UN-Sicherheitsrat: UN-Menschenrechtschef kritisiert Pager-Angriff | ZEIT ONLINE | ABC-Z
Der UN-Hochkommissar für Menschenrechte, Volker Türk, hat den Israel zugeschriebenen Angriff mit Hunderten explodierenden Pagern und Funkgeräten im Libanon in die Nähe eines Kriegsverbrechens gerückt. “Wenn der Angreifer nicht in der Lage ist, die Vereinbarkeit des Angriffs mit den verbindlichen Regeln des Völkerrechts, insbesondere den wahrscheinlichen Auswirkungen auf die Zivilbevölkerung, zu beurteilen, sollte der Angriff nicht durchgeführt werden”, sagte Türk bei einer Dringlichkeitssitzung des UN-Sicherheitsrats wegen der Angriffe im Libanon.
Türk sagte zudem: “Das humanitäre Völkerrecht verbietet den Einsatz von Sprengfallen in Form scheinbar harmloser, tragbarer Gegenstände, die speziell dafür entwickelt und konstruiert wurden, explosives Material zu enthalten. Gewalt mit der Absicht, Terror unter der Zivilbevölkerung zu verbreiten, ist ein Kriegsverbrechen.”
Libanon wirft Israel “Terrorismus” vor
Bei der Dringlichkeitssitzung warf der Libanon der israelischen Regierung “Terrorismus” vor. Außenminister Abdallah Bou Habib sagte, die Explosionen, bei denen am Dienstag und Mittwoch in zwei Wellen 37 Menschen getötet und fast 3.000 verletzt worden waren, seien “eine nie da gewesene Methode der Kriegsführung, die durch ihre Brutalität und ihren Terror besticht”. Sie seien ausgelöst worden, “ohne Rücksicht darauf, wer sie trägt oder wer sich um sie herum befindet”.
Bou Habib warnte angesichts der schweren Spannungen zwischen Israel und der Hisbollah-Miliz vor einer weiteren Eskalation. “Entweder zwingt dieser Rat Israel, seine Aggression einzustellen”, sagte er in New York, “oder wir werden stumme Zeugen der großen Explosion sein, die sich heute am Horizont abzeichnet.” Bevor es zu spät sei, “müssen Sie verstehen, dass diese Explosion weder den Osten noch den Westen verschonen und uns ins dunkle Zeitalter zurückwerfen wird”.
Israel schließt weitere Angriffe nicht aus
Der israelische UN-Botschafter Danny Danon warf dem libanesischen Außenminister wiederum vor, in seiner Rede vor dem Sicherheitsrat den Namen der Hisbollah nicht einmal genannt zu haben. “Sie haben einer Terrororganisation erlaubt, einen Staat zu gründen, einen Staat innerhalb Ihres Staates, der Ihr eigenes Volk ins Verderben bringt. Anstatt uns, Ihren friedlichen Nachbarn, die Schuld zu geben, sollten Sie jetzt Maßnahmen ergreifen, um die Hisbollah einzudämmen”, sagte der Diplomat.
Danon betonte, dass der Libanon und seine Regierung nicht das Problem in dem Konflikt seien. Zusammen könne man eine Lösung finden. Das Problem sei aber die Hisbollah.
Israel habe “nicht die Absicht, einen Krieg mit der Hisbollah im Libanon zu beginnen, aber wir können so nicht weitermachen”, sagte Danon. Sein Land bevorzuge eine diplomatische Lösung und wolle eine weitere Eskalation verhindern. Israel hat weitere Angriffe auf die libanesische Miliz nicht ausgeschlossen. “Wir werden nicht zulassen, dass die Hisbollah ihre Provokationen fortsetzt. Die Aktionen verstoßen gegen das Völkerrecht, und Israel wird sich verteidigen”, sagte Danon.
Die Leiterin der Abteilung für politische Angelegenheiten der Vereinten Nationen, Rosemary DiCarlo, forderte alle Länder mit Verbindungen zu Israel und der libanesischen Hisbollah auf, ihren Einfluss für eine Deeskalation geltend zu machen. “Wir riskieren hier einen Flächenbrand, der selbst die bisherigen Verwüstungen und Leiden in den Schatten stellen könnte”, sagte DiCarlo.
Der fast tägliche gegenseitige Beschuss zwischen Israel und der libanesischen Hisbollah-Miliz seit Beginn des Gazakriegs vor fast einem Jahr hat sich zu einem niedrigschwelligen Krieg entwickelt. Die Hisbollah ist eine vom Iran finanzierte und ausgebildete Miliz und gilt als starke politische Macht im kurz vor dem Kollaps stehenden Libanon. Sie handelt nach eigener Darstellung aus Solidarität mit der islamistischen Hamas im Gazastreifen.