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Analytiker, Schweiger, Transferguru: So agieren Fußball-Fans während der Sommerpause auf Social Media | ABC-Z

Analytiker, Schweiger, Transferguru

So agieren Fußball-Fans während der Sommerpause auf Social Media


Bild: imago images/Tim Rehbein

Social Media ist längst zu einer Verlängerung der Zuschauerränge geworden im Fußball. Doch was tun und posten die Fans, wenn der Lieblingsverein gerade nicht spielt? Ein Überblick. Von Ilja Behnisch

Der Transferguru

Lebt mietfrei im Forum von transfermarkt.de und könnte sich schon wieder aufregen, dass das Gerücht über den tschechischen Linksaußen bei 64 Prozent Wahrheitsgehalt liegen soll. Weiß doch jeder, dass die Frau seines Beraters gestern laut Flightradar24 in einem Privatjet nach Liverpool unterwegs war. Kann also gar nicht sein, dass er nach Deutschland wechselt. Außerdem war im zwei Minuten 13 Sekunden langen Highlight-Video des Tschechen zu erkennen, dass er überhaupt nicht zum auf inverse Flügel angelegten System des Coaches passt. Und ohnehin berichtet diese eine bosnische Internetseite, dass sich der Klub längst mit einem serbischen Linksaußen einig sei. Also sofern die Google-Übersetzung korrekt ist. Gern gebrauchter Hashtag: #TRUE #HEREWEGO

Der Alternativ-Fan

Der Mensch, das macht ihn bekanntlich so erfolgreich, kann sich anpassen. So wie diese Art von Fußball-Fan, der mit dem Abpfiff des letzten Saisonspiels seines Lieblingsklubs in die Mimese geht und nun ganz genau weiß, worauf es bei den French Open oder auf dem heiligen Tennis-Rasen von Wimbledon ankommt, wer Anwärter Nummer eins auf das weiße Trikot für den besten Nachwuchsradfahrer bei der Tour de France ist oder warum Silverstones “Maggots and Becketts” verdammt nochmal einer der anspruchsvollsten Hochgeschwindigkeitsabschnitte im Formel-Eins-Kalender ist. Der Alternativ-Sportler ist Experte für alles. Kann auch ungefragt erklären, was ein Mansplainer ist. Gern gebrauchter Hashtag: #Pogacar

Der Schweiger

Kann die Spiele seines Herzens-Vereins meistens nur allein daheim schauen. Frau, Kind, Diesdas. Und irgendwo muss das Empfundene ja doch hin. Dafür aber wurde das Internet schließlich einst erfunden. Weshalb es diese Art Fan nicht stört, dass auch sein 5.381. Post zu einem Spiel seines Klubs nicht über zwei Likes hinaus kommt. Und weil es ihm also nur um Katharsis geht, ist eben auch Stille auf seinen Accounts, sobald der Ball ruht. Einzige Ausnahme: Teilt ohne weiteren Kommentar den Beitrag dieser einen Seite, die seinen Klub in der Saisonprognose als mögliches Überraschungsteams führt. Gern gebrauchter Hashtag: #Isso

Der Sentimentale

Für ihn ist Fußball das größte Lagerfeuer der Welt. Erfunden, um Menschen darum zu versammeln, um einander Herzenswärme zu schenken. Ob im Trost oder Jubel – Hauptsache ganz viel Gefühl. Und weil es blöd ist, wenn nichts ist, muss man darauf zurückgreifen, was war. Hauptsache leben. Zur Not eben in der Vergangenheit. Weshalb diese Art Anhänger sich auch durch die Vereinsannalen wühlt und Snippets, Fotos oder Artikel postet von damals, als man was gefühlt hat. “Könnte ich mir immer wieder anschauen”, heißt es dann. Was lustig ist, weil er es sich immer wieder anschaut. Gern gebrauchter Hashtag: #Gänsehaut

Der Private

Auch schön am Fußball: Dass er Menschen zusammenbringt, die einander sonst kaum begegnen. Wobei es gern mal eine Sommerpause braucht, zu verstehen, wem man da überhaupt begegnet ist. Dann, wenn aus dem Geposte über das Gekicke plötzlich das Geposte aus dem Privaten wird, weil irgendwas muss man ja posten. Aha, Camping in der Bretagne. Schicker Camper auch! Ach was, zwei Kinder? Aber wichtig ist eh, dass auch in der Sommerpause Flagge, respektive Trikot gezeigt wird. Spannt bisschen. Aber was soll’s. Gern gebrauchter Hashtag: #NoFilter

Der Analytiker

Fordert vielfach und energisch dazu auf, doch bitte auf die kurz nach Saisonende gelegte Mitgliederversammlung des Lieblingsklubs zu gehen, weil die Zukunft des Vereins auf den Fluren der Geschäftsstelle entscheiden wird und es endlich mal Schluss sein muss mit der lähmenden Provinzialität!!1! – Gut, man selbst könne jetzt nicht kommen, der Hund der Nichte muss gebadet werden. Aber so geht’s doch nicht weiter! Nutzt die Sommerpause ansonsten für viele schöne Schaubilder über Fußball-Taktik und erkennt in der Vorbereitung auf das erste Testspiel der kommenden Saison einen möglichen Gamechanger in der vertikaleren Anordnung des ballfernen Zehners. Hat nie im Verein gespielt oder jemals einen Gedanken daran verschwendet, wie man sauber einen Ball stoppt. Dafür bei seinem liebsten Computerspiel, “Football Manager”, Platz 4.113 belegt für eine Saison in der Bundesliga. Gern gebrauchter Hashtag: #PepMasterclass

Sendung: rbb24, 30.05.2025, 22 Uhr


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