Geopolitik

Unionsfraktion: Spahn räumt Mitverantwortung für abgesagte Richterwahl ein | ABC-Z

Unionsfraktionschef Jens
Spahn (CDU) hat mehrere Tage nach der verschobenen Wahl dreier neuer Bundesverfassungsrichter im Bundestag seine Mitverantwortung eingeräumt. In einem Brief an seine Fraktion, aus dem mehrere Medien übereinstimmend zitieren, schrieb er demnach, er sei sich bewusst, dass er als Fraktionsvorsitzender daran eine
Verantwortung trage. Er werde nun alle Energie
darauf verwenden, dass die Unionsfraktion “verlässlicher
Stabilitätsanker” der Koalition
bleibe.

Zugleich zeigte Spahn sich in dem Brief optimistisch, gemeinsam mit der SPD eine Lösung für die ausstehende Wahl der drei Richterposten am Bundesverfassungsgericht zu finden. Einen Vorschlag machte er jedoch nicht. Auf der Klausurtagung der geschäftsführenden Vorstände von CDU/CSU und SPD Ende August werde über die Zusammenarbeit in der
Fraktion und zwischen den Koalitionsfraktionen beraten, schrieb er. 

Am Freitag hätten eigentlich drei Richterposten am Bundesverfassungsgericht neu besetzt werden sollen. Der Wahlausschuss des Bundestags hatte sich auf drei Vorschläge geeinigt, die die Fraktionen von Union, SPD und Grünen mitgetragen hatten. Für die Wahl im Bundestag gab es jedoch keine sichere Mehrheit, sodass mehrere Parteien eine Verschiebung der Wahl beantragten. Damit sind die Posten im Verfassungsgericht noch immer nur kommissarisch besetzt.

Bedenken wurden falsch kommuniziert

In der Unionsfraktion hatte es Vorbehalte gegen eine der von der SPD eingebrachten Vorschläge, die Richterin Frauke Brosius-Gersdorf, gegeben. Mehreren Unions-Politikern war ihre Haltung zum
Schwangerschaftsabbruch zu liberal
. Zudem sollen Plagiatsvorwürfe im Raum gestanden haben, was der selbsternannte “Plagiatsjäger” Stefan Weber aber von sich wies. Da keine
Zweidrittel-Mehrheit mehr für Brosius-Gersdorf sicher war, waren die Richterwahlen am Freitag von der Tagesordnung des Bundestags genommen worden.

Spahn schrieb nun,
es sei ein Fehler gewesen, dass der Eindruck entstanden
sei, eine Nachricht über einen möglichen Plagiatsverdacht, der bisher nicht untermauert wurde, sei die zentrale Kritik an der
Kandidatin gewesen. Union wie SPD hätten aber einen Anteil daran, dass
man am Freitag keine Lösung mehr habe finden können
. Die
Koalitionsfraktionen seien “nicht gut gewappnet” gewesen gegen
eine von außen kommende Emotionalisierung und Polarisierung.

Keine einfache Lösung in Sicht

Die SPD will an der von ihr vorgeschlagenen und vom Wahlausschuss abgestimmten Kandidatin festhalten. Es sei “wichtig, gemachte Zusagen einzuhalten”, sagte die
stellvertretende SPD-Fraktionsvorsitzende Sonja Eichwede in der ARD.
Brosius-Gersdorf sei Ziel einer “nie dagewesenen Hetzkampagne” geworden. Auch Brosius-Gersdorf selbst will sich Medienberichten zufolge nicht zurückziehen, aber schriftlich zu der Kampagne gegen sie äußern.

Eichwede schloss eine
Sondersitzung des Bundestags in der Sommerpause nicht aus, um die
gescheiterte Richterwahl zu wiederholen. Auch die für das Bundesverfassungsgericht vorgeschlagenen Richter Ann-Katrin Kaufhold und Günter Spinner sollen dann erneut zur Wahl in den Bundestag eingebracht werden. 

Bundesinnenminister Alexander Dobrindt (CSU) kündigte an, für eine Mehrheit auch Gespräche mit den Linken führen zu wollenHochrangige Rechtsexperten sahen nach der gescheiterten Wahl das Verfassungsgericht beschädigt, auch der Bundespräsident hatte sich besorgt geäußert.

Wissenschaftler stellen sich hinter Brosius-Gersdorf

Kritik am Umgang mit Brosius-Gersdorf äußerten zudem knapp 300 Rechtswissenschaftlerinnen und -wissenschaftler in
einem offenen Brief. “Im Richterwahlausschuss eine Kandidatin zunächst
zu bestätigen, um dann gegenüber ideologisierten Lobbygruppen und mit
Unwahrheiten und Diffamierungen gespickten Kampagnen zurückzurudern,
zeugt zumindest von fehlendem politischem Rückgrat und mangelnder
interner Vorbereitung”, heißt es darin.

Brosius-Gersdorf sei “eine hoch angesehene
Staatsrechtslehrerin”. Das sei “in Fachkreisen völlig unstreitig”. Alle Äußerungen, die
ihre wissenschaftliche Reputation infrage stellten, seien daher schlicht
unzutreffend und unsachlich.

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