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Ulli Potofski: Der Mann, der den Fußball zur Show machte | ABC-Z

Vor der ersten Sendung von Anpfiff – Die Fußballshow sprach Ulli Potofski folgende Worte in die Kamera: “Herzlich willkommen zu Anpfiff. Beginnt jetzt eine neue Fußballepoche? Ich weiß es nicht.” Das war 1988. 37 Jahre später kann man sagen: Sie hat damals begonnen. Ulli Potofski war einer ihrer ersten Köpfe.

Vor ein paar Jahren habe ich mit ihm für ein Buch am Telefon gesprochen. Und wie das oft so ist bei Sportreportern, konnte ich kaum glauben, dass er wirklich in dieser warmen, unterhaltsamen, immer nahe wirkenden Stimme sprach, mit der ich fußballschauend aufgewachsen bin. Noch dazu war er furchtbar nett.

Wir redeten über die Kommerzialisierung des Fußballs und seine Sendung und die Achtzigerjahre und darüber, dass Potofski damals eben aussah, wie man aussah, wenn man als jüngerer Mensch in den Achtzigerjahren unterwegs war. Da waren seine wilden Locken und die Brillen mit den großen Gläsern. Und so saß er einst den Funktionären des DFB gegenüber, die “einen dezenten Schreck bekamen, als sie mich sahen”, sagte Potofski.

Potofski war damals der Sportchef des noch recht neuen Fernsehsender RTL plus und vereinbarte mit dem DFB etwas, was den deutschen Fußball gehörig verändern sollte: den ersten TV-Vertrag mit dem Privatfernsehen.

Bis dahin war die Fußballberichterstattung in Deutschland eine betuliche Angelegenheit. Die Zusammenfassungen der Bundesligaspiele liefen in der Sportschau der ARD, kommentiert in einem sachlichen, aber eben auch furchtbar langweiligen Ton. Potofski und RTL wollten das ändern.

Der gebürtige Gelsenkirchener war dafür der richtige Mann. Bevor er Sportreporter wurde, arbeitete er unter anderem als Puppenspieler, Discjockey und Schlagersänger. Unter dem Pseudonym Ulli Mario brachte er die Single Ich kann an keinem Girl vorübergeh’n heraus.

Das Wort Show im Namen der Sendung nahmen Potofski und Kollegen ernst. Es gab Gewinnspiele, Musik-Acts und Studiogäste. Es gab sogar etwas, das man vorher so gar nicht mit Fußballberichterstattung verband: Spaß. Der Komiker Karl Dall erklärte in einer Kolumne Fußballbegriffe, die Moderatorin und Sexualberaterin Erika Berger kürte den hübschesten Fußballer, es gab den großen Bratwursttest, Wahrsager und Publikum.

Die von maximaler Fußballnüchternheit à la “Schuss–Tor–1:0” geprägte deutsche Zuschauerschaft musste sich erst an den neuen Ton gewöhnen. “Die eine Hälfte der Zuschauer fands grauenhaft, die andere jubelte”, sagte Potofski damals. Das galt auch für die Branche.

Potofski erzählte am Telefon, wie einmal Uli Hoeneß auf ihn geschimpft hatte. Bei Anpfiff habe es mal eine Umfrage gegeben, welchen Verein die Zuschauer gerne absteigen lassen würden. Der FC Bayern gewann mit 54 Prozent. Nach der Hoeneß-Schelte hätten Potofski und Kollegen die Woche drauf nach dem beliebtesten Verein der Bundesliga gefragt. Es gewannen wieder die Bayern, mit 53 Prozent.

Und so hat Potofski den Weg geebnet für das heutige Entertainmentprodukt Bundesligafußball. Nach Potofski kamen Reinhold Beckmann, Johannes B. Kerner, Jörg Wontorra, Monica Lierhaus, die mit ran und ranissimo den Showeffekt auf die Spitzen trieben – und deren Popularität Fußball endgültig zum Boulevardthema. 

Es folgte Premiere und Sky. Mittlerweile wird jedes Spiel live übertragen, Fernsehgelder sind für die meisten Klubs der wichtigste Einnahmeposten. Fußball sieht heute anders aus, auch wegen Potofski.

1989 gewann er für Anpfiff den Fernsehpreis Bambi. Er berichtete auch über Tennis und Skispringen, aber als Schalke-Fan blieb ihm Fußball das Wichtigste. Er schrieb Romane über Jugendfußball, wurde Brillenträger des Jahres 2002, machte bei Let’s Dance und dem perfekten Promi Dinner mit. Zuletzt hostete er einen Podcast.

Nach schwerer Krankheit verstarb Ulli Potofski am Sonntag, wie am Mittwoch bekannt wurde. Seine Stimme wird bleiben.

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