USA: Trump macht Ernst und ordnet Zölle an – Mexiko und Kanada holen zum Gegenschlag aus | ABC-Z

Zuerst trifft es die Nachbarländer und den großen Rivalen in Fernost: Die USA verhängen Zölle gegen Kanada, Mexiko und China. Die Reaktion folgt auf dem Fuße. Vor allem für die deutschen Autobauer sind die Zölle eine Gefahr.
US-Präsident Donald Trump macht seine Drohung wahr und verhängt weitreichende Zölle auf Waren aus Kanada, Mexiko und China. Das teilte er und das Weiße Haus auf der Plattform X mit. Erhoben würden Zölle in Höhe von 10 Prozent auf alle Einfuhren aus China und 25 Prozent auf Importe aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada, hieß es. Für Energie-Einfuhren aus Kanada wiederum solle ein Satz von 10 Prozent gelten, hieß es weiter. Zölle sind eine Art Zuschlag auf importierte Waren. Sie werden an der Grenze fällig.
Trump hat zur Durchsetzung der Zölle den nationalen Notstand gemäß des „International Emergency Economic Powers Act“ ausgerufen, der ihm weitreichende Befugnisse zur Krisenbekämpfung einräumt. Mit den Zöllen soll nach Lesart Trumps der Schmuggel der Droge Fentanyl in die USA sowie der Zustrom illegaler Migranten gestoppt werden.
Mexiko und Kanada reagierten umgehend und kündigten Gegenmaßnahmen an. Sie habe Wirtschaftsminister Marcelo Ebrard angewiesen, einen Plan umzusetzen, der Gegenzölle in Betracht ziehe, schrieb Mexikos Präsidentin Claudia Sheinbaum auf der Plattform X. Zugleich wies sie die von Washington erhobenen Anschuldigungen hinsichtlich einer „Allianz“ ihrer Regierung mit Drogenkartellen entschieden zurück. Wenn es irgendwo eine solche Allianz gebe, „dann in den US-Waffengeschäften, die hochmoderne Waffen an diese kriminellen Gruppen verkaufen“, gab Sheinbaum die Vorwürfe zurück.
Auch Kanadas Premierminister Justin Trudeau reagierte umgehend. Kanada werde seinerseits ab Dienstag Zölle in Höhe von 25 Prozent auf US-Waren einführen, sagte Trudeau auf einer Pressekonferenz. Die von Kanada geplanten Zölle seien für US-Waren im Wert von 155 Milliarden Dollar geplant. Daneben erwäge die kanadische Regierung Maßnahmen in anderen Bereichen, etwa im Handel mit Ressourcen. Trudeau rief die Kanadier zudem dazu auf, kanadische Produkte zu kaufen und ihren Urlaub zu Hause zu verbringen anstatt in den USA.
In einer emotionalen Rede hatte er zuvor die Jahrhunderte dauernden Beziehungen der Nachbarn USA und Kanada hervorgehoben. „Wir haben gemeinsam gekämpft, sind gemeinsam gestorben. Wir waren immer auf der Seite von euch Amerikanern.“ „Es lebe Kanada“, beendete Trudeau seine Erklärung.
Wirtschaftliche Folgen sind gravierend
Trumps Entscheidung hat gravierende Folgen. Mexiko ist der wichtigste Handelspartner der USA. Kein anderes Land exportiert mehr in die Vereinigten Staaten. Trumps Zollpolitik dürfte Ökonomen zufolge beiden Volkswirtschaften durch höhere Inflation und den Verlust von Arbeitsplätzen schaden. Mehr als 80 Prozent der gesamten Ausfuhren Mexikos gehen in die USA. Tausende Unternehmen und Millionen Jobs hängen davon ab.
Zölle gegen Mexiko dürften auch Unternehmen aus Deutschland hart treffen, allen voran die Autoindustrie. Fast alle Hersteller und auch viele Zulieferer nutzen Mexiko als billigen Produktionsstandort – und bedienen von dort aus den US-Markt. VW, Audi und BMW haben in dem Land eigene Fabriken, Mercedes-Benz produziert in einem Gemeinschaftswerk mit Nissan. Und allein bei Audi gehen 98 Prozent der Autos in den Export, davon 40 Prozent in die USA.
