Van Gogh ganz nah in Arnheim | ABC-Z

„Das ist einer der Hauptgründe, warum Leute aus der ganzen Welt zu uns kommen“, so Miranda Leeuwen, Kunstführerin im Kröller-Müller Museum. Sie zeigt auf eines der bekanntesten Gemälde von Vincent van Gogh (1853 bis 1890) und strahlt über das ganze Gesicht. Genau wie die Kunstliebhaber, die hier dem Original „Caféterrasse bei Nacht“ des niederländischen Malers ganz nah kommen können. Das blau-gelb schimmernde Meisterwerk, das van Gogh im September 1888 im südfranzösischen Arles zum Leben erweckte, ist zweifelsfrei eines seiner bekanntesten Werke. Direkt daneben hängt der nicht minder bekannte „Landweg in der Provence bei Nacht“. In seiner unnachahmlichen, dynamischen Art ließ der große Niederländer eine Zypresse im Schein des Mondes entstehen. Insgesamt sind im Kröller-Müller Museum 90 Gemälde und 180 Zeichnungen van Goghs zu sehen. „Nur im Rijksmuseum in Amsterdam gibt es noch mehr van Gogh-Originale. Die 270 Exponate in Arnheim stellen aber die weltweit größte Privatsammlung dar“, erklärt Miranda Leeuwen.
Gegründet wurde das weltweit bekannte Museum von der Kunstliebhaberin Helene Kröller-Müller (1869 bis 1939). Schon zu Beginn des 20. Jahrhunderts hatte die Deutsche zusammen mit ihrem niederländischen Ehemann, dem Industriellen Anton Kröller, die Idee, ihre gesammelten Kunstwerke in einem Museum zu bündeln. Es dauerte aber noch bis 1938, ehe das Museum öffnete. Nach schicksalhaften Jahren in der schweren Weltwirtschaftskrise vermachte das Ehepaar Kröller-Müller ihre Sammlung einer staatlichen Stiftung, die bis heute den Geist der Gründer ehrt. Das Museum ist aber weit mehr als eine van Gogh-Schatzkammer. Die Sammlung umfasst rund 20.000 Werke unter anderem auch von Claude Monet, Georges Seurat, Pablo Picasso und Piet Mondrian.
Eine Besonderheit stellt alleine die Lage des Museums dar. Es ist inmitten des Nationalparks „De Hoge Veluwe“ positioniert, dem Ort, wo einst das Ehepaar Kröller-Müller lebte. Unweit des Museums befindet sich seit 2019 das moderne Nationalpark-Besucherzentrum mit Infopunkt und Gastronomie. Von hier startet man auf Entdeckungstour in die Natur. Wer möchte mit Harry Grob. Der ehemalige Steuerberater ist einer von über 40 ausgebildeten Nationalpark-Guides, die von Besuchern gebucht werden können. „Ich mache das, wie alle anderen Guides, natürlich ehrenamtlich“, lacht der Parkexperte. Der Rentner ist in seiner schicken Ranger-Uniform unverkennbar als Nationalpark-Mitarbeiter ausgewiesen. Bestens gestärkt mit einem leckeren Apfelpfannkuchen aus dem Parkrestaurant geht es hinaus in den 5400 Hektar großen Nationalpark. 40 Kilometer Radwege und 160 Kilometer Wanderwege stehen dafür zur Verfügung. Dichte Wälder, blühende Heide, Inlanddünen, Moore und Seen. Das als einziger Nationalpark der Niederlande komplett eingezäunte Areal bietet ein breites Naturerlebnis. Und hat in Sachen Tierbeobachtung viel zu bieten. Aus den „Big Five“ des Parks mit Rot- und Schwarzwild, Mufflon, Wildschwein und Fuchs ist seit einigen Jahren ein „Big Six“ geworden. Auch der Wolf hat sich in dem Nationalpark angesiedelt. Zuletzt kam es immer wieder zu kurzen Begegnungen zwischen Mensch und Wolf. „Deshalb haben wir eigene Regeln aufgestellt, wie Ruhe bewahren, Abstand halten und auf den offiziellen Wegen bleiben“, erklärt Harry. „Dem Wolf immer genügend Raum lassen“. Wer den Park mit dem Fahrrad erkunden möchte, braucht kein eigenes Gefährt mitzubringen. Am Besucherpavillon stehen sage und schreibe 2000 weiße Nationalpark-Fahrräder zur kostenlosen Nutzung bereit.
Wir radeln immer Harry hinterher. Es geht zu einem Wildtier-Beobachtungs-Blockhaus mitten im Wald, vorbei an einer weitläufigen Dünenlandschaft, die die letzte Eiszeit zurückließ bis hin zum Jagdhaus „Sankt Hubertus“. Die letzte Wohnstätte des Ehepaars Kröller-Müller kann mehrmals am Tag besichtigt werden und bietet außergewöhnliche Innen- und Außenarchitektur. Darüber staunte auch schon Barack Obama. Der ehemalige US-Präsident residierte in dem schicken Backsteinhaus während eines Staatsbesuchs in den Niederlanden. Einen außergewöhnlichen Schlafplatz kann man auch nach einem Besuch von „De Hoge Veluwe“ in nur wenigen Kilometern Entfernung ansteuern. Der Buitenplaats Beekhuizen ist ein kleiner „Glamping only“ Ferienpark bei Velp. Im Sinne der Wortbildung „Glamping“ (glamouröses Camping) stehen hier in einem Wald verschiedene Schlafoptionen zur Verfügung. Ob in kleinem Zwei-Mann-Pod (Tiny House) oder in einer luxuriösen Forest Cabin (Wald-Ferienhaus) – hier fehlt es den Naturliebhabern an nichts, inklusive vorzüglichem Glamping-Restaurant „Woodz“, das nicht nur von Übernachtungsgästen geschätzt wird.
Wer Arnheim besucht, kommt nicht am Burgers‘ Zoo vorbei. Der bekannte Tierpark darf seit 2013 das Prädikat „königlich“ führen. Nach seiner Gründung 1913 durch Johan Burgers entwickelte sich das heute auf 45 Hektar angewachsene Zoogelände zu einem der außergewöhnlichsten Tierparks Europas. Die mehr als 3000 Tiere leben hier in sogenannten Öko-Displays: so naturgetreu wie möglich gestaltete Lebensräume, in denen verschiedene Tierarten gemeinsam, oft in großer Freiheit leben. So sind in der „Safari“ zum Beispiel Giraffen mit Nashörnern, Impalas, Gnus und Zebras vereint. Wie in einer echten Savanne. Auch in den sechs anderen Displays Bush, Desert, Rimba, Mangrove, Ocean und Park ist es ähnlich.
Eine Besonderheit sind geführte Touren hinter die Kulissen der Displays. So kann mit Zoo-Biologin Constanze Mager zum Beispiel das große Ozean-Aquarium aus der Vogelperspektive angeschaut werden. „Wir gewähren dabei einzigartige Einblicke in unsere tägliche Zooarbeit“, so die gebürtige Österreicherin. Nicht nur van Gogh kommt man also in Arnheim ganz nah.