Umweltschutz und Bekämpfung des Klimawandels: 7 Fortschritte im Jahr 2024, die Hoffnung machen | ABC-Z
Hand aufs Herz: Es ist schwer geworden, den Überblick zwischen traurigen Hitzerekorden, Überschwemmungen durch Starkregen, Atlantik-Anomalie und der US-Wahl zu behalten. Doch tatsächlich gab es in diesem Jahr einige bahnbrechende Entwicklungen, die uns allen Hoffnung machen sollten.
1. Fortschritt für die Umwelt: Kohle-Aus in England
Dort, wo das industrielle Zeitalter seinen Anfang nahm, wurde auch das Ende eingeläutet:
Am 30. September wurde das letzte verbliebene Kohlekraftwerk in England abgeschaltet. Damit ist das Vereinigte Königreich nicht nur Deutschland zehn Jahre voraus, sondern unterschreitet auch den eigenen Zeitplan um ein Jahr. Nachdem die Kohleverbrennung 1882 in England ihren Anfang nahm und sich schließlich weltweit verbreitete, kam nun also ihr Ende – zumindest für das Vereinigte Königreich.
Was genau mit dem Kohlekraftwerk in der Gemeinde Ratcliffe-on-Soar passieren soll, ist laut der britischen „BBC“ noch unklar : Die Anlage wird erstmal einen zweijährigen Stilllegungsprozess durchlaufen müssen, bis eine Weiternutzung möglich ist. Denkbar wäre allerdings, das Gelände in eine Batteriespeicheranlage umzubauen – so geschehen bei Ferrybridge C, einem ehemaligen Kohlekraftwerk, das nun Speicherkapazitäten von etwa 150 Megawatt besitzt. Auch eine Produktionsanlage für grünen Wasserstoff wäre möglich.
2. Weltweiter Boom beim Ausbau erneuerbarer Energien
Bereits 2023 schloss Deutschland mit einer Mehrheit erneuerbarer Energien an der Stromerzeugung ab – und der Trend setzte sich in diesem Jahr weltweit fort : In den USA wurde erstmals mehr Strom aus Wind und Solar als aus Kohle erzeugt, China baut so viel erneuerbare Energien wie der Rest der Welt aus und im Oktober prognostizierte die Internationale Energieagentur (IEA), dass bis Ende dieses Jahrzehnts soll die Hälfte des Strombedarfs aus erneuerbaren Quellen stammen.
Die Entwicklung schreitet derart schnell voran, dass IEA-Chef Fatih Birol im Oktober gar das „Zeitalter der Elektrizität“ und das Ende von Öl und Kohle proklamierte. Entscheidend dafür waren weniger politische Maßnahmen und mehr wirtschaftliche Gründe: Die Preise für Wind- und Solarenergie fallen kontinuierlich, was sie zunehmend zur kostengünstigsten Option macht und den Ausbau vorantreibt.
Ein wesentlicher Faktor im weltweiten Ausbau erneuerbarer Energien ist China – trotz der nach wie vor aktiven Kohlekraftwerke: Bis 2030 soll das Land rund die Hälfte der weltweiten Stromerzeugungskapazitäten ausmachen. Schon jetzt erzeugt China so viel
Solarstrom wie der Rest der Welt zusammen.
Ein paar Hürden gibt es allerdings noch: Globale Krisen bremsen den Ausbau und vielen ärmeren Ländern fehlen die finanziellen Mittel, um in einem ähnlichen Tempo voranzugehen.
3. Deutschland wird zum Methan-Jäger
Nachdem 2023 bereits der „Methan-Pledge“ beschlossen wurde, folgte in diesem Jahr auf der Klimakonferenz in Baku der nächste Schritt: Das internationale Methan-Observatorium (IMEO) trackt trackt Methanlecks nun mittels Satelliten aus dem All – und versucht so, Verschmutzern auf die Spur zu kommen. Wird ein Leck entdeckt, kontaktiert das Observatorium anschließend die Verantwortlichen. Zu den Ländern, die auf Lecks aufmerksam gemacht wurden, gehören unter anderem Aserbaidschan und Algerien. Auch das deutsche Bundeswirtschaftsministerium (BMWK) beteiligt sich aktiv als Methanjäger und schreibt Emittenten an – die Resonanz ist allerdings bislang sehr gering, erklärte BMWK-Staatssekretär Stefan Wenzel auf der Weltklimakonferenz im November in Baku.
Methan gilt als „leiser Klimakiller“: Es trägt 80-mal stärker zum Treibhauseffekt bei als CO2 und hat eine höhere Konzentration in der Atmosphäre. Verantwortlich sind vor allem die Landwirtschaft sowie Öl- und Gasförderung, wo häufig unentdeckte Methanlecks auftreten. Die Reduzierung der Methankonzentration gilt als eine der schnellsten und günstigsten Möglichkeiten, um die globale Erwärmung zu stoppen.
