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Verhandlungen mit den USA: Was erwartet die Ukraine? | ABC-Z

Vertreter aus Kyjiw und Washington wollen in Saudi-Arabien zusammenkommen und Positionen zu möglichen Friedensgesprächen mit Russland abstimmen. Welche Bedeutung hat das Treffen und welche Ziele setzt sich die Ukraine?

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj wird am Montag Saudi-Arabien besuchen, wo ein Treffen mit einer Delegation aus der Ukraine und den USA geplant ist. Wenn alles nach Plan läuft, wäre dies das erste ukrainisch-amerikanische Treffen seit dem Streit beider Präsidenten im Weißen Haus am 28. Februar.

Dort hatten US-Präsident Donald Trump und sein Vizepräsident JD Vance Selenskyj Undankbarkeit für die US-Hilfe für die Ukraine und mangelnde Bereitschaft vorgeworfen, den von Russland begonnenen Krieg zu beenden. Der Besuch wurde daraufhin abgebrochen und der ukrainische Präsident verließ Washington. Zu einem erneuten Treffen zwischen Selenskyj und Trump kommt es in Riad aber nicht.

Selenskyjs Reise ist ein Nachholtermin: Er wollte eigentlich schon Mitte Februar nach Saudi-Arabien, sagte jedoch kurzfristig ab, als bekannt wurde, dass für den 18. Februar dort ein Treffen zwischen einer russischen und einer US-amerikanischen Delegation geplant war. „Man darf ohne die Ukraine keine Entscheidungen darüber treffen, wie der Krieg in der Ukraine beendet werden kann. (…) Wir wurden zu diesem Treffen nicht eingeladen. (…) Das war eine Überraschung für uns, wie für viele andere“, sagte Selenskyj damals.

Nun kündigte er angesichts des geplanten Besuchs in Saudi Arabien auf Telegram an, ein Treffen mit Kronprinz und Premierminister Mohammed bin Salman zu planen. Er fügte hinzu: „Die Ukraine ist am stärksten an Frieden interessiert. Wie wir Präsident Trump bereits gesagt haben, arbeitet die Ukraine ausschließlich konstruktiv auf einen schnellen und verlässlichen Frieden hin und wird dies auch weiterhin tun.“

Saudi-Arabien soll das erste Land sein, das Trump als US-Präsident besuchen will – laut dem amerikanischen Präsidenten innerhalb der nächsten sechs Wochen.

Saudi-Arabien werde aus einem ganz bestimmten Grund in die Ukraine-Gespräche mit einbezogen, glaubt Iwan Us vom ukrainischen „Nationalen Institut für strategische Studien“. „Das hat mit den Verhandlungen zwischen den USA und Saudi-Arabien zu tun. Und den Aussagen, dass Saudi-Arabien eine Billion Dollar in die amerikanische Wirtschaft investieren soll. Um dies zu erreichen, werten die USA die geopolitische Bedeutung Saudi-Arabiens auf“, sagt er im Gespräch mit der DW.

Wolodymyr Selenskyj habe sich hingegen bereit erklärt, nach Riad zu kommen, um seine Bereitschaft zu Gesprächen mit den USA zu demonstrieren, worum ihn seine europäischen Partner eindringlich gebeten hätten, so Us. „Dieses Treffen soll bestätigen, dass es einen Dialog gibt, und es ist auch ein Signal an die europäischen Partner, dass man den Konflikt nicht eskalieren, sondern entschärfen will“, glaubt der Experte.

Das ukrainisch-amerikanische Treffen in Saudi-Arabien werde zwar eher technischer Natur sein, es sei aber wichtig für das Verständnis der weiteren Schritte der USA gegenüber der Ukraine, meint Oleksij Haran von der Petro-Mohyla-Akademie in Kyjiw.

„Dies wird nicht die letzte Etappe zur Vorbereitung der Unterzeichnung irgendeines Dokuments sein. Für die Ukraine geht es jetzt vor allem darum, zu verstehen, was Trump von ihr will“, betont der Politikwissenschaftler. „Während die USA von der Ukraine Zugeständnisse fordern, hat Russland keinerlei gemacht“, merkt Haran an. Russland bombardiere unaufhörlich ukrainische Städte und rücke an der Front weiter vor, beklagt er.

Beobachter schließen nicht aus, dass in Saudi-Arabien ein Abkommen zur Förderung von sogenannten Selten Erden in der Ukraine durch die USA auf dem Verhandlungstisch liegen wird. Ein solches Abkommen sollte an dem Tag im Weißen Haus unterzeichnet werden, als es zum Streit zwischen Selenskyj und Trump gekommen war. Selenskyj signalisierte schon damals seine Bereitschaft, ein entsprechendes Abkommen zu unterzeichnen.

Ohne ein Rohstoffabkommen würden die USA den Dialog über ein künftiges Friedensabkommen kaum fortsetzen wollen, meint Oleksandr Krajew vom Analysezentrum „Ukrainian Prism“, das auf Außenpolitik und internationale Sicherheit spezialisiert ist. Er geht davon aus, dass die Ukraine während dieses Treffens eine Einigung zu diesem Abkommen erreichen will, zumindest auf Ebene der Berater.

„Ohne dieses Abkommen werden wir nicht weiterkommen. Auch wenn die Amerikaner keine Sicherheitsgarantien oder eine vollwertige politische Komponente darin aufnehmen wollen, wird es dafür sorgen, dass die Trump-Administration zu weiteren Gesprächen bereit sein wird“, glaubt Krajew. Dies sei eine Chance für die Ukraine, sich von ihrer besten Seite zu zeigen, um bessere politische Bedingungen aushandeln zu können.

Experten schließen nicht aus, dass die USA in Saudi-Arabien die Ukraine möglicherweise zu territorialen Zugeständnissen drängen werden. Kyjiw zeigt sich hierzu allerdings nicht bereit.

„Höchstwahrscheinlich wird man die so genannten Zugeständnisse – die Frage der Gebiete, eine Anerkennung der Annexion und alle komplexen Fragen – bei den Vorverhandlungen ausklammern und erst bei direktem Kontakt mit Moskau besprechen. Erst muss ein gemeinsamer Nenner gefunden werden, der so klein wie möglich sein sollte, damit beide Seiten ihn akzeptieren können“, so Krajew.

Adaption aus dem Ukrainischen: Markian Ostaptschuk

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