Vermeintlicher Cranach aus Bettbrunn: Falscher Buchstabe zerstört alle Hoffnung – Bayern | ABC-Z

Initialen dienen längst vorrangig dazu, sogenannten Fahrzeughaltern die Wahl des Wunschkennzeichens zu erleichtern. Bestimmt hätte etwa der berühmte Nürnberger Albrecht Dürer, der sein gemaltes Monogramm mit einigem Erfolg zum Marketing-Logo gemacht hat, ein Auto mit dem amtlichen Kennzeichen N-AD 1471 gefahren. Die zweitberühmtesten deutschen Initialen sind dann vermutlich leider schon die von A. Hitler, dessen angebliche Tagebücher der Stern 1983 publiziert hat, obwohl auf der Fälschung die Initialen „F.H.“ prangten, die man sich allzu gerne als „Führer Hitler“ oder als „Führerhauptquartier“ ausbuchstabierte. Insofern war man im Bayerischen Landesamt für Denkmalpflege bestimmt gewarnt, als dort vor zwei Jahren ein Gemälde mit den Initialen L.C. eintraf. Und eine Fälschung im engeren Sinne war es ja auch nicht. Getrogen haben nur die Hoffnungen. Und getäuscht haben sich die amtlichen Expertinnen erst einmal selber.
Auf dem gut 450 Jahre alten Tafelbild ist Jesus als „Salvator Mundi“, also als Retter der Welt dargestellt. Diesem Jesus kommt gewöhnlich die Buchstabenfolge INRI zu, weshalb er sein Auto am besten in Ingolstadt zuließe. Aber das nur nebenbei, denn das Bild kam ja aus der Wallfahrtskirche St. Salvator in Bettbrunn, das von Ingolstadt fast eine halbe Autostunde entfernt ist. Und das L.C. sollte auch keineswegs auf den Gemalten hindeuten, sondern – siehe AD – auf den Maler. Angesichts der beiden Buchstaben und der Qualität des Bildes kam als Urheber jedenfalls Lucas Cranach in Betracht. Lucas Cranach der Jüngere übrigens, dem die Kunsthistoriker nicht ganz die Bedeutung seines Vaters zubilligen, aber immerhin.
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Senior hin, Junior her: Dem eigenen Cranach-Verdacht ist man im Landesamt dann natürlich mit dem gesamten Spektrum der technischen Möglichkeiten nachgegangen, vom Röntgen über die UV-Fluoreszenzfotografie und Streiflicht-Untersuchungen bis zur Infrarotreflektografie. Und siehe da: Das Bild ist mehrmals retuschiert und teilweise übermalt worden. Nach dem Abnehmen dieser Schichten entpuppte sich das C leider als G – und Luggas Granach hat sich nicht einmal der Ältere genannt, obwohl der seinen Künstlernamen nach seiner Heimatstadt Kronach gewählt und also mutmaßlich Fränkisch gesprochen hat.
Das G hat die Forscherinnen auf eine neue Spur gebracht, und die führt nicht nach Kronach (der frühere Ältere) oder nach Wittenberg (der spätere Ältere und der ganze Jüngere), sondern ins italienische Brescia zu einem gewissen Lattanzio Gambara. In Bettbrunn bekäme man bestimmt lieber einen Cranach zurück irgendwann im Sommer. Aber man erhalte ja „trotzdem ein wertvolles, altes Original“, wie Pfarrer Wojciech Wysocki der Katholischen Nachrichten-Agentur gesagt hat. Wo es hängen wird, ist offen. In die Kirche kommt nur eine Kopie. Und auf der wäre es ja vielleicht nicht ganz so schlimm, wenn irgendwann wieder wer ein kleines Stück vom G überpinselt.