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Verletzungspech bei den Basketballbrüdern Wagner – Sport | ABC-Z

Das Einzigartige an diesem ohnehin außergewöhnlichen Leben sei, das betonen die Basketballbrüder Moritz und Franz Wagner immer wieder: „Dass wir das alles gemeinsam erleben.“ Genau das beklagen die Besten häufig: dass es auf dem Gipfel zwar schön, aber eben auch recht einsam sei, weil es so wenige gebe, die nachvollziehen können, was man erlebt, fühlt, verarbeiten muss. Bei den Brüdern indes war der jeweils andere immer dabei und weiß, wie das ist: wenn man ein Basketball-Talent in Deutschland ist. Wenn man aufs College in die USA wechselt, wenn man NBA-Profi wird, wenn man Weltmeister ist. Wenn man einen millionenschweren Vertrag unterschreibt. Wenn die NBA-Franchise einem einen klaren Weg zeigt, mittelfristig, vielleicht sogar schon in dieser Saison, um den Titel zu spielen.

Was sie nun gemeinsam erleben werden: wie es ist, wenn man lange ausfällt, weil man schwer verletzt ist – und eine Saison, die grandios begonnen hatte, mit größtmöglichem Verletzungspech unterbrochen wird. Am Samstagabend knickte Moritz während der Partie gegen Miami Heat um; einen Tag später kam die Bestätigung, was man nach Anblick der Bilder befürchten musste: Kreuzbandriss im linken Knie, er muss operiert werden und wird den Rest der Saison ausfallen. Das Comeback der Orlando Magic, der 18. Sieg im 30. Saisonspiel und die viertbeste Bilanz in der Eastern Conference: Nebensache.

Moritz, 27, hatte in dieser Saison bislang Karriere-Bestwerte in den Pro-Spiel-Kategorien Punkte (12,9), Rebounds (4,9), Steals (0,8) und Dreierquote (36 Prozent) hingelegt; er war einer der Favoriten auf die Auszeichnung zum „Best Sixth Man“ – die in der Vergangenheit schon die späteren Hall-of-Fame-Mitglieder Kevin McHale (1984, 85), Toni Kukoc (1996) und Manu Ginobili (2008), die späteren Most Valuable Player Bill Walton (1986) und James Harden (2012) sowie zweimal der deutsche Detlef Schrempf (1991, 92) erreicht hatten.

Der vier Jahre jüngere Franz schaffte ebenfalls Karriere-Bestwerte, bei Punkten (24,4), Rebounds (5,6) und Assists (5,7) pro Partie; er war in seiner erst dritten NBA-Saison ein Favorit, zum All-Star-Spiel am 16. Februar in San Francisco eingeladen zu werden. Vor nicht einmal zwei Wochen erlitt er eine komplizierte Verletzung an den schrägen Bauchmuskeln; konkrete Diagnose des Vereins: Im neuen Jahr soll er nochmals untersucht werden – dann könne man womöglich genauer sagen, ob er in dieser Saison noch mal wird spielen können. „Das war schon ein herber Schlag – gerade, weil die Saison so gut gelaufen ist bis hierhin“, sagte Franz am Telefon zur SZ.

Das Kuriose an der Verletzung, über die Franz sagt, dass er bis Oktober „nicht wusste, dass es so was gibt“: Am 20. Oktober riss der schräge Bauchmuskel von Kollege Paolo Banchero, der Zweite im Kader, der in dieser Saison zum All Star hätte gewählt werden können. Es ist die genau gleiche Verletzung wie bei Franz. Banchero befindet sich noch immer im Aufbautraining auf dem Weg zu Vollkontakt, was, so ist aus dem Umfeld der Magic zu hören, keinesfalls als Blaupause für die Genesung von Wagner gesehen werden dürfe. Könne auch länger dauern, heißt es, könne aber auch schneller gehen.

Die Brüder teilen alles miteinander – nun auch die schlimmen Erfahrungen

Moritz und Franz Wagner leben gemeinsam im selben Haus, sie teilen also mit dem jeweils anderen, was das Leben eines Basketballprofis so für einen bereithält. In der Dokuserie „The Wagner Brothers“ (Autor: Thomas Pletzinger) sprechen sie ausführlich darüber, wie das ist, wenn es einen gibt, der einen versteht. Sie reflektieren oft, dass man dieses Leben und die vielen Erfolge auch erst mal verarbeiten müsse: WM-Titel 2023, die Verträge für Moritz (22 Millionen für zwei Jahre) und Franz (von 2025 an 225 Millionen über fünf Spielzeiten). Und ja, auch dies: „Glanz in ihren Augen“, das Buch von Mama Beate über die Rolle von Eltern von Talenten.

Nun hat sie das wohl größtmögliche Verletzungspech ereilt, das zwei Brüdern innerhalb von 14 Tagen widerfahren kann. Wieder dürften sie genau wissen, was der jeweils andere durchmacht, denkt, fühlt. Beide sind in der Lage, im Negativen (als Moritz über Tauschgeschäfte zu anderen Franchises vermittelt wurde und das knallharte NBA-Geschäft an sich erlebte) stets etwas Positives zu sehen – hilft ja nichts. Das tun sie in Orlando auch. Auf der Magic-News-Seite Orlando Magic Daily heißt es, dass die vielen Verletzungen dem Verein und auch den einzelnen Spielern langfristig nützen könnten.

Die Begründung: Zum Zeitpunkt von Franz’ Verletzung hatte Orlando die viertbeste Bilanz der NBA (16:8), nun reicht es noch zu Platz neun. Die „Break Out Season“, in der Vielversprechende wie beide Wagners und Banchero aus ihren Kokons ausbrechen und zu Vielsiegenden werden, halte nun eine Herausforderung anderer Art bereit. Aber: Der Beweis, dass Orlando auf dem bestmöglichen Weg zum Titel sei, der sei erbracht; dass es in dieser Saison reichen würde, sei unwahrscheinlich. Die Stars Franz Wagner und Jalen Suggs sind langfristig gebunden, Banchero dürfte folgen, Moritz Wagners Vertrag läuft bis 2026. Es sei, so die Autorin, bei aller Tragik vielleicht gar nicht so schlecht, dass sich nun andere – Neuling Tristan da Silva und Anthony Black im Besonderen – beweisen dürften. Und wer weiß: Sollten Banchero und Franz Wagner zu den Playoffs fit sein, könnte dies ein sehr, sehr gutes Team sein. Auf jeden Fall dürfte es eines sein, dass in der Saison 2025/26 richtig gut sein wird.

Franz hatte nach seiner Verletzung ähnlich geklungen: „Dass es eine Welt gibt, in der wir danach als Team besser sein werden.“ Orlando Magic hatte bei der Verpflichtung der Wagner-Brüder 2021 – Moritz per Tauschgeschäft im April, Franz zwei Monate später beim Draft – gesagt, dass sie langfristig etwas aufbauen wollen. Dass sie Rückschläge in Kauf nehmen würden. Dass sie sich der Einzigartigkeit bewusst seien, zwei Brüder im Kader zu haben, die auch noch WG-Partner sind. Es dürfte ihnen helfen, dass Moritz und Franz genau wissen, wie es dem jeweils anderen geht – und sie sich gegenseitig helfen werden.

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