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Ungeziefer in der Wohnung: Welche Rechte und Pflichten Mieter haben – Stil | ABC-Z

Insekten haben das Pech, dass ihr Ansehen schnell leidet, wenn sie sich an den falschen Ort begeben. Ist ein Falter in „Rettet die Bienen“-Zeiten im Garten ein willkommener Gast, wird er beim Flug ins Wohnzimmer plötzlich ein Fall für den Kammerjäger. Mäuse, Spinnen, Krabbelkäfer – in der Wohnung sind viele Tiere nicht besonders willkommen.

Nun sind die Sensibilitäten der Menschen sehr unterschiedlich ausgeprägt. Während manche in Seelenruhe eine Schwarze Witwe über ihre Arme krabbeln lassen, springen andere beim Anblick einer fünf Millimeter kleinen Hausspinne schreiend auf den nächsten Hocker. „Wenn sich mal ein paar Insekten in die Wohnung verirren, ist das noch kein Schädlingsbefall“, sagt Inka-Marie Storm, Chefjustiziarin beim Verband Haus und Grund Deutschland. Ein Mieter, der innerhalb eines halben Jahres insgesamt 27 Ameisenbesuche protokollierte, blitzte vor dem Amtsgericht daher auch ab (Az. 213 C 548/97). „Ein Ungezieferbefall liegt nur dann vor, wenn es eine Regelmäßigkeit und auch eine größere Anzahl an Tieren gibt“, erklärt Storm. Im Fall der Ameise sei das zum Beispiel eine Ameisenstraße. Auch wenn Mäuse oder Kakerlaken häufig und in größerer Anzahl herumkrabbeln, gilt das nach Auffassung der Amtsgerichte als erheblicher Mangel.

„Gibt es einen klaren Befall, sollten Mieter sofort dem Vermieter Bescheid geben“, sagt Storm. Das gelte insbesondere dann, wenn sogenannte Hygieneschädlinge wie Ratten durch die Wohnung oder das Müllhäuschen laufen. Aber auch für andere Nagetiere und Insekten, die sich durch Mauern und Wände graben. Melden Mieter den Befall sehr spät, machen sie sich unter Umständen schadenersatzpflichtig.

Ist die Wohnung unstrittig ein Fall für den Kammerjäger, wird es nicht nur für die Tiere, sondern auch für die Juristen heikel. Wer die Kosten für die Schädlingsbekämpfung tragen muss, ist nämlich nicht so leicht zu beantworten. Eindeutig ist die Sache, wenn der Mangel in der Immobilie liegt, das Haus also etwa offene Rohre oder kleine Löcher im Mauerwerk hat. Dann muss der Vermieter den Mangel beheben und auch für die Kosten aufkommen.

Schleppt der Mieter dagegen die Insekten ein, wird die Lage unübersichtlich. Es gibt kaum höherinstanzliche Urteile, weil die Streitparteien vor hohen Prozesskosten zurückschrecken. „Gutachten zu der Ursache von Schädlingen können schnell teuer und aufwendig werden“, sagt Rechtsexpertin Storm. Und oft lasse sich überhaupt nicht nachweisen, ob ein Käfer nun durchs Fenster geflogen oder mit den Mietern ins Haus gekommen sei. Weil Gutachten an ihre Grenzen stoßen, liegt die Schädlingsbekämpfung meist in der Verantwortung des Vermieters. Er muss im Rahmen seiner Instandhaltungspflichten schließlich dafür sorgen, dass die Wohnung keinen erheblichen Mangel aufweist.

Hat der Mieter dagegen nachweislich über Lebensmittel oder Kleidung Insekten in die Wohnung eingeschleppt, muss er nach Auffassung einiger Amtsgerichte auch für die Beseitigung bezahlen. Anders urteilte dagegen das Amtsgericht Stuttgart. In dem Fall kamen Sachverständige zwar zu dem Ergebnis, dass die Bettwanzen mit hoher Wahrscheinlichkeit durch Einkaufstaschen oder Gepäckstücke in die Wohnung gelangt waren. Um die Beseitigung der Schädlinge müsse sich dennoch der Vermieter kümmern. Das Einbringen von Taschen in die Wohnung gehöre schließlich zum bestimmungsgemäßen Gebrauch der Mietsache und könne dem Mieter nicht vorgeworfen werden. Das Gericht billigte dem Mieter auch eine Minderung von 60 Prozent zu (Az. 35 C 5509/19).

Auch bei anderen Schädlingen darf die Miete gemindert werden. Gerichte billigten 25 Prozent weniger Miete bei erheblichem Mottenbefall zu (AG Bremen, Az. 25 C 0118/01), 80 Prozent bei Ratten in der Wohnung (AG Dülmen, Az. 3 C 128/12) oder zehn Prozent bei Kakerlaken. Zwei bis vier Silberfischchen pro Tag rechtfertigen laut Landgericht Berlin keine Mietminderung (Az. 67 S 173/04), bei etwa 20 Exemplaren pro Tag haben Amtsgerichte aber etwa 15 bis 20 Prozent zugestanden. Ist die Wohnung wegen eines vollständigen Ungezieferbefalls unbewohnbar, muss gar keine Miete gezahlt werden.

„Mieter müssen aber auch darauf achten, dass sie keine Schädlinge anlocken“, betont Storm. Dazu gehöre etwa, nicht offen Müll herumstehen zu lassen. Bei Tauben spielt es keine Rolle, ob man sie für Tiere des Friedens oder Ratten der Lüfte hält. Vermieter dürfen das Füttern der Wildvögel verbieten.

Der Autor hat Spinnen in der Wohnung, Ameisen auf dem Balkon und eine Taube auf dem Dach.
Der Autor hat Spinnen in der Wohnung, Ameisen auf dem Balkon und eine Taube auf dem Dach. (Foto: Bernd Schifferdecker)
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