Wirtschaft

US-Notenbank senkt Leitzins auf unter vier Prozent – Wirtschaft | ABC-Z

Der scheidende Fed-Chef Jerome Powell hat in diesem Jahr schon einiges mitgemacht. Erst waren da die Attacken von US-Präsident Donald Trump, der ihn loswerden wollte, weil ihm Powell nicht schnell genug die Zinsen senkte. Dann war die US-Verwaltung wochenlang im Shutdown. Powell und seine Kolleginnen und Kollegen aus dem Direktorium der Fed bekamen keine Zahlen zum Arbeitsmarkt. So mussten sie rätseln, wie es der amerikanischen Wirtschaft geht. Dennoch dürfte die Fed-Sitzung am Mittwoch zu Powells schwierigsten Terminen in diesem Jahr gezählt haben.

Powell und die anderen Fed-Gouverneure taten, was allgemein von ihnen erwartet worden war. Sie senkten den Leitzins abermals um einen Viertelprozentpunkt. Er liegt damit nun zwischen 3,5 und 3,75 Prozent. Es ist die dritte Zinssenkung in Folge. Die US-Notenbank verabschiedet sich damit endgültig von ihrer restriktiven Geldpolitik der Post-Corona-Zeit. Die Fed begründete die Entscheidung mit der sich trübenden Lage auf dem Arbeitsmarkt. Diese halten die Notenbanker für bedenklicher als die Inflation.

Doch Powell und seine Verbündeten im Fed-Direktorium mussten sich gegen mehrere Abweichler durchsetzen. Es ist üblich, dass die Gouverneure einstimmig entscheiden. Zumindest war das in der Ära Powell meist der Fall. Diesmal gab es gleich drei Personen, die mit der Zinssenkung um einen Viertelprozentpunkt unzufrieden waren.

Schwierige Lage für die US-Wirtschaft

Stephen Miran wollte deutlicher nach unten gehen. Er ist Trumps Stimme bei der Fed. Er diente dem US-Präsidenten als Wirtschaftsberater, bevor er im September auf einen freien Posten bei der Notenbank rückte. Sein Job im Weißen Haus ruht aktuell nur. Miran hatte schon bei den vorherigen beiden Fed-Sitzungen eine stärkere Zinssenkung gefordert. Zwei seiner Kollegen wollten den Leitzins dagegen lieber unverändert lassen.

Der Riss, der sich zwischen den Notenbankern abzeichnet, ist aber nicht nur politisch motiviert. Die US-Wirtschaft befindet sich in einer komplizierten Lage, auf die es keine klare geldpolitische Antwort gibt. Die Stimmung der US-Verbraucher ist in den vergangenen Monaten immer weiter abgesackt. Überall ist von einer „affordability crisis“ die Rede, einer Krise der Bezahlbarkeit. Die Amerikaner haben das Gefühl, sich immer weniger leisten zu können. Im Herbst bildeten sich im ganzen Land lange Schlangen vor Essensausgaben, weil Angestellte von Behörden und bedürftige Menschen wegen des Shutdowns kein Geld mehr bekamen.

Das wirkt sich auch auf die Beliebtheitswerte des US-Präsidenten aus. Die sind schon seit März nicht berauschend, sackten aber im November weiter ab. Nur noch 42 Prozent der Wähler sind mit Trumps Arbeit zufrieden. Das ist fast der niedrigste Wert in seiner zweiten Amtszeit. Trump ließ Fragen nach den Preisen für Autokredite, Benzin oder Eiern lange an sich abperlen oder schob die Schuld seinem Vorgänger Biden zu. Aber das zieht immer weniger.

Am Dienstag reiste Trump deshalb nach Pennsylvania und sprach vor Anhängern. Es war der erste Stopp auf einer Tour durchs Land, bei der Trump signalisieren will, dass er die Sorgen der Amerikaner endlich ernst nimmt. Das gelang ihm aber nicht so recht. Trump machte sich über den Begriff „affordability“ lustig. Dieser sei eine Erfindung der Demokraten. Dann behauptete er, dass die Preise längst sinken würden. Das ist falsch und würde nebenbei eine bedenkliche Deflation bedeuten. Für seine Wirtschaftspolitik hatte sich Trump in einem Interview zuvor selbst die Note „A-plus-plus-plus-plus-plus“ gegeben, eine Eins mit fünf Sternchen.

US-Inflation liegt bei drei Prozent

Mit der Realität der Amerikaner hat das immer weniger zu tun. Auch der Arbeitsmarkt ist wie eingefroren. Die meisten Firmen stellen kaum neue Leute ein und nur wenige Beschäftigte kündigen ihre Jobs. Die Arbeitslosenquote ist in diesem Jahr leicht gestiegen, sie lag im September bei 4,4 Prozent. Die US-Wirtschaft wird 2025 wohl um knapp zwei Prozent wachsen und steht damit besser da als die deutsche. Aber die Konjunktur hängt am Boom der künstlichen Intelligenz. OpenAI, Google und andere bauen überall in den USA gewaltige Rechenzentren für ihre KI-Programme. Ihre Investitionen waren nach Schätzung von Experten für die Hälfte des Wachstums der US-Wirtschaft im ersten Halbjahr 2025 verantwortlich.

Für Powell und die US-Notenbanker ist es nicht leicht, in dieser schwierigen Lage die richtigen Entscheidungen zu treffen. Die Inflation liegt noch immer bei drei Prozent und ist im Jahresverlauf leicht gestiegen. Das spricht dafür, bei Zinssenkungen Vorsicht walten zu lassen. Ein Problem ist allerdings, dass es noch immer an aktuellen Daten mangelt. Die letzten Inflationszahlen stammen von September. Die Veröffentlichung der Zahlen für Oktober hat die zuständige Behörde wegen des Shutdowns verschoben.

Es gibt aber auch Argumente für stärkere Zinssenkungen. Die unsichere Lage auf dem Arbeitsmarkt legt nahe, mit niedrigen Zinsen die Wirtschaft anzukurbeln. Das wäre auch Trump sehr recht. Bei seiner Rede in Pennsylvania beschimpfte er Fed-Chef Powell wieder einmal als „Jerome zu spät“ und als „bösen Typen“. Dann setzte er noch die unbelegte Behauptung in die Welt, Joe Biden habe die Ernennung aller Fed-Gouverneure während seiner Amtszeit mit einem Unterschriften-Automat unterzeichnet.

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