Vogelgrippe: „Atemwegssymptome traten nach direktem Kontakt mit der infizierten Kuh gen“ |ABC-Z
In den USA ist ein weiterer Mitarbeiter eines Milchviehbetriebs an der Vogelgrippe erkrankt. Es ist der dritte Fall, und die Behörden berichten erstmals von Atemwegs-Symptomen. Damit erhöht sich die Wahrscheinlichkeit, dass sich weitere Menschen anstecken.
Die Vogelgrippe H5N1 greift in den USA weiter um sich. Wie nun bekannt wurde, hat sich ein dritter Farmarbeiter angesteckt: „In diesem Fall traten die Atemwegssymptome nach direktem Kontakt mit einer infizierten Kuh auf“, erklärte Natasha Bagdasarian, leitende Ärztin des Michigan Department of Health and Human Services, in einer Mitteilung des US-Bundesstaates.
Seit März breiten sich Influenza-Erreger des Typs H5N1, die sonst vorwiegend Vögel befallen, in den USA unter Rindern aus. Innerhalb von wenigen Wochen griff die Seuche in neun Bundesstaaten auf 69 Farmen über. Ausgangspunkt soll ein einziger „Eintrag“ gewesen sein: Die dabei infizierte Kuh übertrug die Erreger auf die Melkmaschine – und durch diese auf weitere Tiere. Zur Verschleppung der Erreger trug der Handel mit dem Milchvieh bei.
Somit ist jetzt von drei Farmarbeitern bekannt, dass sie sich bei Kühen angesteckt haben; zwei davon im Bundesstaat Michigan, aber auf jeweils anderen Farmen. Experten gehen jedoch davon aus, dass die Dunkelziffer bedeutend höher liegt. In den beiden ersten Fällen machte sich die Infektion vor allem als Bindehaut-Entzündung bemerkbar. Der dritte Erkrankte berichtete nun erstmals über grippeähnliche Symptome wie Husten.
„Das Vorhandensein von Atemwegssymptomen sagt uns, dass das Expositionsrisiko höher ist“, wird der stellvertretende Direktor der Centers for Disease Control and Prevention (CDC) Nirav Shah vom Branchendienst „Stat“ zitiert. „Einfach ausgedrückt: Jemand, der hustet, kann das Virus mit größerer Wahrscheinlichkeit übertragen als jemand, der eine Augeninfektion wie eine Bindehautentzündung hat.“
Im Fall der Influenza dienen in der Regel die Atemwege als Eintrittspforte, wenn die Erreger von Mensch zu Mensch übertragen werden. Allerdings wurde bislang nicht beobachtet, dass sich H5-Viren leicht unter Menschen verbreiten. Und so halten US-Behörden das Übertragungsrisiko nach wie vor für gering. Der Melker, der sich nun als Dritter bei Kühen ansteckte, habe keine Schutzausrüstung getragen, teilten die CDC mit. Die wird Mitarbeitern von Milchviehbetrieben in den USA derzeit empfohlen.
Nach Berichten von „Stat“ zögern US-Milchbauern, H5N1-Schutzmaßnahmen zu ergreifen. Zwar könnten die Bundesstaaten entsprechende Ausrüstungen wie Masken oder Schutzbrillen für die Landarbeiter bereitstellen, das Angebot würde aber nur vereinzelt angenommen. Ein Sprecher des US-Gesundheitsministeriums sagte gegenüber dem Branchendienst, dass lediglich fünf Staaten Schutzausrüstung aus dem nationalen Vorrat angefordert hätten.
Hohe Dunkelziffer
Virologen und Epidemiologen gehen allerdings davon aus, dass die Vogelgrippe längst stärker unter US-Rindern grassiert und weit mehr als die derzeit 69 bekannten Farmen betroffen sind. Erst kürzlich hatte die Food and Drug Administration (FDA), die auch für die Lebensmittelsicherheit zuständig ist, die Ergebnisse einer Analyse von Supermarktmilch vorgestellt: Von fast 300 pasteurisierten Milchprodukten, die in 38 Bundesstaaten gekauft wurden, enthielt ein Fünftel charakteristische Fragmente der H5N1-Viren, die in dieser Form allerdings nicht infektiös sind.
Anders sieht es bei Rohmilch aus. Erst vergangene Woche ist im „New England Journal of Medicine“ eine Studie erschienen, die belegt, dass Mäuse, die mit Rohmilch infizierter Kühe gefüttert wurden, schwer erkrankten. Forscher der University of Wisconsin-Madison und des Texas A&M Veterinary Medical Diagnostic Laboratory hatten fünf Versuchstieren tropfenweise Rohmilch von infizierten Milchkühen verabreicht.
Bei allen Tiere ließen sich in der Folge hohe Virenkonzentrationen in den Nasengängen, der Luftröhre und den Lungen feststellen; in anderen Organen traten mittlere bis niedrige Konzentrationen auf. Diese Ergebnisse stimmen mit Beobachtungen bei anderen mit H5N1-infizierten Säugetieren überein. Und es erkrankten bereits Katzen, die auf einer Farm in Texas mit Rohmilch erhalten hatten, wieder der britische „Telegraph“ berichtete; einige der Tiere starben.
Unterdessen wurde der jetzt infizierte Melker mit antiviralen Medikamenten gegen Grippe behandelt. Noch ist im Übrigen nicht klar, um welchen Virustyp es sich in seinem Fall handelt. Die US-Behörden sprechen bisher lediglich von einer Infektion mit einem H5-Virus. Die genaueren Analysen dauern noch an.