Kultur

„Veganuary“ 2025: Sind vegane Ersatzprodukte teurer? | ABC-Z

Auf den kulinarischen Exzess rund um Weihnachten folgt Ende des Jahres oft ein schlechtes Gewissen. Einige nehmen sich zum Jahreswechsel vor, auf Alkohol zu verzichten oder weniger Kalorien zu sich zu nehmen. Auch einen veganen Januar einzulegen, ist für manche eine Option. Die Überzeugung dahinter: Man tut sich, der Umwelt, dem Klima und den Tieren etwas Gutes. Doch das hat oft seinen Preis. Wer im Supermarktregal zu pflanzenbasierten Alternativen greift, musste in der Vergangenheit im Vergleich zu herkömmlichen Waren an der Kasse mehr zahlen. Stimmt das noch immer?

Die Nichtregierungsorganisation ProVeg stellte im vergangenen Jahr Warenkörbe aus zwölf verschiedenen Produktkategorien zusammen – darunter Frischkäse, Milch, Pizza, Schnitzel und Aufschnitt. Die Preise stammten aus 30 Supermarktfilialen in neun Bundesländern im September 2024. Aldi Nord, Aldi Süd, Rewe, Kaufland, Edeka und Lidl zählten zu den untersuchten Märkten.

Das Ergebnis: Der durchschnittliche Aufschlag für einen rein pflanzlichen Warenkorb fiel im Vergleich zu seinem tierischen Pendant 16 Prozent höher aus. Im Jahr zuvor lag der Preisunterschied zwischen den Warenkörben noch bei 25 Prozent, 2022 bei 53 Prozent. Der Rückgang gehe sowohl auf Preiserhöhungen der tierischen Produkte als auch auf Preissenkungen der Alternativprodukte zurück. Demnach wäre durchschnittlich also noch ein spürbarer Preisunterschied vorhanden, der aber zu schmelzen scheint.

Preisunterschied von Markensalami gewachsen

Ein differenziertes Bild zeigen die Preise für einzelne Produkte, welche das Marktforschungsunternehmen NIQ im Auftrag der F.A.Z. zusammenfasste. Der Unterschied zwischen dem Regalpreis je Kilo eines Markenherstellers von veganem und milchbasiertem Hart- und Schnittkäse lag zwischen Januar und Oktober 2023 bei 33 Prozent, ein Jahr später nur noch bei 19 Prozent. Bei Burger-Markenprodukten veränderte sich im direkten Vergleich preislich hingegen kaum etwas. Der Unterschied zwischen Markensalami und pflanzlichen Markenalternativen hat sich sogar vergrößert.

Manche Supermärkte und Discounter rührten in der Vergangenheit die Werbetrommel, um diesen Preisunterschied zu verringern. Im Herbst 2023 kündigte Lidl an, die Preise von veganen Eigenmarkenprodukten an das Niveau des tierischen Pendants anzupassen. Später zogen Aldi Süd und Kaufland mit Ankündigungen und Preissenkungen nach. Laut der Auswertung von ProVeg kamen Aldi Süd und Nord sowie Lidl auf einen günstigeren veganen Warenkorb als Edeka, Kaufland und Rewe. Und: Der vegane Warenkorb von Lidl war der einzige, der weniger kostete als der tierische.

Doch warum sind viele Alternativprodukte teurer als das tierische Original? Zum Teil lassen sich die Preisunterschiede durch die Mehrwertsteuer erklären. Während der Satz der Alternativprodukte 19 Prozent beträgt, liegen Fleisch und Kuhmilch bei sieben Prozent. ProVeg fordert deshalb, die Mehrwertsteuer für alle pflanzlichen Produkte abzuschaffen. Außerdem rechtfertigen viele Hersteller die höheren Preise für Ersatzprodukte mit den höheren Kosten. Vegane Alternativen müssen sie oft erst neu entwickeln.

Ist vegane Ernährung für Besserverdiener?

