„Verknallt in einen Talahon“ klettert auf Platz 48 der Charts | ABC-Z
„Er macht Schattenboxen und ist der Coolste von seinen Bros / Und das Messer in der Tasche ist bestimmt nicht nur fürs Butterbrot“: „Verknallt in einen Talahon“ von Butterbro ist der erste vollständig mithilfe künstlicher Intelligenz (KI) generierte Song, der es unter die Top 50 der deutschen Charts geschafft hat. Aktuell steht er auf Platz 48. Hinter dem Projekt steckt der Künstler Butterbro, alias Josua Waghubinger, der das KI-Tools „Udio“ genutzt hat, um den Songtext, die Musik und das Artwork zu erschaffen.
Der Song, der Elemente der Jugendsprache mit einer nostalgischen Hommage an den Sechziger-Jahre-Schlager verwebt, hat seit seiner Veröffentlichung vor weniger als einem Monat 3,5 Millionen Streams auf Spotify erreicht und ist auf Platz 3 der globalen Viralcharts geklettert. Doch während der Titel in den sozialen Medien gefeiert wird, schlägt ihm von anderer Seite scharfe Kritik entgegen. Und das ausgerechnet nicht wegen seiner Produktion durch Künstliche Intelligenz.
Augenzwinkern oder Diskriminierung?
Im Zentrum der Kontroverse steht der Begriff „Talahon“, eine eingedeutschte Version des arabischen Ausdrucks „taeal huna“ („komm her“), die in Deutschland abwertend für junge Männer mit Migrationshintergrund verwendet wird, die einen bestimmten Kleidungsstil tragen. Kritiker werfen Waghubinger vor, mit dem Song rassistische Stereotype zu bedienen und diese durch den Erfolg des Titels in den Mainstream zu tragen.
Der Text des Songs parodiert klassische „gutes Mädchen trifft bösen Jungen“-Erzählungen, wie sie in den Sechzigern und Siebzigern populär waren, so etwa in „Grease“. Die weibliche Protagonistin schwärmt von ihrem „Talahon“, der „mit Louis-Gürtel, Gucci-Cap und Air Max Schuh’n“ daherkommt und „duftet wie ‘ne komplette Parfümerie“. Selbst wenn ihr Geliebter wütend wird, beschreibt sie ihn liebevoll als „süß wie Baklava“.
Auch spielt der Songtext mit der Kriminalität des Mannes: „Er sagt, er kauft mir die ganze Welt / Und braucht dafür nicht mal Bürgergeld / Sein Para verdient er safe normal / Mit normal mein ich standardmäßig illegal“. Butterbro oder vielmehr seine KI-Assistenz greift in dem Song auf Stereotype arabischer Einwanderer zurück und zieht sie ins Lächerliche. Seine Kritiker werfen ihm deshalb Rassismus vor.
In einem Interview mit dem Musikproduktions-Podcast „Die Klangküche“ verteidigte Waghubinger seine Kreation: Er habe den Song „mit einem Augenzwinkern und ohne Diskriminierung“ gestaltet, um übertriebenes Machoverhalten auf die Schippe zu nehmen. Sein eigentliches Ziel sei jedoch gewesen, einen viralen Hit zu landen – eine Herausforderung, die er sich selbst gestellt habe.
Die Debatte um den Song zeigt, wie schmal der Grat zwischen Satire und Diskriminierung in den sozialen Netzwerken ist – und wie schnell sich popkulturelle Phänomene, wie das Wort “Talahon“, verselbstständigen. Damit schafft es der Song sogar die Debatte über den Einfluss von KI auf die Musik in den Hintergrund zu drängen. Denn während einige den Brückenschlag zwischen Jugendkultur und Schlager als innovativ feiern, sehen andere darin eine Verharmlosung von Stereotypen und Vorurteilen. Sollten wir uns aber nicht zuerst einmal fragen, welchen Urheber wir hier wahlweise feiern – oder verurteilen?