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DFB-Frauen in der Nations League: – Sport | ABC-Z

Bevor der Bundestrainer sich in Düsseldorf in den Feierabend verabschiedete, wollte er noch etwas loswerden. Sein Team, sagte Christian Wück, wolle diesen Hype und diesen Enthusiasmus aus der Europameisterschaft in der Schweiz beibehalten. Dafür brauche es starke Spielerinnen und junge Spielerinnen, eben „eine gute Mischung im Team“. Dass es gerade zufriedenstellend läuft, machte er an ein paar Ergebnissen aus den vergangenen Tagen fest. Die U17 hatte mit 2:1 gegen Belgien in der EM-Qualifikation gewonnen, die U19 mit 3:0 gegen Norwegen, die U23 mit 5:0 gegen England. Und dann war da ja noch das 1:0 der Frauen gegen Frankreich im Halbfinal-Hinspiel der Nations League. „Wir haben das perfekte Wochenende gehabt“, bilanzierte er vergnügt, auch wenn das Wochenende erst bevorstand.

Christian Wück kommt beim Deutschen Fußball-Bund (DFB) aus dem Jugendbereich, mit den U17-Junioren ist er 2023 Europa- und Weltmeister geworden. Den Blick auf den Nachwuchs hat er allein schon aus alter Gewohnheit gerichtet – und musste das für seine im Sommer 2024 begonnene neue Aufgabe beibehalten. Sein Erfolg als Bundestrainer ist schließlich auch davon abhängig, dass talentierte Fußballerinnen nachkommen. Und da gibt es im internationalen Vergleich Luft nach oben. „Wir sind viel am Überlegen, wie wir den Frauenfußball entwickeln können, auch in der Talentförderung“, sagte Wück. „Wir müssen Talente ausbilden, wir haben jetzt schon sehr viele Talente in die A-Mannschaft eingefügt. Wenn das so weitergeht, dann passt das.“

Das einzige Tor gegen Frankreich hatte zwar ein im besten Fußballalter steckendes Talent geschossen: Klara Bühl, 24, in Länderspielen gemessen mit 73 Einsätzen das drittälteste Mitglied des aktuellen Kaders. Diese Partie stand auch im Zeichen der Rückkehr von Kapitänin Giulia Gwinn nach ihrer beim EM-Auftakt erlittenen Innenbandverletzung. Die Scheinwerfer suchten aber ebenso jene Spielerinnen aus der Startelf, die qua Jahrgang genauso mit der U23 vor 3129 Zuschauern in Fulda hätten spielen können, statt am Freitagabend mit den DFB-Frauen vor 37 191 in Düsseldorf und diesen Dienstag (21.10 Uhr, ZDF) auch beim Rückspiel im nordfranzösischen Caen dabei sein werden: Franziska Kett, 21, Camilla Küver, 22, und Carlotta Wamser, bis Samstag noch 21. Sie lieferten neues Material dafür, wie gut die fußballerische Integration der nächsten Generation unter Wück läuft.

Bei Franziska Kett spricht Bundestrainer Wück nach dem Frankreich-Spiel von einer „toptoptop Leistung“

Beobachter, die sich noch vor nicht allzu langer Zeit eher skeptisch zeigten, dürften inzwischen angetan sein vom Potenzial, das allein Kett und Wamser zeigen. Erinnert sei an den März dieses Jahres, als Wück für die Nations-League-Spiele gegen Schottland mit der Nominierung von Kett überraschte. Zu einem Zeitpunkt, als sie beim FC Bayern nach einer Sprunggelenksverletzung kaum eingesetzt wurde. Doch Wück war überzeugt, er wollte ihre „Dynamik und Explosivität“ auf der linken Außenverteidigerposition testen. Eigenschaften, die ihn dann auch bei folgenden Partien dazu bewegten, die Münchnerin der erfahrenen Felicitas Rauch oder Carolin Simon vorzuziehen, worum sich ein gewisser Eklat entwickelte.

Im Sommer waren Kett und Wamser die Entdeckungen der EM. Beide stachen hervor als unermüdliche Arbeiterinnen, die sich verlässlich reinwarfen auf dieser großen Bühne. Bei Wamser kam das ganz plötzlich. Sie profitierte, wenn man so will, vom enormen Rückschlag gleich zum Start, als Gwinn sich so schwer am Knie verletzte, dass das Turnier für sie gelaufen war. Kett bewies sich vor allem im dramatischen Viertelfinale gegen Frankreich bei ihrem EM-Debüt mit einer Spielweise, die sie korrekt schlussfolgern ließ: „Ich denke, die Französinnen waren schon genervt von mir.“ Das kann Kett gut, Gegnerinnen nerven. Eklig sein eben, wie sie sich selbst beschreibt. Neben Jule Brand wurde Kett von der Uefa als einzige Deutsche ins Team des Turniers gewählt.