Als weiterer Grund gelten fehlende Skalenerträge, denn niedrigere produzierte Mengen führen zu höheren Stückkosten. Bernhard Krüsken, Generalsekretär des Deutschen Bauernverbandes, hielt dem im Gespräch mit der F.A.Z. vor über einem Jahr entgegen: Die Rohstoffe für pflanzliche Ersatzprodukte und Imitate seien deutlich billiger als tierische Lebensmittel.

Was manche Forscher vermuten: Einzelne Hersteller und Supermärkte setzen darauf, dass der vegane Kunde für sein gutes Gewissen gerne auch mal mehr zahlt. Ist also pflanzenbasierte Ernährung vor allem etwas für Besserverdiener? Eine Forschergruppe der Universität Oxford fand in einer Studie von 2021 heraus, dass von allen Ernährungsweisen die vegane am günstigsten sei – aber nur in Ländern mit einem hohen Einkommen. Die Forscher verwendeten die Preise aus insgesamt 150 Ländern. Was die Pro-Veg-Auswertung nahelegt: Wer in Deutschland vegane Ersatzprodukte kaufen und zugleich sparen will, sollte vor allem zu Eigenmarken greifen.

Wie sich die Preise von veganen Ersatzprodukten verändern, ist zum Teil sehr unterschiedlich. Die Preisvergleichsplattform Smhaggle berechnete für die F.A.Z. eine Auswahl von Preisentwicklungen von veganen Produkten. Während die Joghurtalternative Alpro Natur (400 Gramm) zwischen Januar und März 2022 und Oktober bis Dezember 2024 um 25 Prozent teurer wurde, stieg der Preis des veganen Schnitzels von Rügenwalder Mühle (180 Gramm) um 18 Prozent. Die Vly Milchalternative ungesüßt (ein Liter) blieb preislich in diesem Vergleichszeitraum unverändert, der Alpro Haferdrink hingegen verteuerte sich um 20 Prozent.

Keine Lust auf veganen Käseersatz

Laut der NIQ-Auswertung sind Milchalternativen die beliebtesten veganen Ersatzprodukte. Sowohl deren Umsatz (fast vier Prozent) als auch Absatz (7,5 Prozent) kletterten zwischen November 2023 und Oktober 2024 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum nach oben. An vegane Käsealternativen hingegen können und wollen sich viele Verbraucher offenbar noch nicht gewöhnen: Mit einem Umsatzminus von 22 Prozent und knapp einem Prozent weniger Absatz befanden sie sich auf dem absteigenden Ast. Was den gesamten Alternativmarkt angeht, wuchs sowohl der Umsatz (knapp drei Prozent) als auch der Absatz (fast sieben Prozent) in diesem Zeitraum.

Trotz des Erfolgs steckt die vegane Ernährung in der Nische. Je nach Umfragen geben zwei bis drei Prozent der deutschen Bevölkerung an, sich weitgehend vegan zu ernähren, etwa zehn Prozent vegetarisch. Vegane und vegetarische Ernährung ist vor allem unter Jüngeren und bei Frauen beliebt. Die Jüngeren sind laut dem Ernährungsreport des Bundeslandwirtschaftsministeriums aber stärker zweigeteilt. Die 14- bis 29-Jährigen sind zweifach an der Spitze: sowohl bei täglichem Wurst- und Fleischkonsum als auch bei täglicher vegetarischer und veganer Ernährung.

Doch warum tun sich die Alternativen immer noch so schwer? Danach gefragt, warum sie keine veganen Produkte kaufen, geben 23 Prozent der Befragten in einer NIQ-Umfrage an, dass sie zu teuer seien. Die Alternativen nicht zu mögen oder zu brauchen, war aber noch entscheidender. Bei den Verbesserungsvorschlägen landeten der Geschmack und der Preis an der Spitze.

Für die NIQ-Fachfrau Ok-Zin Kim sind Neugierde, Geschmack, Tier-, Umwelt- und Klimaschutz sowie Gesundheit die wichtigsten Faktoren dafür, dass sich Konsumenten für eine vegane Ernährung entscheiden. Aus ihrer Sicht ist die Gewohnheit vor dem Preis der stärkste Faktor, der Verbraucher davon abhält. Das dürfte auch die große Herausforderung für Versuchsveganer im Januar sein.

Back to top button