Urteil gegen Bolsonaro: Welch ein Kontrast zu den USA | ABC-Z

Es liegt mehr als nahe, den Schuldspruch des Obersten Bundesgerichts gegen den vormaligen Präsidenten Bolsonaro rundweg als Beweis für die Funktionsfähigkeit einer auf Gewaltenteilung fußenden Demokratie und der Wächterrolle einer unabhängigen Justiz zu lesen.
Doch so sehr der Kontrast zu dem Versagen des amerikanischen Senates und des Supreme Courts bei der Ahndung des ähnlich gelagerten Putschversuchs des heutigen Präsidenten Donald Trump ins Auge sticht, so sehr ist im Blick auf Brasilien ein Schuss Realitätssinn angebracht.
Urteil gegen Lula da Silva war politisch motiviert
Ohne Zweifel genießt das Supremo Tribunal Federal ein für lateinamerikanische Verhältnisse vergleichsweise hohes Ansehen. Dies aber nicht wegen seiner verfassungsrechtlich starken Stellung, sondern wegen des Gebrauchs, den es von seinen Kompetenzen gemacht hat. Gleich zwei gigantische Korruptionsfälle, in die alle Parteien und die größten Unternehmen des Landes verwickelt waren, haben die Richter ausgeräuchert.
Aber die Urteile gegen den heutigen Präsidenten Lula da Silva hatten nicht nur keinen Bestand, sondern waren auch politisch motiviert. Das ist im Fall Bolsonaro auszuschließen. Nicht gewiss ist aber, ob sich die Mehrheit der Brasilianer hinter den Richtern und ihrem Ethos versammelt oder dereinst das Heil abermals bei einem brasilianischen Trump suchen wird.