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USA: Keine Förderungen für mRNA-Impfstoffe gegen Atemwegserreger unter Kennedy – Gesundheit |ABC-Z

Die Entwicklung von mRNA-Impfstoffen gegen Atemwegserkrankungen soll in den USA künftig keine öffentliche Förderung mehr erhalten. Das kündigte das Gesundheitsministerium von Minister Robert F. Kennedy Jr. am Dienstag an. Der als Impfskeptiker bekannte Politiker will demnach knapp 500 Millionen US-Dollar an bereits zugesagten Bundesmitteln für die Entwicklung neuer mRNA-Impfstoffe gegen Krankheiten wie Covid-19 und Grippe streichen. In einem am Dienstag in sozialen Medien veröffentlichten Video begründete Kennedy seine Entscheidung mit mehreren Falschaussagen. So behauptete er fälschlicherweise, dass mRNA-Impfstoffe nicht gegen Atemwegserkrankungen schützen würden, dass sie Viren zur Evolution trieben und eine einzige Mutation eines Virus dazu führen würde, dass die Impfstoffe ineffektiv würden. Nichts davon trifft zu.

Kennedy agiert seit Längerem gegen mRNA-Impfstoffe. Erst im Mai machte er einen Vertrag über 600 Millionen US-Dollar mit der Firma Moderna rückgängig, die mit dem Geld einen mRNA-Impfstoff gegen die in den USA grassierende Vogelgrippe entwickeln sollte. Von der neuen Ankündigung sind nun 22 weitere Projekte betroffen, die verschiedene bekannte Pharmaunternehmen wie Pfizer und Moderna treffen. Der US-Pharmagigant Pfizer hatte in der Pandemie den von der Mainzer Firma Biontech entwickelten ersten Impfstoff gegen Covid-19 auf den Markt gebracht. Wenig später folgte Moderna mit einem eigenen mRNA-Impfstoff.

Anders als die US-Firmen ist Biontech nicht von den neuen Kürzungen betroffen. „Biontech hat keine Fördergelder aus den USA für die Entwicklung von Covid-19-Impfstoffen und anderen Impfstoffen gegen Atemwegserreger erhalten, und es gibt auch keine ausstehenden Zusagen“, sagte eine Sprecherin der SZ.

Die Entscheidung basiere offenkundig „nicht auf Daten, sondern auf Ideologie“

Biontech und andere Firmen nutzen die mRNA-Technologie nicht nur für Impfstoffe gegen Atemwegserkrankungen. Sie wollen auf dieser Basis auch Impfungen gegen Krebs entwickeln. Förderungen für solche Projekte durch US-Bundesmittel scheinen derzeit nicht infrage zu stehen. Das US-Gesundheitsministerium teilte am Dienstag mit, dass „andere Verwendungen der mRNA-Technologie von dieser Ankündigung nicht betroffen sind“.

Forscherinnen und Forscher sind dennoch entsetzt über die Nachrichten aus Washington. „Das ist ein schlechter Tag für die Wissenschaft“, sagte der Immunologe Scott Hensley von der University of Pennsylvania der New York Times. Ohne die Hilfe der mRNA-Impfstoffe würden künftige Pandemien schwerer zu stoppen sein, warnte Mike Osterholm, Experte für Infektionskrankheiten und Pandemievorbereitung an der University of Minnesota, im Gespräch mit der Nachrichtenagentur AP. „Ich glaube nicht, dass ich in meinen 50 Jahren im öffentlichen Gesundheitswesen jemals eine gefährlichere Entscheidung gesehen habe.“

Die Entscheidung Kennedys basiere offenkundig „nicht auf Daten, sondern auf Ideologie“, sagt der Immunologe Carsten Watzl vom Leibniz-Institut für Arbeitsforschung in Dortmund. Die mRNA-Impfstoffe hätten in der Pandemie Millionen Leben gerettet. Kein Impfstoff sei völlig frei von Nebenwirkungen, aber der Nutzen dieser Vakzine überwiege die Risiken in gewaltigem Maße. Watzl hält den Weg der US-Regierung für gefährlich. „Die selektive Behinderung und Benachteiligung der mRNA-Technologie wird die Entwicklung moderner Impfstoffe ausbremsen und Nachteile bei der Bekämpfung von Infektionskrankheiten und künftigen Pandemien nach sich ziehen“, betont er.

Kennedy erklärte, er wolle in „bessere Lösungen“ investieren. Als Beispiel nannte er Impfstoffe, die ganze abgeschwächte oder abgetötete Erreger beinhalten. „Diese Impfstofftechnologie ist jahrzehntealt und kann nicht mit sich ständig verändernden Viren mithalten“, sagt Watzl. Der Vorteil der mRNA-Impfstoffe besteht darin, dass sie sich im Fall neu auftretender Erreger extrem schnell entwickeln und auch an mutierte Viren anpassen lassen. Denn anders als bei klassischen Impfstoffen werden dafür nicht ganze Viren oder Teile davon genutzt, sondern lediglich ein Stück speziellen Virus-Erbguts, der mRNA. Nicht zufällig war der Medizin-Nobelpreis 2023 an zwei Wissenschaftler vergeben worden, welche die mRNA-Technologie voranbrachten.

Die Entscheidung Kennedys reiht sich ein in eine Serie kontroverser Maßnahmen mit Bezug auf Impfungen. So hatte der Minister jüngst unter dem Protest zahlreicher Infektionsexperten die Empfehlungen für die Covid-19-Impfung für Schwangere und Kinder zurückgezogen. Zuvor ersetzte er das Gremium, das in den USA die Impfempfehlungen herausgibt, durch eigene Kandidaten. Auch befeuerte er immer wieder die Impfskepsis durch falsche und irreführende Aussagen, etwa indem er bereits widerlegte Behauptungen zum Zusammenhang von Masern und Autismus wiederholte und Lebertran sowie Vitamin A als Masern-Prophylaxe propagierte. Erst als im Südwesten der USA die Masern grassierten und Kinder starben, gab er überraschend doch eine Impfempfehlung ab.

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