Verhandler von Union und SPD einig bei Wehrdienst-Losverfahren | ABC-Z

Die Fraktionen von Union und SPD haben sich nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios auf Änderungen am geplanten Wehrdienst-Modell verständigt. Zu der Einigung gehören demnach auch Pläne für ein Losverfahren bei der Rekrutierung.
In der Debatte über den neuen Wehrdienst haben sich die Fraktionen von Union und SPD auf Änderungen des geplanten Modells geeinigt. Nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios soll bei der Rekrutierung demnach auch ein Losverfahren eingeführt werden.
Der Gesetzesentwurf wird zur Stunde in den Fraktionen vorgestellt. Zuerst hatte die Süddeutsche Zeitung berichtet. Der Entwurf soll heute in den Bundestag eingebracht werden.
Spahn: “Gute Lösung”
Der SPD-Fraktionsvorsitzende Matthias Miersch hatte zuvor gesagt, es gebe “Eckpunkte”. Er fügte hinzu: “Für uns war immer wichtig, dass wir auf das Element der Freiwilligkeit setzen.” Unions-Fraktionschef Jens Spahn sprach von einer “guten Lösung”. Beide Seiten hätten hart gerungen. Dabei sei es auch um die Frage gegangen, wie ein möglichst gerechtes Verfahren gefunden werde. Ein Losverfahren sei dabei aus seiner Sicht die fairste Variante.
Am Wochenende hatten Medien über die mögliche Einführung eines Losverfahrens im aktuellen Entwurf des Wehrdienstgesetzes berichtet und dabei aus Fraktionskreisen zitiert. Die Idee: Wenn es nicht genügend Freiwillige gibt, soll unter denjenigen, die den Fragebogen ausfüllen mussten, gelost werden, wer gemustert und gegebenenfalls zu einem mindestens sechsmonatigen Wehrdienst verpflichtet wird.
Zudem soll Verteidigungsminister Boris Pistorius den Berichten zufolge Zahlen nennen, ab welchem Zeitpunkt er wie viele Wehrpflichtige benötigt. Sie würden als Kriterien für die etwaige Nutzung von Pflichtelementen herangezogen.
Dreistufiges Verfahren geplant
Koalitionskreisen zufolge ist nun im Kern ein dreistufiges System vorgesehen, das sich am dänischen Modell anlehnt. Das berichtet die Nachrichtenagentur Reuters. Alle männlichen Vertreter eines Jahrgangs müssen einen Fragebogen zum Wehrdienst beantworten und können sich freiwillig für mindestens sechs Monate melden.
Finden sich hier nicht genug Freiwillige, wird im zweiten Schritt in dem Jahrgang gelost. Die Ausgelosten sollen zunächst gezielt überzeugt werden, freiwillig zu dienen. Führt auch dies nicht zum Ziel, müsste der Bundestag in einem dritten Schritt einen Beschluss fassen und die Fehlenden zwangsweise einziehen.
CSU-Landesgruppenchef Alexander Hoffmann hatte rechtliche Bedenken gegen ein Losverfahren zuletzt zurückgewiesen. Die Union habe ein Rechtsgutachten dazu in Auftrag gegeben, nach dem eine solche Regelung mit dem Grundgesetz vereinbar wäre, sagte er. Ein Losverfahren diene dazu, in einem Auswahlprozess Gleichheit herzustellen. “Der Prozess der Auslosung gewährleistet diese Gleichheit, weil alle die gleiche Chance haben oder Nicht-Chance, gezogen zu werden”, so Hoffmann.
Kritik aus der Opposition
Aus der Opposition wurde bereits Kritik laut. Die Grünen sprachen von einem “völlig undurchdachten Vorschlag”, das Verfahren sei “absolut willkürlich”. Selbst beim alten Wehrdienst habe niemand zum Dienst an der Waffe gezwungen werden können, stattdessen habe es den Ersatzdienst gegeben, sagte Fraktionschefin Katharina Dröge.
AfD-Chefin Alice Weidel sagte: “Ich habe so etwas Schwachsinniges selten gehört. Die Amerikaner haben das damals während des Vietnamkrieges gemacht.” Sie fügte hinzu: “Ich wäre nie auf die Idee gekommen, dass man so etwas in Deutschland einführen würde.” Linksfraktionschef Sören Pellmann sagte, das Vorhaben erinnere ihn “an den Roman ‘Tribute von Panem’, wo Kinder für die Hungerspiele ausgelost werden”.
Union forderte Änderungen
Das Kabinett hatte bereits Ende August einen Gesetzentwurf für den neuen Wehrdienst beschlossen. Vorgesehen ist darin, dass volljährige junge Männer künftig einen Fragebogen zu ihrer Dienstbereitschaft in der Bundeswehr ausfüllen müssen, Frauen können das freiwillig tun. Eine Wiedereinführung der Wehrpflicht ist nicht vorgesehen, blieb jedoch als Option bestehen, falls sich nicht genügend Freiwillige melden. Einen Automatismus dafür sollte es diesem Entwurf zufolge nicht geben.
Das sorgte für Kritik aus der Union. Sie fordert klarere Kriterien dazu, in welchem Fall es zu einer Wehrpflicht kommen könnte. Schon vor der ersten Beratung im Parlament hatte sich deswegen die Debatte über Änderungen an dem Entwurf des Verteidigungsministers entzündet. Die für vergangene Woche vorgesehene erste Lesung wurde von der Tagesordnung des Bundestags genommen, um Zeit für interne Beratungen zu gewinnen.