Union Berlin mit Abschlussproblemen: Bundesliga-Team mit den wenigsten Toren – Sport | ABC-Z

Weitgereisten Experten zufolge hat Island weit weniger Fußball-Koryphäen aufzuweisen als Mythen und Sagen; zur Theorie des Sports aber hat, immerhin und durchaus überraschend, die überaus legendäre Sängerin Björk, 59, etwas beigetragen. Der Fußball müsse verstanden werden als „ein Fruchtbarkeitsfest“, sagte Björk und bemühte sodann eine Metapher, die weniger an den Kampf auf dem Hochmoor, den weisen Njal oder auch Kormak, den Liebesdichter erinnerte. Sondern an die siebte und letzte Szene aus dem Filmklassiker „Was sie schon immer über Sex wissen wollten, aber bisher nicht zu fragen wagten“; Woody Allen legt da einen legendären Aufritt im weißen Ganzkörperkostüm hin. Warum wir damit beim Spiel 1. FC Union Berlin gegen RB Leipzig vom Samstag wären? Weil es mit einem 0:0-Unentschieden endete, damit auch ein neuerlicher Nachweis war der seit Saisonbeginn währenden Köpenicker Sterilität – und das nachgerade perfekte Antonym zu Björks lebensbejahender Fußballdeutung („Elf Spermien versuchen, in die Eizelle zu gelangen. Mir tut der Torwart leid“).
So wie alle anderen Mannschaften hat auch Union in der laufenden Spielzeit 20 Partien bestritten, sich dabei aber ein Alleinstellungsmerkmal erarbeitet: Union ist das Bundesliga-Team mit den wenigsten Torerfolgen. Gerade einmal sechzehn (in Zahlen: 16) Treffer stehen bei Union zu Buche, das heißt: 0,8 Tore pro Partie. Schaut man sich in den fünf großen Ligen Europas (und in der zweiten deutschen Liga) um, so finden sich nur eine Handvoll Teams, die eine schlechtere Torquote aufweisen als Union, die meisten von ihnen sind Tabellenletzte. Das gilt für England (FC Southampton/0,75 Tore pro Partie), Spanien (Real Valladolid/0,68), Frankreich (AC Le Havre/0,74) und Deutschlands zweite Liga (Jahn Regensburg/0,60). Die Köpenicker hingegen? Haben sieben Punkte Vorsprung auf den Relegationsplatz und einen Puffer von neun Zählern zum ersten Abstiegsplatz – trotz der andauernden Baisse vor gegnerischen Toren.
Das ist tatsächlich in erster Linie eine Frage der Abschlusspräzision, wie auch gegen das offensiv enttäuschende Leipzig zu sehen war.„Die Möglichkeiten sind ja da!“, klagte Union-Trainer Steffen Baumgart, als er gebeten wurde, die Null auf der Anzeigetafel zu kommentieren. Und wahrlich, Baumgart hatte recht. Unter der Regie der offensiven Mittelfeldspieler Janik Haberer und Laszlo Benes kam Union gegen RB zu beachtlichen 21 Schüssen, von denen immerhin sechs die Baumgart’schen Grundanforderung erfüllten. Die Bälle flogen zwar nicht in, wohl aber auf das 7,32 mal 2,44 Meter große Zielobjekt. Und auch wenn das nicht gerade tief empfundene Befriedigung auslöste, so schien Stürmer Benedict Hollerbach doch das Gefühl nach Hause zu tragen, seine Mission erfüllt zu haben.
Am Sonntag bestätigte Union die Verpflichtung des kroatischen Stürmers Marin Ljubicic
„Die goldene Regel ist: das Tor treffen“, verriet Hollerbach nämlich, „die nächste Regel ist: den Ball platzieren.“ Dass Hollerbach sich die Erfüllung der „nächsten“ Regel für dereinst aufhob, gereichte nicht nur dem Köpenicker Kampf um drei Punkte zum Schaden, sondern auch dem Leipziger Tormann Peter Gulacsi. Als Hollerbach den Ball in der zweiten Halbzeit aus günstiger, weil zentraler Position aufs Tor drosch, blieb Gulacsi gar keine Reaktionsmöglichkeit mehr. Die Folge: Der Ungar bekam den Ball so formidabel auf die Zwölf geschossen, dass ihm auch anderntags noch „ein wenig der Schädel brummte“, wie es am Sonntag in der Leipziger RB-Zentrale hieß. Mehr noch: Es ließ sich sogar erörtern, ob in Gulacsis Hirn nach Hollerbachs Schuss ein paar Lappen vorübergehend nicht ganz schulbuchmäßig verortet, sondern durcheinandergeraten waren. Gulacsi jedenfalls ließ in der Nachspielzeit im Luftkampf am Fünfmeterraum einen Ball fallen – und konnte von Glück reden, dass Jordan Siebatcheu diesen nicht mehr über die Linie gestochert bekam. Jordan war, aber das nur am Rande, für Sommerzugang Ivan Prtajin eingewechselt worden, der wiederum den ersten Startelf-Einsatz der Saison feierte.
Baumgart gab sich in der Pressekonferenz recht angetan von Prtajin; er dürfte sich aber nicht nur klammheimlich darüber freuen, dass Sportgeschäftsführer Horst Heldt auch erfolgreich nach Offensivkräften fahndet. Am Sonntag bestätigte Union die Verpflichtung des kroatischen Stürmers Marin Ljubicic, 22, vom Linzer ASK, er schoss dort in 16 Spielen vier Treffer, im Raum steht eine stolze Ablöse von angeblich knapp fünf Millionen Euro. Zudem steht laut Badischer Zeitung ein Wechsel des nunmehr 30-jährigen Maximilian Philipp vom SC Freiburg unmittelbar bevor. Allein: Das Leistungsvolumen des früheren U21-Europameisters ist unbekannt. Philipps letzter Startelf-Einsatz datiert vom Oktober 2023, sein letztes Bundesligator liegt noch länger zurück.