Versicherung: Pflichtschutz gegen Hochwasser? Die eindeutige Antwort der Eigentümer | ABC-Z
Das aktuellste Hochwasser trifft zwar Spanien, doch in Deutschland keimt die Debatte um eine Pflichtversicherung gegen solche Schäden wieder auf. Wie würden die Eigentümer dazu stehen? Eine aktuelle Umfrage spricht eine deutliche Sprache.
Wenn es eine Überschwemmung wie die Flut im Ahrtal oder aktuell im spanischen Valencia gibt, kommt das Thema immer wieder hoch. Dann stellt sich die Frage, wieso nur rund 54 Prozent der Häuser in Deutschland eine sogenannte Elementarschadenversicherung haben. Immerhin könnten in der Theorie 99 Prozent eine solche haben, wie der Gesamtverband der Versicherungswirtschaft (GDV) sagt.
Immer wieder stellt sich dann auch die Frage, weshalb eine solche Versicherung nicht einfach zur Pflicht für alle Gebäudeeigentümer wird. Aktuell fordert der Bundesrat die Einführung einer Versicherungspflicht, doch der Bund lehnt die Vorlage eines entsprechenden Entwurfs bislang ab.
Der Verbraucherschutzverband Wohnen im Eigentum (WiE) hat jetzt in einer bundesweiten Umfrage untersucht, wie Immobilieneigentümer dazu stehen: Fast zwei Drittel (62 Prozent) der gut 2500 Befragten befürworten eine verpflichtende Elementarschadenversicherung.
Die Umfrage ergab auch, dass 60 Prozent der Eigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern eine Versicherung gegen Elementarschäden haben, während nur rund 40 Prozent der Wohnungseigentümer angeben, gegen Elementarschäden abgesichert zu sein.
Laut WiE finde die Sicht der Wohnungseigentümer auf die Diskussion über die Pflichtversicherung bisher kaum Beachtung. Viele Versicherte würden lieber das Geld sparen und somit auf einen umfassenden Schutz verzichten, sagt der GDV.
Einfache Gebäudeversicherung reicht nicht
Elementarschäden sind Schäden an Gebäuden, die durch Naturereignisse – sogenannte Elementargefahren – verursacht werden. Außer Sturm- und Hagelschäden werden diese Gefahren nicht automatisch durch die Gebäudeversicherung abgedeckt, sondern erfordern eine zusätzliche Elementarschadenversicherung, die Schäden etwa durch Überschwemmung, Erdbeben, Erdsenkung, Schneedruck oder auch Vulkanausbrüche abdeckt. Diese Versicherung muss in Kombination mit einer Gebäude- und Hausratversicherung oder durch Erweiterung dieser Verträge abgeschlossen werden.
Der Verbraucherzentrale Bundesverband (vzbv) fordert, dass der Elementarschutz in alle – auch bestehende – Wohngebäudeversicherungen integriert wird. Den Vorschlag der Bundesregierung halten die Verbraucherschützer für unzureichend. Dieser sieht vor, dass die Kunden einen erweiterten Elementarschutz abschließen können, wenn sie wollen. „Wer eine Wohngebäudeversicherung hat, muss künftig automatisch gegen alle relevanten Naturgefahren abgesichert sein“, fordert vzbv-Vorständin Ramona Pop.
Das fordert auch der Verband der Wohnungseigentümer. Die größte Hürde für den Abschluss einer Versicherung sei der erforderliche Mehrheitsbeschluss in einer Wohneigentumsgemeinschaft (WEG). Dies mache systembedingte Nachteile deutlich, sagt WiE-Vorständin Sandra von Möller. „Für einen einzelnen Wohnungseigentümer ist es nicht möglich, das Gebäude gegen Elementargefahren abzusichern, wenn sich die Mehrheit der Gemeinschaft quer stellt. Hier würde die Einführung einer Pflichtversicherung helfen, für die wir als Verband eintreten.“
Rückmeldungen aus der Umfrage zeigen zudem, dass die Ausgestaltung der Versicherungspflicht im Detail wichtig sei. „Eine Pflichtversicherung gegen Elementarschäden sollte sämtliche Wasserschäden abdecken, also auch Schäden, die durch Grundwasser verursacht werden“, so von Möller.
Nur wenige Eigentümer aktiv, um Immobilie zu schützen
Bislang ist ein Schaden durch Regenwasser, dass als Grundwasser von unten in den Keller drückt, nicht versichert, ein solcher, der durch eindringendes Wasser durch das Kellerfenster ausgelöst wird, schon. Für Versicherungsnehmer sei es kaum nachvollziehbar, warum die eine Schadensursache versichert ist und die andere nicht, wenn das Ergebnis identisch ist, so von Möller. Zudem ist es für Immobilieneigentümer häufig unmöglich, die Ursache des Schadens zu beweisen.
Neben der verpflichtenden Elementarschadenversicherung fordert WiE staatliche Präventionsmaßnahmen durch Anpassungen im Bauordnungs- und Bauplanungsrecht sowie effektiven Hochwasserschutz und deren konsequente Umsetzung. Zudem sollten Präventionsmaßnahmen der Eigentümer an den Wohngebäuden gefördert werden. „Dieser Dreiklang an Maßnahmen ist notwendig, um Immobilien nachhaltig und effektiv vor Schadensereignissen zu schützen“, so von Möller.
Bei Wohnungseigentum sollten individuelle Schutzmaßnahmen über einen Sanierungs- und Modernisierungsplan gesteuert werden, wie ihn WiE schon lange verpflichtend fordert. Denn die Umfrage zeige auch, dass bisher nur wenige Eigentümer aktiv wurden, um die eigene Immobilie zu schützen: Rund 20 Prozent der Wohnungseigentümer und rund 30 Prozent der Eigentümer von Ein- und Mehrfamilienhäusern hätten an ihrer Immobilie bauliche oder technische Schutzmaßnahmen gegen Starkregen und Hochwasser vorgenommen.
Dabei gibt von Möller zu bedenken: „Ein Wasserschaden durch ein Extremwetterereignis ist mittlerweile ein Phänomen, das fast jede Immobilie jederzeit treffen kann.“
Stephan Maaß ist Wirtschaftsredakteur in Berlin. Unter anderem berichtet er über Verbraucherthemen, Immobilien, Finanzen und Versicherungen.