Verteidigungsminister Pistorius fordert langfristigen Wehretat | ABC-Z
Verteidigungsminister Pistorius hält deutlich mehr Rüstungsausgaben für nötig. Vor allem aber fordert er Planungssicherheit über Legislaturperioden hinweg. Wie das finanziert werden soll, wird im Wahlkampf weiter heiß diskutiert.
Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius fordert jenseits von Wahlen eine langfristige Finanzierungsgarantie für die Bundeswehr. “Konkret: Wir brauchen einen Fahrplan für die nächsten zehn Jahre”, sagte der SPD-Politiker der Süddeutschen Zeitung. “Wir müssen viel mehr als bislang über die Grenzen von Legislaturperioden hinweg planen.”
Pistorius fordert Zehn-Jahres-Plan
Zu Beginn einer Legislaturperiode dürfe man also nicht primär die kommenden vier Jahre im Blick haben. Er vermisse eine entsprechende Debatte im Bundestagswahlkampf, so Pistorius. “Das ist kein Wohlfühlthema, obwohl es die Zukunft der Menschen berührt, deswegen kann ich immer nur wiederholen: Die nächste Generation wird uns die Frage stellen, was habt ihr vor zehn Jahren getan, damit wir 2035 in Sicherheit leben können.”
Man müsse sich fragen, was benötigt werde mit Blick auf moderne Technologien wie Künstliche Intelligenz, Drohnen und andere unbemannte Waffensysteme. “Dann wird sehr schnell klar, dass wir bis Mitte der 30er Jahre nach dem heutigen Preisniveau 130 bis 150 Milliarden Euro werden ausgeben müssen, nur für Investitionen in Rüstung und Verteidigung.”
Was kommt nach dem Sondervermögen?
Die deutschen Verteidigungsausgaben müssten demnach mittelfristig deutlich steigen. “Wenn das Sondervermögen weg ist, brauchen wir ab 2028 mindestens 85 Milliarden Euro. Das sind 30 Milliarden mehr als heute.” Für das vergangene Jahr hatte Deutschland Ausgaben für Verteidigung in Höhe von etwa 52 Milliarden Euro veranschlagt – plus das Geld aus dem Sondervermögen für die Modernisierung der Bundeswehr. Unterm Strich sind dies etwa zwei Prozent des Bruttoinlandsprodukts (BIP).
Pistorius erklärte, man müsse im Zweifel eher über einen Anteil von drei als über zwei Prozent der Verteidigungs- und Rüstungsausgaben am BIP reden. “Bei drei Prozent reden wir nach heutigem BIP von etwas über 120 Milliarden Euro”, sagte der Verteidigungsminister. Da sei Deutschland aber noch lange nicht.
Debatte über Schuldenbremse
“Das kann man nicht aus einem Etat herausschneiden, der 480 Milliarden umfasst”, fuhr Pistorius fort. Wer das wie Unions-Kanzlerkandidat Friedrich Merz behaupte, mache den Menschen etwas vor. Die SPD will unter anderem die Schuldenbremse lockern. Zuletzt hatte die SPD-Forderung, neue Militärhilfen für die Ukraine über Kredite zu finanzieren, Debatten ausgelöst.
Pistorius äußerte sich vor dem Hintergrund des nun seit bald drei Jahren andauernden Angriffskriegs von Russland gegen die Ukraine. Zudem hatte der künftige US-Präsident Donald Trump in der vergangenen Woche von den Bündnispartnern der NATO verlangt, fünf Prozent ihrer Wirtschaftsleistung für Verteidigung auszugeben. Trumps Forderung war parteiübergreifend auf Ablehnung gestoßen – Politiker unterschiedlicher Parteien machten sich daraufhin jedoch für eine Erhöhung des Wehretats stark.
Zwei-Prozent-Ziel erstmals seit Jahrzehnten erreicht
Die NATO hatte sich ein Ziel von zwei Prozent im Jahr 2014 gesetzt. Deutschland hat diese Marke im Jahr 2024 erstmals seit Jahrzehnten wieder erreicht – mit dem 100 Milliarden Euro schweren und über Schulden finanzierten Sondertopf für die Bundeswehr.
Auf die Frage, ob er auch unter einem Kanzler Friedrich Merz Verteidigungsminister bleiben wolle, sagte Pistorius: “Am liebsten würde ich unter einem Bundeskanzler Olaf Scholz Verteidigungsminister bleiben. Alles andere werden wir nach der Wahl sehen.” Dass er gerne Verteidigungsminister bleiben würde, liegt nicht daran, dass er sich keine andere sinnvolle Lebensgestaltung vorstellen könnte, sondern daran, dass es noch wirklich viel zu tun gebe. “Die zwei Jahre, die mir zur Verfügung standen, sind nicht genug.”