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Darauf sollte man beim Jeans-Kauf achten | ABC-Z

Amy Leverton, Sie sind Jeans-Expertin. Wenn ich eine neue Jeans brauche, gehe ich dann am besten in einen Laden, oder shoppe ich ­online?

Ich würde im Laden kaufen. Bei Männern ist das nicht so ausgeprägt, aber die meisten Frauen, die mit dem Gedanken an eine neue Jeans spielen, haben sich vor dem Besuch im Laden eh schon online informiert. Sie wissen also, wo sie hingehen müssen. Die Passform ist bei Jeans entscheidend, das gilt selbst für eine Baggy-Jeans. Denn: Wie baggy ist sie denn genau? So etwas lässt sich besser im Laden herausfinden. Und so toll eine Jeans an einem Model online aussehen mag, es besteht immer die Möglichkeit, dass sie einen doch nicht überzeugt.

Gehe ich allein los, oder nehme ich jemanden mit?

Wer jemanden in seinem Freundeskreis hat, der ehrlich ist, sollte auf jeden Fall versuchen, diesen Menschen mit­zunehmen.

Manchmal halten Jeans ewig, manchmal sind sie nach kurzer Zeit durchgescheuert. Gibt es Stellen, die ich mir vor dem Kauf anschauen sollte?

Denim ist nicht gleich Denim. Je schwerer und dicker der Stoff, umso haltbarer auch die Jeans. Aber auch ein ganz dünner Denimstoff mit hohem Stretchanteil kann lange halten. Gehen Sie selbst mal in der Umkleidekabine in der neuen Jeans in die Hocke und schauen Sie, ob sich alles stabil anfühlt. Entscheidend ist aber auch die Naht. Manchmal sitzt der Faden schon im Laden locker. Jemand aus der Industrie hat mir neulich Folgendes erklärt: Es gibt die 12,5-Minuten-Jeans und die 25-Minuten-Jeans. Wie lange eine Jeans in der Herstellung am Fließband braucht, ist ein Indikator für die Qualität, die darin steckt. Einer macht in der Fabrik ja nur Gürtelschlaufen, einer nur Taschen, und so weiter. Die 25-Minuten-Jeans entspricht ungefähr einer 125-Dollar-Jeans. Man kann sich denken, dass bei der Zwölf-Minuten-Jeans Abstriche gemacht werden müssen. Zum Beispiel: Wie viele Stiche kommen auf 2,5 Zentimeter? Wenn Sie eine Fabrik betreiben würden und müssten 5000 Jeans pro Stunde produzieren, dann fällt jeder Zentimeter pro Jeans ins Gewicht.

Dieser Text stammt aus der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung.



Die meisten schauen beim Jeanskauf als Erstes auf ihren Po. Ist das die beste Methode, um herauszufinden, ob die Hose passt?

Das ist ganz natürlich, denn Jeans sind ein besonders persönliches Kleidungsstück. Aber wenn Sie sich schon von hinten im Spiegel anschauen und nicht genau wissen, was Sie stört, könnten es die Po-Taschen sein. Wenn die Taschen zu klein sind, sieht das nicht gut aus. Und selbst der Winkel macht etwas aus.

Amy Leverton von Denim Dudes
Amy Leverton von Denim Dudesprivat

Gibt es No-go-Waschungen? Und Must-haves im Kleiderschrank?

Das Besondere an der Jeans ist, dass sie jedem etwas anderes bedeutet. Das lässt sich schwer pauschal beurteilen. Hätten Sie mich vor fünf Jahren gefragt, hätte ich geantwortet, dass diese unangenehmen Spray-Waschungen der frühen Nullerjahre gar nicht gehen. Jetzt ist das ein Trend. Es ist also eine Frage des Timings.

Gilt das auch für die Schnitte?

Ich denke, es bricht gerade eine ganz schöne Zeit an, in der wir alle akzep­tieren, dass jeder das tragen sollte, ­worin er sich wohlfühlt. Ich bin 45 und habe 18 Jahre lang in London gelebt, erst als Modestudentin, dann als junge Designerin. Damals kam die Skinny-Jeans auf und löste die tief­sitzende Bootcut-Jeans ab. Zu der Zeit gaben uns die Marken vor, was wir ­tragen sollten. Nach dem Motto: Das ist jetzt cool, so willst du aussehen, los, kauf es. In den vergangenen 20 Jahren hat sich dieses Machtverhältnis ver­ändert, denn jetzt geben die Konsu­menten vor, was sie tragen wollen. Wir brauchen noch immer die kreativen Vordenker, die uns zeigen, was möglich ist, aber das System aus Marken und Magazinen, die den Kunden einen Stil vorgeben, hat sich mit dem Aufstieg von Social Media komplett verändert. Da ist immer jemand, der Jeans ganz anders trägt und cool aussieht. Für Marken ist diese Individualisierung kompliziert. Ich führe solche Gespräche mit vielen Unternehmen, die sich fragen, wie sie allen Bedürfnissen gerecht werden können. Das ist ­unmöglich. Aber der Wandel ist ­wunderbar, denn er zeigt, dass sich die Leute treu bleiben und auf ihren ­Körper hören.

Mit Gürtel? Nicht zu allen Modellen passt das so gut wie zu dieser Baggy Dad.
Mit Gürtel? Nicht zu allen Modellen passt das so gut wie zu dieser Baggy Dad.Picture Alliance

Und das Ergebnis sind die vielen Schnitte, die jetzt im Laden oder in den Onlineshops nebeneinanderliegen?

Ja, was für ein Unterschied zu damals, als tief sitzende Jeans angesagt waren. Oder nur Skinny-Jeans. Rückblickend haben sich viele Frauen sicher nicht wohlgefühlt.

Aber nur das war angesagt. Viel mehr Auswahl gab es damals dann gar nicht.

Das war geradezu verschwörerisch.

Heute gibt es Jeans mit Modell­namen wie Mom, Dad, Boyfriend und Girlfriend. Warum suggerieren so viele Marken mit ihren Schnitten eigentlich, dass uns diese Hosen ­besonders nahestehen sollten?

Ich bin mir sicher, dass es da um einen freundlichen Ton im Marketing geht. Einer meiner Lieblingsschnitte ist gerade die Levi’s Baggy Dad, oben ist sie recht schmal, dann folgt ein weites Bein. Das ist Levi’s Antwort auf eine weitgeschnittene Jeans. Und die Boyfriend-Jeans kam eben zu ihrem Namen, weil die ersten Frauen wirklich die Jeans ihrer Freunde trugen.

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