Vaterstetten verzichtet auf Umfahrung für die nördlichen Ortschaften – Ebersberg | ABC-Z

Nach rund 18 Jahren Vorbereitung und Planung für eine Umfahrung für Vaterstettens nördliche Ortschaften Parsdorf und Weißenfeld ist das Vorhaben nun offiziell verworfen worden: Bei nur einer Gegenstimme votierte der Gemeinderat am Donnerstag dafür, die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses zu beantragen. Allerdings ist der Straßenbau nicht ersatzlos gestrichen, zumindest der westliche Teil des Projekts könnte in anderer Form umgesetzt werden – was den Nachbargemeinden Haar und Feldkirchen durchaus Vorteile brächte.
Dass die Umfahrung, wie sie Vaterstetten seit nunmehr 2007 plant, gebaut wird, galt bereits vor dem Beschluss als eher unwahrscheinlich. Zwar war erst im vergangenen Jahr ein Gerichtsverfahren um die Baugenehmigung – eben den Planfeststellungsbeschluss – im Sinne der Gemeinde beendet worden, die enorm gestiegenen Kosten für das Projekt von rund 44,2 Millionen Euro, von denen Vaterstetten mindestens 25,4 zu tragen hätte, machten eine Umsetzung für die chronisch klamme Kommune indes so gut wie unmöglich.
:Vaterstetten erwägt Verzicht auf die Umfahrung Parsdorf-Weißenfeld
An diesem Donnerstag entscheidet der Gemeinderat darüber, ob die umstrittene Umgehungsstraße gebaut werden soll – die Verwaltung im Rathaus rät davon ab.
Darauf verwiesen in der Sitzung am Donnerstag sowohl Bauamtsleiterin Brigitte Littke als auch Bürgermeister Leonhard Spitzauer (CSU), der im Gegensatz zu seinen Parteifreunden nie ein großer Freund des Projekts gewesen ist. Was er nun auch wieder ausdrücklich betonte: Dass die Gemeinde auf eigene Kosten eine Kreisstraße verlegen soll, sei ohnehin nie eine besonders gute Idee gewesen.
Dass das Gremium am Ende nahezu einstimmig dafür votierte, die Straße nicht zu bauen, lag aber vor allem daran, dass man die Möglichkeit hat, einen Teil davon völlig kostenlos zu bekommen. Vorgestellt wurden in der Sitzung nämlich auch Pläne der Autobahn GmbH des Bundes zum Ausbau des sogenannten Ostkreuzes, der Verbindung der Autobahnen 94 und 99.
Wenn die Autobahn ausgebaut wird, müsste die bestehende Kreisstraße sieben Jahre lang gesperrt werden
Dafür muss die derzeitige Kreisstraße EBE 4, die im Landkreis München M18 heißt und Weißenfeld mit Feldkirchen verbindet, gesperrt werden – und zwar für bis zu sieben Jahre. Weshalb die Autobahn GmbH ohnehin eine Ausweichstraße bauen muss, und einige Vorteile darin sieht, wenn die Kreisstraße auch dauerhaft einen neuen Verlauf bekommt. So sei die schräge Querung unter beiden Autobahnen bei einer Verbreiterung derselben nur mit großem Aufwand herzustellen, heißt es in einer Präsentation der GmbH, was die Umbauten am Ostkreuz um gut zwei Jahre verzögern und deutlich verteuern könne.
Darum hat man eine komplett neue Streckenführung geprüft, zwei Varianten schnitten dabei besonders gut ab. Beide würden im Landkreis München an die Kreisstraße M1 beim Gewerbegebiet Feldkirchen Süd beginnen und dann in verschieden weiten Bögen auf die EBE 4 treffen. Möglich ist demnach eine Einmündung im Norden und im Südosten von Weißenfeld, wäre also quasi eine Umgehung für den Ort. Und diese Variante „Nummer 5“ hat laut Autobahn GmbH auch weitere Vorteile: Zum einen seien Bau und Unterhalt vergleichsweise günstig, weil nur ein Tunnel unter der A99 nötig ist, aber keiner unter der A99. Auch könne man die neue Straße weitgehend auf öffentlichen Flächen bauen, was Konflikte mit Grundstückseigentümern minimiert.

Vor allem aber hätte Variante 5 den Vorteil, dass sie nicht nur den Durchgangsverkehr in Weißenfeld reduzieren würde – hier nennt die Prognose eine Zahl von bis zu 8000 Autos weniger pro Tag – sondern auch auf weiteren Straßen in der Umgebung. Besonders die Bundesstraße 471 zwischen Feldkirchen und Haar würde demnach davon profitieren, im Bereich Ottendichl rechnet man laut Autobahn GmbH mit etwa 4800 Autos pro Tag weniger, immerhin noch gut 3600 sollen es auf der Ortsverbindungsstraße Richtung Vaterstetten sein. Vielleicht brauche es ja dann die neue B471 gar nicht mehr, merkte Spitzauer an.
Da die neue Kreisstraße rechtlich als Folge des Autobahnausbaus gilt, wird sie auch von der Autobahn GmbH bezahlt. Allerdings, so machte es Frauke Mazur von der Autobahn GmbH unmissverständlich klar, werde man mit der Variante 5 nur dann ins Planfeststellungsverfahren gehen, wenn Vaterstetten die Aufhebung des Planfeststellungsbeschlusses für seine Umgehungen beantragt. Ansonsten werde die kürzere Variante gebaut.
Die SPD versucht, Teile der alten Planung zu retten, findet dafür aber keine Mehrheit
Auf Nachfrage von Zweiter Bürgermeisterin Maria Wirnitzer (SPD), wie hoch das Risiko sei, dass die Gemeinde ihre eigene Planung „in die Tonne tritt“ und trotzdem die Variante 5 nicht gebaut wird, meinte Spitzauer, das sei schon ein „Henne-Ei-Problem“. Allerdings, so Littke, werde die Gemeinde den Antrag auf Aufhebung erst stellen, wenn die Autobahn ihre Planfeststellungsunterlagen einreicht.
Im Gremium gab es überwiegend Zustimmung, auch von Grünen und Freien Wählern, welche die alten Pläne für die Umgehung wegen des hohen Flächenverbrauchs und der hohen Kosten stets abgelehnt hatten. „Das können wir uns leisten“, meinte Stefan Ruoff (Grüne), Dritter Bürgermeister Roland Meier (FW), dankte den Klägern, dass sie durchgehalten hätten, bis die Zeit für eine bessere Lösung reif war.
Auch die Befürworter der bisherigen Planung konnten der neuen etwas abgewinnen: „Aus Gemeindesicht kann man nur sagen, wir haben Schwein gehabt“, sagte Klaus Willenberg (FDP), auch Michael Niebler (CSU) sprach von „Glück, dass uns die Autobahn einen Teil der Straße baut – ohne Kosten für uns“. Denn die eigenen Pläne seien „in die Unfinanzierbarkeit hineingekommen“, das müsse man akzeptieren. Was Josef Mittermeier (SPD) eher schwerfiel. Er stellte den Antrag, zu prüfen, wie sich der östliche und nördliche Teil der Umfahrung im Bereich Parsdorf dennoch umsetzen lassen könnte – fand dafür jedoch keine Mehrheit.
Der Rest des Beschlusses wurde dann bei der Gegenstimme von Wolfgang Schermann (SPD-Fraktion) beschlossen. Besonders schnell wird es mit der Umsetzung übrigens nicht gehen, bei der Autobahn rechnet man mit einem Baubeginn der neuen Kreisstraße nicht vor 2032 und einer Bauzeit von rund zwei Jahren.