Neue Zollschranken der USA werden hier zum ernsten Problem, sagt Branchenexperte Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company. Denn mit einem zusätzlichen Aufschlag rechnet es sich kaum noch, Autos aus Mexiko in die USA zu schicken. Als Reaktion erwartet er nun, dass die Hersteller zumindest einen Teil der Fertigung von Mexiko in die USA verlagern, wo VW, BMW und Mercedes ebenfalls Werke haben.
Zum Problem könnten auch die Zölle gegen Kanada werden – zumindest für Volkswagen. Denn die Wolfsburger planen in Ontario nahe der US-Grenze eine Batteriezellfabrik, die die E-Auto-Werke des Konzerns in den USA beliefern soll. Die Regierung von Kanadas Premier Trudeau hatte das Milliardenprojekt mit hohen Subventionen angelockt.
Zölle seien hier nun „Gift“, warnt Stefan Bratzel vom Center of Automotive Management in Bergisch Gladbach und spricht von einem „Super-GAU für diese Investition“. Noch ist das aber Zukunftsmusik: Die Produktion in St. Thomas bei Toronto soll erst 2027 anlaufen.
Folgen für China
Für die ohnehin angeschlagene chinesische Wirtschaft dürften die neuen US-Zölle eine weitere Belastung werden. Zwar versucht Peking seit Jahren, seinen Handel breiter aufzustellen, doch die USA bleiben der wichtigste Exportmarkt und damit eine wichtige Stütze für viele Unternehmen. In den USA wiederum würden Zölle auf chinesische Waren wahrscheinlich zu höheren Preisen führen.
China ist jedoch nicht wehrlos. Peking könnte erwägen mit eigenen Zöllen zu reagieren, vor allem auf landwirtschaftliche Produkte aus den USA. Auch könnte China mit gezielten Vergeltungsmaßnahmen reagieren, etwa durch eine Beschränkung der Ausfuhr von seltenen Erden oder durch verstärkte Untersuchungen gegen US-Unternehmen, ob diese mit unfairen Mitteln auf chinesischen Märkten unterwegs sind. Insgesamt dürften sich die ohnehin angespannten Beziehungen der beiden Supermächte weiter verschlechtern. Autobauer aus Europa werden die Zölle gegen China wohl ebenfalls zu spüren bekommen – wenn auch nur indirekt. Zwar betreiben fast alle Hersteller und Zulieferer große Werke in China. Doch produziert wird fast ausschließlich für den chinesischen Markt, nennenswerte Ausfuhren in die USA gibt es nicht.
Branchenexperte Stefan Hecht von der Unternehmensberatung Advyce & Company rechnet dennoch mit Auswirkungen, die bis nach Deutschland reichen werden. Angesichts der neuen Hürden auf dem US-Markt dürften chinesische Hersteller wie BYD noch stärker als bisher nach Europa drängen, glaubt er. „Europa rückt dann als Absatzmarkt verstärkt in den Vordergrund.“
Folge könnten zunehmender Wettbewerb und Preiskämpfe auf dem deutschen Automarkt sein. „Das werden die hiesigen Hersteller deutlich zu spüren bekommen“, sagt Hecht. Schließlich haben Hersteller wie VW schon jetzt mit hohen Überkapazitäten in Deutschland zu kämpfen. Abzuwarten bleibe, wie die EU-Kommission, die bereits Strafzölle gegen Elektroautos aus China verhängt hat, auf die neuen Strafmaßnahmen Trumps reagieren wird.
Auch die Europäische Union muss von Trump Zölle erwarten. „Absolut“, sagte der Präsident zuletzt auf die Frage, ob er auch Zölle auf Produkte aus der EU erheben werde. „Die EU hat uns so schlecht behandelt“, sagte er zur Begründung. Die USA hätten ein „gewaltiges Defizit“ im Handel mit der Europäischen Union. „Also werden wir etwas sehr Beträchtliches mit der Europäischen Union unternehmen“, kündigte er an – ohne Details zu nennen.
Es ist Trump seit Langem ein Dorn im Auge, dass europäische Unternehmen deutlich mehr Waren in den USA verkaufen als amerikanische Unternehmen in der EU. Einen heftigen Handelsstreit hatte es zwischen den USA und der EU schon in Trumps erster Amtszeit gegeben. Trump hatte in seinen Regierungsjahren von 2017 bis 2021 insgesamt im großen Stil auf Zölle gesetzt, um Handelskonflikte mit anderen Ländern auszutragen.
dpa/Reuters/sam