Ein selbstbestimmtes Leben im Rollstuhl mit digitalen Lösungen | ABC-Z

Wenn man die Wohnung von Helmut Kohlmeyer in Hellersdorf betritt, wirkt alles zunächst wie bei jedem anderen Berliner Rentnerehepaar. Familienfotos schmücken die Wand, eine Kuckucksuhr tickt leise im Hintergrund, der Schrank in der Ecke ist voll mit alten Büchern. Doch der erste Eindruck täuscht: In der Wohnung hat der 80-Jährige eine beeindruckende Sammlung digitaler Helfer installiert, die ihm trotz seiner körperlichen Einschränkungen ein selbstbestimmtes Leben ermöglichen.
„Die meisten denken, dass ein Rollstuhl heißt, dass jemand auf gut Deutsch kurz vor der Klappe steht. Aber für mich ist ein Rollstuhl auch nur ein Hilfsmittel – wie eine Brille“, sagt Kohlmeyer mit einem Augenzwinkern. Seit seiner Kindheit lebt der gebürtige Berliner mit den Auswirkungen einer Kinderlähmung, die es ihm unmöglich machte, ohne Hilfsmittel zu laufen. Heute bewegt er sich auch in den eigenen vier Wänden ausschließlich im Rollstuhl. „Natürlich bringt das einige Herausforderungen mit sich. Ich komme schlecht an die Heizung hinter Möbeln, Fenster lassen sich nur schwer öffnen, und manches bleibt einfach unerreichbar.“ Doch anstatt sich von diesen Einschränkungen ausbremsen zu lassen, sucht Kohlmeyer nach digitalen Lösungen – und wird dabei oft selbst kreativ.
Von digital steuerbarer Heizung bis zum Videocall nach München
Seine Leidenschaft für Technik kommt nicht von ungefähr: Ihr Ursprung liegt in Studium und Beruf. Als Informatiker hat Kohlmeyer bereits in den 1980er-Jahren programmiert und damals wie heute immer nach pragmatischen Lösungen gesucht. So ließ er seine technische Expertise auch nie völlig ruhen, weder als Geschäftsführer des Interessenverbands Berliner Schulleitung noch in seiner Arbeit in der Seniorenvertretung von Marzahn-Hellersdorf.
Kohlmeyer hat klug in digitale Helfer investiert: Eine per App steuerbare Heizung gehört ebenso zu seinem Repertoire wie ein elektrisch verstellbarer Lattenrost. „Man muss ja schauen, was möglich ist – und gezielt darauf sparen. Das habe ich alles peu à peu angeschafft“, berichtet er. Auch in den kleinen Alltagsdetails hat smarte Technik Einzug gehalten. Videocalls mit seinem Sohn in München und den Enkeln gehören längst zum Alltag, das Licht wird durch Bewegungsmelder automatisch reguliert.
Man sollte immer am Fortschritt dranbleiben.
Helmut Kohlmeyer
Was bei all diesen Helfern nicht fehlen darf, ist für Kohlmeyer eine gründliche Recherche. „Ich informiere mich immer umfassend, oft nehme ich direkt Kontakt mit den Herstellern auf. Viele Systeme sind noch nicht optimal durchdacht.“ Eine Erfahrung, die er auch im Kontakt mit Sanitätshäusern gemacht hat: „Krankenkassen übernehmen zwar finanzielle Zuschüsse, aber nur für bestimmte Produkte. Diese sind oft nicht praxistauglich.“
Mit seinen digitalen Helfern möchte Kohlmeyer nicht nur selbst den Alltag besser bewältigen, sondern auch andere ältere Menschen dazu ermutigen, sich der Technik nicht zu verschließen. „Ich kann den Menschen in meinem Alter nur sagen: Man sollte immer auf einem gewissen technischen Level bleiben. Das muss ja nicht so tiefgründig sein wie bei mir, aber man sollte am Fortschritt dranbleiben.“ Diese Überzeugung bringt Kohlmeyer auch in die Seniorenvertretung ein. Sein zentrales Thema in der letzten Wahl war „Hitze in der Wohnung“, und seit Kurzem gibt es dazu eine Ausstellung im Haus der Zukunft in Hellersdorf.
Smart Living & Health Center e.V.: Hilfe für Senior*innen in Marzahn
Hier wird auch der Kontakt zwischen Kohlmeyer und dem Smart Living & Health Center e.V. gepflegt, das seinen Sitz im selben Gebäude hat. Der Verein hat es sich zur Aufgabe gemacht, technische Lösungen für ein selbstständiges Leben im Alter oder mit Einschränkungen vorzustellen. „Wir beraten ältere Menschen ebenso wie Angehörige“, erklärt Karen Janda, Netzwerkmanagerin des Vereins. Besonders niedrigschwellige Angebote, wie einfache Smartphone-Einführungen oder der Umgang mit Online-Banking, könnten Hemmschwellen abbauen und Sicherheit im Umgang mit der digitalen Welt schaffen. Digitale Kompetenz sei nicht nur eine Frage der Technik, sondern auch der sozialen Teilhabe. „Mit der Digitalisierung steigt die Gefahr, dass der persönliche Kontakt abnimmt. Gerade für ältere Menschen ist das ein wichtiger Aspekt für ihr Wohlbefinden.“
Helmut Kohlmeyer möchte seinen Teil dazu beitragen, anderen Senioren den Zugang zur digitalen Welt zu erleichtern. Im Gespräch ist ein Vortrag, bei dem er seine Erfahrungen weitergeben will – als technikaffiner Rentner, der zeigt, dass moderne Technik und Selbstbestimmung keine Frage des Alters sind. Seine Botschaft ist klar: Digitale Lösungen sind Hilfsmittel, keine Barrieren.















