Bürgerversammlung Geretsried: Riesige Vorhaben, winzige Beteiligung – Bad Tölz-Wolfratshausen | ABC-Z

Vielleicht klappt es digital besser als analog: Die Stadt Geretsried bietet den Bürgerinnen und Bürgern die Möglichkeit, sich online zum Flächennutzungsplan zu äußern, und hofft auf rege Teilnahme. An der hat es hingegen am Donnerstagabend auf der Bürgerversammlung gefehlt. In die Halle der Feuerwache Nord waren nicht mehr als drei Dutzend der 26 000 Einwohner Geretsrieds gekommen. Ihnen präsentierte Bürgermeister Michael Müller (CSU) zusammen mit Mitarbeitenden der Stadtverwaltung die wichtigsten Themen von Kultur bis Fernwärme.
Eine einzige Frage war vorab eingegangen. Ein Ehepaar beschwerte sich darüber, dass in Gartenberg Straßen ohne Gehwege zugeparkt seien, insbesondere im und um den Rotkehlchenweg. Da sei oft in Kurven und an Kreuzungen die Sicht völlig verstellt. Der Bürgermeister sagte zu, die Situation „explizit anschauen“ zu lassen, betonte aber, die kommunale Verkehrsüberwachung sei durchaus im Einsatz. „Die Kollegen im Rathaus kümmern sich schon.“ Es gebe andererseits „mehr Beschwerden, dass wir zu viel kontrollieren“.
„Man muss nicht nach München fahren“
Müller stellte die einzelnen Stationen vor, zu denen die Stadt in der Halle Tafeln mit reichlich Anschauungsmaterial aufgestellt hatte. Zur von Anita Zwicknagl geleiteten Kulturabteilung sagte er: „Wir machen im Jubiläumsjahr ganz viel.“ Geretsried feiert heuer 75 Jahre Gemeindegründung und 55 Jahre Stadterhebung. Überhaupt sei das kulturelle Angebot so groß, sagte Müller: „Man muss nicht nach München fahren.“
In der Digitalisierung hat die Stadt Vorreiterfunktion. Sie gehöre zu zehn Pilotkommunen, die das digitale Rathaus vorantreiben, so Thomas Habermann, Leiter der Stabsstelle Informationstechnik. Ein SB-Center am Rathaus sei im Aufbau, in dem auch abends und am Wochenende Dienstleistungen in Anspruch genommen werden können. Erster Schritt sei die Herausgabe von Reisepässen und Personalausweisen über einen per SMS zugesandten Code.
„Befreiungsschlag“ in der Kinderbetreuung
Als „absoluten Befreiungsschlag“ bezeichnete der Bürgermeister die Errichtung eines zehngruppigen Kindergartens. Die Kinderbetreuung ist seit vielen Jahren für alle Kommunen eine große Herausforderung. Aktuell umso mehr, als vom Schuljahr 2026/27 an schrittweise der Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Grundschulkinder eingeführt wird. Stephanie Dickel, Abteilungsleiterin Bürger im Rathaus, sagte, momentan stünden auf der Warteliste acht Kinder für einen Krippenplatz und 27 für einen Kindergartenplatz. Zusammen mit Müller betonte sie, es mangle nicht an Plätzen, sondern am Personal dafür.
Der Bürgermeister erklärte in diesem Zusammenhang, die Sozialausgaben der Stadt, von den Schulen bis zur Obdachbeschaffung, seien seit seinem Amtsantritt 2014 von 4,6 Millionen Euro auf 9,8 Millionen gestiegen, und die Tendenz gehe weiter nach oben. Umso wichtiger seien die Einnahmen: „Wir können froh sein, dass wir in Geretsried eine diversifizierte Gewerbestruktur haben.“
„Vom Hundekotbeutel bis zur S-Bahn“
Zur Abteilung Bauen, die Rainer Goldstein leitet, gehören die Bereiche Bauen, Hochbau, Gebäude- und Energiemanagement, Verkehr und Umwelt sowie der Bauhof. Oder, wie Stadtbaurat Goldstein sagte: „Vom Hundekotbeutel bis zum S-Bahn-Projekt.“ Dass die Verlängerung der S 7 „in den Dreißigerjahren“ komme, sei sicher, sagte er, daher müsse die Stadt sie in ihrer Planung berücksichtigen. Dies geschieht im Flächennutzungsplan, den Hilke Jäger vom Planungsverband Äußerer Wirtschaftsraum München vorstellte. Details dazu sowie die Online-Umfrage finden sich unter www.geretsried.de/flaechennutzungsplan. Goldstein erklärte, die Stadt habe ein „enormes Verdichtungspotenzial“. Und Jäger betonte, Geretsried erfülle den Anspruch, möglichst wenig Flächen für seine Entwicklung zu verbrauchen. Die Stadt sei mit dem neuen Quartier an der Banater Straße „sehr mutig“. Dort baut das Wolfratshauser Unternehmen Krämmel 770 Wohnungen nach dem sogenannten „Geretsrieder Modell“: Miet-, Sozial- und Eigentumswohnungen.
Zu den größten eigenen Bauprojekten Geretsrieds zählen die Sanierung und Erweiterung der Mittelschule (50 Millionen Euro), die neue Kita an der Johann-Sebastian-Bach-Straße und die Aufstockung der Mittagsbetreuung (je zehn Millionen).
Ein wichtiges und bisher weltweit einzigartiges Vorhaben ist das Geothermie-Loop-Projekt der Eavor-GmbH in Gelting, das Stadtwerkeleiter Jan Düring erläuterte. Dafür wurde eigens die Isar Loisach Naturwärme GmbH (ILN) gegründet, eine Tochtergesellschaft der Stadtwerke, die eng mit Eavor zusammenarbeitet, um eine nachhaltige und CO₂-freie Wärmeversorgung für die Stadt zu ermöglichen. Düring sagte, es sei möglich, bis zu 50 Prozent des gesamten Wärmebedarfs der Stadt damit zu decken. Bis 2027 sollen alle sogenannten Loops – geschlossene Systeme zur Wärmegewinnung – fertig sein. Müller sagte: „Das wird eine große Nummer.“