Union-Politiker bei Markus Lanz: „Israel ist weltweit stromlos“ | ABC-Z

Die Geiselhaft ist vorbei, aber das Trauma ist es nicht. Am Anfang seiner Talkrunde am Dienstag hat Markus Lanz den Israeli Keith Siegel im Video einspielen lassen, der 480 Tage lang in der Gefangenschaft der Hamas war, angekettet im Tunnel und „fürchterliche Verhältnisse“ erduldend und der wieder in Freiheit immer noch verfolgt wird von den Erinnerungen und sein Sicherheitsgefühl im Alltag nicht wieder gewonnen hat. Ein Fortsetzungskrieg von Israel im Gaza gefährde die noch verbliebenen Geisel – von denen laut Schätzungen nur noch 20 am Leben sind – warnt Keith Siegel. Trumps Friedensplan, wie er wirkt und ob er eine Chance hat, das war das Thema bei Markus Lanz.
Angriff auf Katar „hat Trump persönlich genommen“
Dass es überhaupt zu Trumps Initiative gekommen ist, das führte die Studiorunde auch auf den Angriff von Israel auf Katar zurück, ein Land, in dem die USA eine wichtige Militärbasis hat und mit dem es gute Geschäfte macht. „Den Angriff hat Trump persönlich genommen“, meinte Elmar Theveßen, der USA-Korrespondent des ZDF. Von da an wurde der Druck auf Netanjahu erhöht. Wie nun aber der 20-Punkte-Plan von Trump in die Tat umgsetzt wird, das ist die große Frage. Der Teufel steckt bekanntlich im Detail.
„Wir haben da die Huhn-Ei-Problematik. Wer war zuerst“, meinte der Völkerrechtler Kai Ambos. Zum Beispiel bei der Demilitarisierung der Hamas und dem parallel vorgesehenen dreistufigen Abzug der Israelis aus dem Gaza. Da könne jederzeit eine Seite sagen, ihr seid noch nicht abgezogen, also lassen wir uns auch noch nicht entwaffnen – und umgekehrt. Im Großen und Ganzen aber ist die Trump-Initiative in der Studiorunde gelobt worden.
„Hamas muss aufhören zu existieren“
„Das Gute am Trump-Plan ist, dass er eine Besatzung des Gaza durch Israel ausschließt. Daran kann man arbeiten“,. meinte die Nahost-Expertin und Journalistin Sabine Adler („Deutschlandfunk“). Steve Witkoff, der Sonderbeauftragte im Kabinett von Trump, den sie beim Thema Ukraine oft kritisiere, habe da gute Arbeit geleistet. Es komme jetzt auf die israelische Regierung an, wie es weitergehe. Und an der ließ kaum einer im Studio ein gutes Haar. Sie sei im Gaza nicht dem Rat der eigenen Militärs gefolgt, berichtete Sabine Adler. Und mit ihrem harten Vorgehen gefährde sie das Judentum in der ganzen Welt, in Israel lebten sieben Millionen Juden, in den USA und anderen Ländern aber auch sieben Millionen und die seien durch den Gaza-Konflikt „auch in Mitleidenschaft“ gezogen.
Der CDU-Außenpolitiker Roderich Kiesewetter sah das ähnlich. Die israelische Gesellschaft sei traumatisiert, aber es gebe auch Kritik an und Zivilcourage gegenüber Premier Benjamin Netanjahu, dessen radikale Politik dazu geführt habe, dass Israel „weltweit ziemlich isoliert ist“. Kiesewetter glaubt als Fernziel an die friedliche Koexistenz Israels und eines palästinensischen Staates – ohne jegliche Mitwirkung der Hamas. Die müsse ihre „Vernichtungsabsicht“ gegenüber Israel aufgeben und müsse „aufhören zu exisitieren“. Wobei der Völkerrechtler Ambos bemerkte, dass es eigentlich nur zwei Kräfte gebe, die die Hamas bekämpfen könnten: erstens die Israelische Armee, zweitens die Palästinenser selbst.
ZDF-Korrespondent in Israel: „Gesellschaft ist erschöpft“
Aber zurück zur Entfremdung der israelischen Regierung mit der Weltgemeinschaft. Von ihr berichtete auch der US-Korrespondent Theveßen. Er zitierte die Ergegnisse einer Umfrage unter jüdischen Amerikanern, die die fehlende Akzeptanz des israelischen Vorgehens im Gaza unterstrich: Demnach sagen 98 Prozent, dass die Hamas schuldig sei am neuen Gaza-Konflikt, aber 61 Prozent der amerikanischen Juden sagen auch, dass Israel im Gaza Kriegsverbrechen begehe und immerhin 39 Prozent sind der Ansicht, dass Israel im Gaza einen Völkermord verübe. Aber wie fühlt die israelische Gesellschaft sich selbst am Jahrestag des Hamas-Massakers? „Ich nehme die Gesellschaft hier als sehr erschöpft wahr“, berichtete der ZDF-Korrespondent Thomas Reichart aus Tel Aviv. Alle Blicke richten sich derzeit auf Kairo, wo mit der Hamas noch verhandelt wird.
Kurz gestreift worden ist dann noch der Krieg, der den Europäern auf den Nägeln brennt: Die Drohnenattacken auf Dänemark und Litauen sind nach Erkenntnissen von Kiesewetter mutmaßlich von russischen Schiffen in der Nord- und Ostsee ausgegangen, da habe es sich um zwei bis zweieinhalb Meter lange Flugkörper gehandelt. Man sei noch nicht im Krieg, aber man bereite sich darauf vor, ihn zu verhindern, sagte Kiesewetter. Er war der Ansicht, man möge in Deutschland den sogenannten Spannungsfall ausrufen, der auch eine Aktivierung der Wehrpflicht erleichtert.

















