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US-Demokraten am Abgrund: Ganz ehrlich – Trump hatte recht | ABC-Z

Das Ergebnis der US-Wahl zeigt: Joe Biden war die Anomalie. Nicht Donald Trump. Der hat auf die richtigen Themen gesetzt. Die Demokraten blicken nun in den Abgrund ihrer Versäumnisse.

Es gibt nicht nur die roten, goldenen oder schwarzen Make-America-Great-Again-Kappen. “Trump Was Right About Everything” gibt es auch. “Mit allem” wäre zu viel gesagt, aber Trump hat mit der Wahlkampfausrichtung recht behalten: Die Erschwinglichkeitskrise alias Inflation war und ist entscheidend; Abtreibungen nicht so wichtig, die Verteidigung der Demokratie zu abstrakt. Und wovor haben die Wähler wohl mehr Angst? Unterschiedliches Abtreibungsrecht in 50 Bundesstaaten und Massenabschiebungen – oder dass sie ihre nächste Arztrechnung, Kita und Lebensmittel nicht mehr bezahlen können? Eben.

Am Ende geht es um die eigene Brieftasche, das gehört zum Einmaleins der Politik. Wenn die Inflation zuschlägt, sind alle betroffen, aber die unteren Einkommensschichten besonders. Dass trotzdem so viele Schwarze, die sich dort überwiegend bewegen, Harris gewählt haben, dürfte auch mit alter Verbundenheit zu tun haben. Die Demokraten verstehen sich als Partei der sozialen Gerechtigkeit, die Mehrheit der Schwarzen glaubt daran, dass sie mehr für sie einstehen als die Republikaner. Aber mit jeder Wahl verblasst die Erinnerung an die großen Errungenschaften der 1960er und 1970er Jahre.

Joe Biden war wegen seiner Arbeitervergangenheit im Rostgürtel womöglich die letzte Bastion der Demokraten. Wäre der republikanische Kandidat ein anderer gewesen, wäre ihr Sieg womöglich noch deutlicher ausgefallen. Harris, selbst schwarz, schnitt landesweit schlechter ab als Biden vor vier Jahren, verlor insgesamt etwa 14 Millionen Stimmen. Trump 2 Millionen. Nach der Rekordbeteiligung 2020 sind diese Menschen zu Hause geblieben. Die Republikaner haben die Wahl also nicht aus eigener Kraft gewonnen. Sondern die Demokraten verloren sie. Trumps Sieg 2016 war keine Anomalie. Sondern Bidens vor vier Jahren.

MAGA zu bunt für die Demokraten

Harris Vorteil’ unter Frauen war kleiner als Trumps unter Männern. Bei Latinos verlieren die Demokraten bereits seit mehreren Wahlen immer mehr Anhänger, der Trend hat sich fortgesetzt: 45 Prozent votierten Nachwahlbefragungen zufolge für den Republikaner. Viele sind Einwanderer, die inzwischen abstimmen dürfen, sie haben hart dafür gearbeitet – das sollen die Neuankömmlinge auch tun. Unter schwarzen Männern hat Trump ebenfalls zugelegt. Zwar ist MAGA weiterhin vor allem weiß; aber die Bewegung, so kann man sie inzwischen nennen, ist so bunt geworden, dass die Demokraten kaum noch dagegen ankommen.

Ja, Trumps Zölle könnten die Inflation anheizen, die Abschiebungen das Land in Unruhe versetzen, er möchte zudem Umweltauflagen abschaffen, staatliche Daseinsvorsorge abbauen. Dagegen stehen Versprechen für weitere Jobs, für mehr Netto vom Brutto für alle wie bei seiner Steuerreform 2017. Widerstand dagegen, Schimpftiraden auf Trump und Arroganz gegen seine Unterstützer, endlose Faktenchecks und Lügen-Ticker werden nicht ausreichen. Wollen die Demokraten wieder etwas reißen, müssen sie sich der Probleme aller Wähler bewusst werden und nachvollziehbare Lösungen anbieten. Nicht nur für einzelne Wählergruppen, weshalb sich andere im Umkehrschluss unfair behandelt oder gar ausgegrenzt fühlen.

Joe Biden hatte insbesondere wegen der Pandemie und ihrer Folgen gewonnen, wegen seines Versprechens, der Alltag werde ruhiger, stabiler, besser. Ja, er hat die USA mit einem großen Infrastrukturpaket, dem angestoßenen Umbau zu erneuerbaren Energien und den Subventionen für neue Chipfabriken auf andere Füße gestellt und damit das größte Wirtschaftswachstum unter den G-7-Staaten angestoßen. Aber selbst sorgsame Industriepolitik, die ein Versprechen auf die Zukunft gibt, hilft im Alltag kaum und wenn, dann verzögert. Die zusätzlichen Privatschulden aus der Pandemiezeit sind noch da, hohe Zinsen über lange Zeit und die Wohnkrise vermitteln den Eindruck, das Land stecke in der Krise.

Blankoscheck vom Supreme Court

Bleibt er loyal, ist Trumps Vize J.D. Vance ein möglicher Kronprinz der MAGA-Bewegung. Schließlich war dies Trumps letzter Wahlkampf als Kandidat. Als Präsident wird er die Ermittlungen der Staatsanwaltschaft gegen ihn wegwischen. Erlauben kann er sich fast alles, schließlich hat ihm der Supreme Court mit dem Immunitätsurteil einen Blankoscheck ausgestellt. Erschießt er also jemanden “in der Mitte der 5th Avenue” in Manhattan und deklariert das als Amtshandlung, ist das vom Obersten Gericht gedeckt. Durch seinen Sieg bleibt der Supreme Court womöglich auf Jahrzehnte konservativ dominiert.

Die kommenden vier Jahre werden ein wilder Ritt, auch für Europa oder den Kampf gegen den Klimawandel. Die Republikaner dürften noch konsequenter vorgehen als ab Anfang 2017. Da wurde Trump von konservativen Politikern sowie Generälen etwas ausgebremst und daran gehindert, manche folgenreiche Dummheit zu begehen. Inzwischen hat sich der konservative Kosmos um MAGA geschart; die Bewegung ist organisierter, professionalisiert, alle stehen mit Plänen in der Hand in den Startlöchern. Gemeinsam werden sie vieles davon wieder einreißen, was die Demokraten angefangen haben. So gut gemeint deren Ideen gewesen sein mögen: Sie haben nicht alle mitgenommen.

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