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Diego Dedura: Münchens Tennismärchen endet bei BMW Open – Sport | ABC-Z

Um 17.15 Uhr ging im Medienzentrum die Tür mit der Aufschrift „Staff Only“ auf, herein kam eine Gruppe. Vorneweg ging Martin Dagahs, Medienbeauftragter der ATP, dann kam Diego Dedura, der Berliner Tennisprofi, dann Cesar Palomero, sein Vater und Trainer, sowie Mats Merkel, sein Manager von der globalen Agentur IMG. Dedura setzte sich ans Mikrofon und schnaufte durch, ehe er mit fester Stimme sagte: „Heute war es rappelvoll, also richtig voll. Ich konnte meinen Papa gar nicht in der Box sehen. Ich bin superhappy, dass ich heute noch so viele Leute auf die Anlage bringen konnte. Es hat am Ende leider nicht gereicht, der andere war zu gut. Ich hatte auch ein paar Fehler gehabt, aber das gehört zum Sport dazu.“

Viel professioneller kann sich ein Profisportler nicht präsentieren. Und das war mindestens so ungewöhnlich wie das, was dieser erfrischend emotionale, aufgeweckte junge Berliner in den vergangenen Tagen auf dem Tennisplatz aufgeführt hatte.

Daran änderte auch wenig seine klare Niederlage an diesem Donnerstagnachmittag bei den BMW Open gegen den Belgier Zizou Bergs. Wimbledonsieger Michael Stich hatte seinen Auftritt im neuen, provisorischen Stadion im MTTC Iphitos interessiert verfolgt. Damit ist Deduras kleines Tennismärchen offiziell beendet, zumindest in München beim aufgewerteten ATP-Turnier, das nunmehr zur 500er-Kategorie der Tour zählt. Aber er war keineswegs geknickt oder niedergeschlagen, sondern sehr gefasst und aufgeräumt. „Beim Einspielen habe ich schon gemerkt, die Schläge sind ein bisschen komisch“, sagte er. „Aber es gehört alles dazu.“  War er wirklich erst kürzlich 17 geworden? Das alles klang vernünftig, als sei er schon ein Haudegen der Tour.

„Der Spitzname DDP wird bleiben“, sagt er

Die Chancen dürften gut stehen, dass Dedura diese aufregenden Tage von München bestens verarbeitet. Passiert war einiges. Als Nummer 549 der Weltrangliste war Dedura angetreten, besiegte in der Qualifikation den Amerikaner Mackenzie McDonald, Nummer 100. Dann verlor er gegen den Kasachen Alexander Bublik, rückte aber als Lucky Loser ins Hauptfeld nach, gewann gegen den Kanadier Denis Shapovalov, 29. im Ranking, und damit steht er nun in den Statistiken der Tour mit einer besonderen Bestmarke: Dedura ist der erste Spieler des Jahrgangs 2008, der ein ATP-Match erfolgreich bestritt. In der Weltrangliste machte er bereits vor seinem Zweitrundenmatch einen Sprung nach vorne, bis auf Platz 376.

Für Dedura wird sich nun einiges ändern, und wie ernst er den Einstieg ins Profigeschäft nimmt, bewies auch eine durchaus ungewöhnliche Maßnahme, die er und sein Team über Nacht trafen. Schon gegen Bergs trat er nicht mit seinem eigentlichen Nachnamen Dedura-Palomero an, sondern er entschied sich, nur den Nachnamen seiner litauischen Mutter zu tragen, wenn er Tennis spielt. „Der Spitzname DDP wird bleiben“, sagte er grinsend. „Aber ich glaube, für die Schiedsrichter ist der lange Name ein bisschen zu anstrengend, aufzusagen.“ Sein kürzerer Name, das dürfte auch feststehen, lässt sich aber auch besser vermarkten. Rafael Nadal übrigens, Vorbild von Dedura, heißt eigentlich Rafael Nadal Parera und ließ auch einen Namen weg.

Ohne Pause geht es für Dedura weiter, er erhält jetzt eine Wildcard für die Qualifikation beim Mastersturnier in Madrid. „Ich freue mich super“, sagte er strahlend. Am Freitag will er nach Spanien fliegen und dort trainieren. Für das Turnier in Hamburg im Mai erhält er ebenfalls eine Wildcard, einen Startplatz; ob nur für die Qualifikation oder bereits fürs Hauptfeld, wusste er noch nicht, so manches scheint ihn gerade zu überrollen. Danach nimmt er an einem Challenger in Heilbronn teil, wieder mit einer Wildcard. Talenten öffnen sich eben solche Türen. Das Jugendturnier bei den French Open lässt Dedura dagegen aus, „ich habe mich mit meinem Papa und meinem Agenten entschieden, dass ich auf die Profitour gehe, da bleibe und versuche, so hoch wie möglich in den kommenden Jahren zu kommen“.

Nach einem besonders schönen Punkt reißt er die Arme hoch

Zeit wird Dedura natürlich brauchen, um sich zu entwickeln, das zeigte die Partie gegen Bergs. „Das Match hat eine Stunde zwanzig gedauert, für ein 6:1, 6:1 ist das ziemlich lange“, analysierte Dedura korrekt, allerdings lag er auch richtig mit dem Bekenntnis, dass er „noch viel zu lernen“ habe, „vor allem auf dem Niveau“. Dedura musste sich erst einmal an das Tempo seines Gegners gewöhnen. Bergs, 50. der Weltrangliste, agierte clever und spielte den ersten Satz souverän mit viel Spin zu Ende.

Zu Beginn des zweiten Satzes veränderte sich kurz der Charakter der Partie, sie wurde offener, einige schöne Momente erlebte Dedura. Bei einem Schmetterball mit der Rückhand zeigte er sein Ballgefühl, nach einem intensiven Ballwechsel, den er mit einem Rückhandpassierball abschloss, ließ er sich mit hochgerissenen Armen feiern. „Auf geht’s, Diego, auf geht’s“, riefen zwei Zuschauer hinter der Grundlinie, weitere stimmten mit ein. Dedura kam an mit seiner Art. „Was ich auf jeden Fall mitnehmen kann, ist, dass ich ein bisschen ruhiger sein kann auf dem Platz“, sagte Dedura, der für den Achtelfinaleinzug 36 650 Euro kassierte – fast doppelt so viel, wie er bisher in seiner jungen Karriere erspielt hatte (18 400 Euro).

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