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Verunsicherung in Kiew: Kreml begrüßt Waffenlieferstopp der USA | ABC-Z


Verunsicherung in Kiew

Kreml begrüßt Waffenlieferstopp der USA

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Seit Wochen überzieht das russische Militär die Flugabwehr der Ukrainer mit massiven Angriffen. Zudem scheint Moskau die Gespräche über eine Beendigung des Ukrainekriegs zu verzögern. Nun sorgt die US-Ankündigung, weniger Abfangraketen an die Ukraine zu liefern, für gegensätzliche Reaktionen.

Russland hat den Lieferstopp einiger Waffen der USA an die Ukraine begrüßt. “Je weniger Waffen die Ukraine bekommt, desto näher ist das Ende der militärischen Spezialoperation”, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow der russischen Nachrichtenagentur Interfax zufolge. Mit “militärischer Spezialoperation” bezeichnet Moskau offiziell seinen seit drei Jahren währenden Angriffskrieg gegen die Ukraine.

Das Weiße Haus hatte am Dienstag mitgeteilt, dass die USA einige wichtige Waffenlieferungen an die Ukraine stoppen, die dem Land unter der Regierung von Ex-Präsident Joe Biden zugesagt worden waren. US-Medien hatten berichtet, Washington sei angesichts eines Rückgangs seiner eigenen Munitionsbestände besorgt. Zuvor habe es eine Überprüfung der Bestände gegeben, berichteten die Medien übereinstimmend. Unter den verzögerten Posten seien neben Munition auch Abfangraketen zur Abwehr russischer Drohnen und Geschosse, hieß es weiter.

Das Weiße Haus äußerte sich nicht zu Details. In einem Statement der stellvertretenden Sprecherin des Weißen Hauses, Anna Kelly, hieß es aber: “Diese Entscheidung wurde getroffen, um die Interessen Amerikas in den Vordergrund zu stellen, nachdem das Verteidigungsministerium die militärische Unterstützung und Hilfe unserer Nation für andere Länder auf der ganzen Welt überprüft hatte.” Vergangene Woche hatte Trump jedoch nach einem Treffen mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj erklärt, er erwäge den Verkauf weiterer Patriot-Luftabwehrraketen.

US-Botschafter einbestellt

In Kiew hat der von den USA angekündigte Stopp einiger wichtiger Waffenlieferungen große Besorgnis ausgelöst. Jede Einschränkung oder Verzögerung bei der militärischen Unterstützung der Ukraine im Kampf gegen die russischen Truppen werde “den Aggressor nur dazu ermutigen, den Krieg fortzusetzen und keinen Frieden zu suchen”, erklärte das ukrainische Außenministerium. Die ukrainische Seite versicherte dabei, dass sie die Friedensbemühungen der USA unterstütze. Dafür seien aber die Stärkung der Verteidigungsfähigkeit der Ukraine und erhöhter “koordinierter transatlantischer Druck auf den Aggressor” notwendig.

Nach eigenen Angaben hat Kiew keine offizielle Mitteilung der US-Regierung über einen Stopp gewisser Waffenlieferungen erhalten. Man bemühe sich um Aufklärung durch die US-Kollegen, teilte das Verteidigungsministerium mit.

Das ukrainische Außenministerium bestellte zudem den stellvertretenden US-Botschaftsleiter, John Ginkel, ein. Bei dem Gespräch habe die Vizeaußenministerin Marjana Beza die “kritische Bedeutung der fortgesetzten Lieferung von bereits früher gewährten Verteidigungspaketen” unterstrichen, hieß es in einer Mitteilung des Ministeriums. Besonders sei die Stärkung der Flugabwehr der Ukraine betont worden. Beza habe auf Anweisung von Außenminister Andrij Sybiha gehandelt.

Russland steigert Attacken

Russland hat in den vergangenen Wochen seine Luftangriffe auf ukrainische Städte verstärkt und dabei vor allem die Zivilbevölkerung getroffen. Die Anzahl der von Russland abgefeuerten Drohnen mit hoher Reichweite stieg im Juni im Monatsvergleich um 36,8 Prozent an, wie eine Analyse der AFP ergab. Die Angriffe stellen die Luftabwehr und die erschöpfte Zivilbevölkerung auf eine harte Probe, während die Gespräche zwischen Kiew und Moskau über eine Waffenruhe in dem seit mehr als drei Jahren andauernden Krieg stocken.

Ein hochrangiger ukrainischer Abgeordneter, Fedir Wenislawskyj, nannte die US-Entscheidung “schmerzhaft”. Eine andere Person aus ukrainischen Verteidigungskreisen bezeichnete den bereits bestehenden Mangel an Artilleriemunition und die Nachricht aus Washington als “ziemlich traurig”.

Russland hatte für eine von der Ukraine, den USA und EU-Ländern vorgeschlagene Waffenruhe unter anderem gefordert, dass Kiew die Gebietsverluste in dem Krieg anerkennt und keine weiteren Waffen erhält. Die EU liefert weiter Waffen in die Ukraine und unterstützt das Land auch beim Ausbau seiner Rüstungsproduktion. Deutschland etwa finanziert die Produktion von Raketen.

Ein hochrangiger ukrainischer Militärvertreter äußerte sich besorgt über die Auswirkungen des Lieferstopps. Die Ukraine sei abhängig von US-Waffenlieferungen. Trotz der Unterstützung durch die europäischen Verbündeten “wird es schwierig sein für uns ohne amerikanische Munition”. Der ukrainische Präsident Selenskyj hatte Anfang Juni vor massiven Auswirkungen für sein Land gewarnt, falls die USA die Unterstützung für die Ukraine kürzen oder ganz einstellen sollten.

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