Bezirke

Viel Neues samt Wolfgang Haffner als Leiter bei den 41. Ingolstädter Jazztagen – Bayern | ABC-Z

Eine gewisse Melancholie hing im vergangenen Jahr über den Jazztagen Ingolstadt. Die Ära des künstlerischen Leiters Jan Rottau ging nach 27 Jahren zu Ende, ebenso wie die Zeit des NH Hotels als Spielort für die „Jazzpartys“, einem Kernstück der Jazztage. Der November-Blues war aber schnell passé, als schon im Dezember ein neuer Chef vorgestellt wurde, mit dem die wenigsten gerechnet hatten: Deutschlands prominentester Jazz-Schlagzeuger Wolfgang Haffner übernahm das Zepter.

Der 58-jährige Franke, lange in Spanien lebend, gilt als Workaholic. Mit 18 von Albert Mangelsdorff entdeckt, bald darauf mit Klaus Doldingers Passport bekannt geworden, war Haffner bis heute an mehr als 400 Alben beteiligt, seine eigenen Projekte noch gar nicht eingerechnet. Erfahrungen als künstlerischer Leiter hat er bereits beim Nürnberger Open-Air-Event „Stars im Luitpoldhain“ gesammelt. Rekordverdächtig oft spielte er bei den Ingolstädter Jazztagen, er kennt sich hier also aus. Als er gefragt wurde, ob er die Leitung übernehmen wolle, antwortete er: „Klar! Ich weiß um den hohen Stellenwert des Festivals in der deutschen Jazzlandschaft. Und ich habe darauf gebrannt, zusammen mit einem tollen Team etwas gestalten zu können.“

Denn um ihn herum hatte Kulturamtsleiter Tobias Klein ein ebenfalls völlig neues Team rekrutiert, mit Matthias Neuburger als „Projektleiter Jazztage“, Joey Finger als für den Young Jazz und Malik Diao als für jazz:lab und den Jazz in den Kneipen Zuständige, sowie Christian Bolza, der mit seiner Grafikagentur xhoch4 ein neues Erscheinungsbild vom Logo über die Website bis zur Programmzeitung entwarf. Gemeinsam mit Ingolstadts neuem Kulturreferenten Marc Grandmontagne stellten alle gemeinsam Mitte September das Programm der 41. Ingolstädter Jazztage vor, die jetzt vom 31. Oktober bis zum 16. November über die Bühne gehen. Als „Ingolstadts beliebteste Veranstaltung“, wie Grandmontagne sagte.

Sie taten das im Maritim Hotel, das als Spielort der wichtigsten Konzerte zur neuen Festivalzentrale wird, eine „mit Grandezza“, wie Neuburger sich freut. Am 31. geht es dort mit dem „Grand Opening“ los, einer von der Schauspielerin Olivia Wendt und dem Tuba-Alleskönner Andreas Martin Hofmeir moderierten Gala mit Wolfgang Haffner, dem Schutter Neun Jazzorchester und der traditionell zum Start angesetzten Verleihung des Jazzförderpreises, heuer an die Sängerin Cathy Cyfka.

Johanna Summer reiht sich ein in die Liga der deutschen Stars bei den Jazztagen. (Foto: ACT / Gregor Hohenberg)

Eine „Jazzparty“ gibt es in diesem Jahr nur an einem Abend. Mit zehn Konzerten in drei Sälen des Maritims ist die Sause am 15. November aber so bombastisch wie nie. Die orchestralen Headliner sind Bill Evans and the Vansband Allstars, die Jazzrausch Bigband und Dirty Loops, außerdem dabei sind Torsten Goods, Stephanie Lottermoser, Nils Petter Molvaer, die Duos Nils Wülker & Arne Jansen und Viktoria Tolstoy & Jacob Karlzon, dazu Shantel mit seinem Bucovina Club und traditionsgemäß die Session Band mit amerikanischem Grundgerüst. Neu und gewissermaßen der Ersatz für die zweite Jazzparty ist das „Grand Closing“ am Tag darauf, das Nils Landgren mit seiner Funk Unit und Wolfgang Haffner mit seinem Trio und Thomas Quasthoff als special guest bestreiten.

Zwischen Opening und Closing herrscht ein Mix aus Bewährtem und Neuem. Ein „Grand Concert“ präsentiert Saxofon-Star Jan Garbarek mit seiner Group und Trilok Gurtu. Die regionale Szene kommt beim „Söhne und Töchter Ingolstadts“ betitelten Abend wieder zum Zug. Der beliebte „Jazz in den Kneipen“ steigt heuer an 13 und damit mehr Orten als je zuvor; und mit 19 hochkarätigen Acts wie Linda Wahlandt, Ina Forsman, Sandro Roy, der European Gypsy Connection, der Hochzeitskapelle, Bokoya oder dem Matti Klein Soul Trio.

Jan Garbarek spielt mit seiner Band ein “Grand Concert”. (Foto: Aargard)

Beim „Jazz meets Kabarett“ kann man Chris Boettcher mit seinem Bigband-Projekt erleben; bei „Jazz in den Kirchen“ die deutschen Stars Michael Wollny, Johanna Summer und Jakob Manz; und bei „Jazz meets Orchester“ noch einmal Hofmeir und Schutter Neun zusammen mit dem Georgischen Kammerorchester. Ganz neu ist die von natürlich von Haffner angeregte „Drummers Night“. Benny Greb mit seiner Brass Band und Anika Nilles bestreiten den Auftakt des nachhaltig geplanten Formats. Die Avantgarde schließlich kommt beim „jazz:lab“ an die Reihe, heuer mit Dell-Lillinger-Westergaard und dem Lars Töpperwien Septett.

Das ambitionierte Vermittlungsprojekt für Kinder und Jugendliche „Young Jazz“ ist erstmals direkt ins Festival eingebunden, mit einer Session unter der Leitung des Jazzförderpreisträgers von 2022 Quirin Birzer, mit „Jazz an den Schulen“, „Sisters in Jazz“ sowie „Jazz for Kids“.

Insgesamt hat man den bisher sehr gestreckten Veranstaltungszeitraum mit vielen Pausen und Jazz-fernen Konzerten verdichtet, „um den Festival-Charakter zu stärken“, wie Tobias Klein sagt. Das Programm trägt deutlich Wolfgang Haffners Handschrift: Etliche der Auftretenden sind Weggefährten, Freunde oder Label-Kollegen. Freilich wird er sich diesmal noch kaum um sie kümmern können: Als er dem Kulturamt zusagte, war seine große „Life Rhythm“-Tour bereits festgezurrt – am 14. November zum Beispiel mit Station im Münchner Prinzregententheater. Außer bei Opening und Closing kann der neue Chef bei seiner Premiere also gar nicht dabei sein.

Back to top button