4. Weniger Entwaldung am Amazonas
Obwohl der Zustand der deutschen Wälder überaus alarmierend ist
Zustand der deutschen Wälder überaus alarmierend ist, geht zumindest die Entwaldung am Amazonas zurück: Schon zum neunten Jahr in Folge wird weniger des riesigen Waldgebietes abgeholzt. Zwar ist Brasilien nach wie vor das Land mit der höchsten Abholzung, allerdings hat es seit Amtsübernahme von Präsident Luiz Inácio Lula da Silva Fortschritte gegeben: In diesem Jahr sank die Entwaldung bis Juli um 30 Prozent, nachdem diese bereits im Vorjahr um zwei Drittel gesunken war.
Das ist deshalb wichtig, weil der Amazonas-Regenwald als ein Kippelement gilt: Gerät dieses System aus dem Gleichgewicht – beispielsweise durch Dürre, Entwaldung oder eben Waldbrände – wird es sich unumkehrbar verändern und möglicherweise weitere Konsequenzen nach sich ziehen, die sich wiederum auf andere Kippelemente auswirken. Systeme wie der Amazonas sind aber elementar wichtig, da die dazugehörigen Ökosysteme ohne sie nicht existieren können.
5. Milliarden-Deal auf der Klimakonferenz
Für die Maßnahmen, um den Klimawandel aufzuhalten und sich anzupassen, werden nicht mehr nur Milliarden benötigt, sondern Billionen – so viel war bereits klar, als sich die Weltgemeinschaft im November zur Weltklimakonferenz in Baku traf. Ebenfalls klar: Eine Einigung wird schwierig, denn die Fronten waren hart: Die Entwicklungs- und Schwellenländer forderten Billionengelder von den Industrienationen – denn diese trügen die historische Verantwortung für den Klimawandel und hätten am meisten davon profitiert. Die wiederum hielten dagegen: Diese Summen sind schlichtweg nicht stemmbar, vor allem nicht aus den Budgets der einzelnen Länder.
Dass man sich schlussendlich auf 300 Milliarden Dollar jährlich statt der geforderten 1,3 Billionen einigte, nahmen Entwicklungs- und Schwellenländer wie Indien oder Panama nur mit großer Wut und unter Kritik hin. In Anbetracht dessen, dass es sich um mehr Geld als die bislang vereinbarten 100 Milliarden handelt und die Fronten dermaßen verhärtet waren, ist es als Erfolg zu werten, dass es überhaupt zu einer Einigung kam.
6. Deutschland schafft historischen CO2-Rückgang
Nicht nur beim Ausbau erneuerbarer Energien ist Deutschland vorangekommen, sondern auch bei der Reduzierung der CO2-Emissionen: Noch nie seit der Wiedervereinigung hat Deutschland seine CO2-Emissionen so stark innerhalb eines Jahres reduziert. 2023 wurden knapp 76 Millionen Tonnen Treibhausgase weniger emittiert. Verantwortlich ist vor allem der Energiesektor: Deutschland vollzieht den Kohleausstieg und ersetzt diese durch erneuerbare Energien, die – verglichen mit Braun- und Steinkohle – außerdem stetig günstiger werden.
Hinzu kommt, dass die Deutschen im abgelaufenen Jahr weniger Energie verbrauchten als noch 2022. Verantwortlich dafür sind mehrere Faktoren, wie beispielsweise effizientere Geräte, bewussteres Stromsparen, aber auch der eher unerfreuliche Produktionsrückgang in der Industrie.
7. Die „Klima-Seniorinnen“ und ihr historischer Sieg
2024 zogen gleich mehrere Aktivistinnen und Aktivisten vor den Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) für die sogenannten „Klima-Klagen“ :
Der EGMR in Straßburg befand die Klagen des Oberbürgermeisters und der jungen Portugiesen für unzulässig – aber die Große Gerichtskammer gab der Klage der Klima-Seniorinnen statt . Unter dem von Greenpeace unterstützten Verein hatten knapp 2.000 Schweizer Seniorinnen geklagt, die ihre Menschenrechte verletzt sahen, weil die Staaten sich nicht ausreichend gegen den Klimawandel einsetzten.
Das Urteil wurde als großer Erfolg bewertet. Der EGMR betonte darin, dass die Staaten für die negativen und lebensgefährlichen Konsequenzen des Klimawandels verantwortlich seien und dementsprechend auch für Gesundheit und Lebensqualität der Klima-Seniorinnen verantwortlich gemacht werden können.
Rechtlich bindend ist das Urteil zunächst nur für die Schweiz – es könnte aber zu einem Präzedenzfall werden und gibt eine große Signalwirkung, auch für Deutschland. In Deutschland unterstützte zum Beispiel die Deutsche Umwelthilfe (DUH) eine ähnliche Klage von neun Jugendlichen und jungen Erwachsenen gegen die Bundesregierung.
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