Lob vom Bundestrainer: Christian Wück schlägt mit Carlotta Wamser (Mitte) und Franziska Kett (li.) nach dem Hinspiel-Sieg gegen Frankreich ein.
Lob vom Bundestrainer: Christian Wück schlägt mit Carlotta Wamser (Mitte) und Franziska Kett (li.) nach dem Hinspiel-Sieg gegen Frankreich ein. (Foto: Alex Bierens de Haan/Getty Images)

Das Vertrauen des Bundestrainers haben Kett und Wamser bislang bestätigt. Bei Kett sprach Wück nach ihrem sechsten und bisher wohl besten Auftritt für die Auswahl von einer „toptoptop Leistung“, mit einer „Geschwindigkeit, wie nur wenige bei uns“ sie hätten. Defensiv ließ Kett kaum etwas zu und schaltete sich mit offensiven Aktionen entscheidend ein, beteiligt auch an den zahlreichen Torchancen. Wobei gerade Wamser die jüngste taktische Umstellung half. Durch die Rückkehr von Gwinn wäre sie eigentlich raus gewesen. Doch weil Wück gegen Frankreich Jule Brand auf die Zehn schob und die rechte Außenbahn vakant war, blieb Wamser. Ins Stocken geriet das Spiel deshalb keineswegs, im Gegenteil, es lief flüssiger.

Wegen diverser Verletzungen war Camilla Küver lange raus, sonst wäre sie wohl früher eingeladen worden

Es sind die Erkenntnisse aus der EM (Zehn als Schwachstelle, mangelnde Effizienz, Nachholbedarf im Fußballerischen) sowie die lange Liste an Verletzten, die die Einsatzzeiten der Talente zusätzlich zur Grundhaltung des Bundestrainers erhöhen. Allein in der Defensive fallen aus dem Turnier-Kader derzeit Sarai Linder, Sophia Kleinherne und Rebecca Knaak verletzt aus. Zudem fehlte in der Innenverteidigung Janina Minge gelbgesperrt, was auch Camilla Küver vom VfL Wolfsburg als neuestes Mitglied der Talentegarde zum Debüt verhalf. Sie trug dazu bei, dass Wück so manche Abwehr-Sorgenfalte losgeworden sein dürfte.

Wegen eines Kreuzbandrisses, zwei Meniskusrissen, einer Sprunggelenksverletzung und muskulären Problemen war Küver lange raus, sonst wäre sie wohl früher eingeladen worden. Auf dem Radar der DFB-Frauen dürfte sie schon eine Weile aufgeblinkt sein: 1,84 Meter groß, athletisch – so ein Profil bringt sonst gerade keine andere Feldspielerin mit. Gegen Frankreich deutete sie ihre Kopfballstärke an, gewann Zweikämpfe, leitete manchen Spielzug mit cleveren Pässen ein und tat das alles mit einer auffälligen Abgeklärtheit.

Dass es grundsätzlich für den Verband und die Vereine noch gut etwas zu tun gibt beim Nachwuchs aus dem Juniorinnen-Bereich, hatte der Bundestrainer schon bei anderer Gelegenheit betont. Was Quantität und Qualität angeht. Im April erst hatte die U19 die EM-Qualifikation verpasst, die U17 war vergangenes Jahr nicht dabei und kämpft aktuell um die Teilnahme. Aber von denjenigen, die den Sprung nach oben schon geschafft haben, kam nun jene Art von Impulsen, die Wück sich mit seinen Umstellungen erhofft hatte. Impulse, die auch im Rückspiel zum Erfolg führen und den Einzug ins Finale der Nations League bringen könnten.

Sehr wahrscheinlich dann gegen Spanien, das im Hinspiel gegen Schweden 4:0 gewann. Aber auch die Weltmeisterinnen kennen Franziska Kett und Carlotta Wamser vom EM-Halbfinale noch bestens. Auch gegen sie zeigten die beiden keine Scheu, weil sie das Vertrauen spürten. Und wie hatte Christian Wück vor ihrem ersten Länderspiel zu Camilla Küver gesagt? „Die erste Message war, dass ich mutig sein soll – und kann.“ Die Worte des Bundestrainers entfalten offensichtlich die gewünschte Wirkung.

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