, seine Regierung nehme Kritik aus Deutschland am Vorgehen seines Landes im Gazastreifen ernst. “Wenn Friedrich Merz diese Kritik gegenüber Israel erhebt, dann hören wir sehr gut zu, weil er ein Freund ist”, sagte Ron Prosor im gemeinsamen Morgenmagazin von ARD und ZDF. Die Bereitschaft anderer europäischer Staaten wie Frankreich oder Spanien, einen palästinensischen Staat anzuerkennen, sieht Prosor kritisch: Das hieße, Hamas nach dem Massaker zu belohnen. “Dann haben wir große Fragen.”

Prosor betonte die Entschlossenheit seines Landes, die Hamas zu beseitigen: Israel könne nichts aufbauen, solange die islamistische Terrororganisation noch da sei. “Sie will uns auslöschen.” Prosor sprach von einem “Teufelskreis”, in dem Israel versuche, Geiseln zu retten, humanitäre Hilfe zu leisten und gleichzeitig Terroristen zu bekämpfen – leicht sei das nicht. “Es kann ein Waffenstillstand gestern da sein, wenn die Geiseln zurück nach Hause kommen”, fügte er hinzu. Aber die Hamas stehe diesem Ziel entgegen: “Sie haben Schulen zu Waffenlagern gemacht, Moscheen zu Kasernen und Krankenhäuser eigentlich zu Kommandozentralen.”

Das israelische Militär hat nach eigenen Angaben erneut eine aus dem Jemen abgefeuerte Rakete abgefangen. In mehreren Gegenden Israels war zuvor Alarm ausgelöst worden. Berichte über Verletzte oder größere Schäden gab es offiziellen Angaben zufolge zunächst nicht.

Erst am Sonntag hatten die pro-iranischen Huthis vom Jemen aus erneut eine ballistische Rakete auf Israel abgefeuert. Es war der dritte Angriff binnen vier Tagen, bei dem auch in mehreren Vierteln von Jerusalem die Sirenen heulten, wie Journalisten der Nachrichtenagentur AFP berichteten. 

Die neu gegründete Stiftung Gaza Humanitarian Foundation (GHF) hat nach eigenen Angaben mit der Verteilung von Hilfsgütern im Gazastreifen begonnen. Demnach sollen Lkw-Ladungen voller Lebensmittel geliefert worden seien. Um welche Mengen es sich genau handelte, wo sich die Verteilungszentren befanden oder wie die Empfänger der Hilfsgüter ausgewählt wurden, blieb zunächst unklar. Am Dienstag sollen der Mitteilung zufolge weitere Transporte mit Hilfsgütern ankommen.

Mit der neuen Verteilstrategie will die israelische Regierung nach eigenen Angaben verhindern, dass die islamistische Hamas Lieferungen abgreift und Geld damit macht. Die Vereinten Nationen und andere Organisationen kritisieren den Plan, weil er für viele Menschen weite Wege bedeutet – und sie dabei im Kriegsgebiet beschossen werden könnten.

Israelische Bodentruppen sind nach einem Medienbericht mehrere hundert Meter tief auf libanesisches Gebiet vorgedrungen. Der israelische Armeesender berichtete unter Berufung auf libanesische Angaben, die Truppen seien im Bereich der Ortschaft Mais al-Dschabal vorgerückt. Die israelische Armee äußerte sich zunächst nicht zu dem Bericht. 

Israel und die proiranische Hisbollah-Miliz hatten im November eine Waffenruhe vereinbart. Nach monatelanger Präsenz hatte Israel dann im Februar einen Großteil seiner Stellungen in dem nördlichen Nachbarland geräumt.

SPD-Chef Lars Klingbeil unterstützt die Haltung von Bundeskanzler Friedrich Merz, den politischen Druck auf Israel wegen dessen Vorgehens im Gazastreifen zu erhöhen. Israel hat die Bewohner im Süden der Region vor einem “beispiellosen Angriff” gewarnt – sie sollen das Gebiet verlassen.

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