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Ukrainekrieg: Selenskyj hofft auf US-Hilfen auch unter Donald Trump | ABC-Z

Beim 25. Treffen der internationalen Kontaktgruppe zur Unterstützung der Ukraine im sogenannten Ramstein-Format hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj an die USA appelliert, ihr Engagement nach dem anstehenden Machtwechsel in Washington nicht abzubauen. “Wir sind einen so langen Weg gegangen, dass es ehrlich gesagt verrückt wäre, jetzt den Ball fallen zu lassen und nicht weiter auf den Verteidigungskoalitionen aufzubauen, die wir geschaffen haben”, sagte Selenskyj. “Ganz egal, was in der Welt los ist, jeder will sich sicher fühlen, dass sein Land nicht einfach von der Karte getilgt wird.” 

Die Treffen von Vertretern aus insgesamt mehr als 50 Staaten wurden kurz nach Kriegsbeginn ins Leben gerufen. Der Gipfel im US-Luftwaffenstandort ist der letzte in der Amtszeit von US-Präsident Joe Biden. Sein Nachfolger Donald Trump hatte im Wahlkampf angekündigt, die Rolle der USA bei der Unterstützung der Ukraine zu schmälern.

Der noch amtierende Verteidigungsminister Lloyd Austin betonte bei dem Treffen die Bedeutung der Ukraine-Hilfen. Falls Russlands Staatschef Wladimir Putin “die Ukraine schluckt, wird sein Appetit nur noch größer werden”, sagte er. Man werde “nur mehr Landnahmen erleben”, wenn Autokraten den Schluss zögen, dass Demokratien ihre Interessen aufgäben.

Neues Nato-Quartier für Koordination von Hilfen

Austin hob zudem die bisherige Leistung der Arbeit im Ramstein-Format hervor. Er sei “unglaublich stolz auf das, was wir gemeinsam erreicht haben”, sagte er und verwies auf “mehr als 122 Milliarden Dollar”, die von der Staatengruppe an Militärhilfen für die Ukraine seit Kriegsbeginn freigegeben worden seien. Der ukrainische Abwehrkrieg sei “eines der großen Anliegen unserer Zeit”.

Ein Rückzug der USA aus der Unterstützung der Ukraine hätte für das Land gravierende Konsequenzen. Etwa die Hälfte der von der Ramstein-Gruppe aufgestellten Hilfen stammt von den USA. Unklar ist gegenwärtig nicht nur, ob die USA sich aus den bisher von Austin organisierten Gipfeltreffen zurückziehen werden oder gänzlich ihre Waffenlieferungen einstellen.

Für Ersteres hat die Nato vorgesorgt. Sollte das Ramstein-Format durch einen US-Rückzug beendet werden, kann eine neu eingerichtete Nato-Behörde mit Sitz in Wiesbaden die organisatorischen Aufgaben, die bislang von den USA wahrgenommen wurden, übernehmen. Das im vergangenen Jahr eingerichtete sogenannte NSATU-Zentrum soll die Waffenlieferungen und die Ausbildung ukrainischer Soldaten koordinieren. Mitte Dezember nahm es seine Arbeit auf.

EU könnte stärkere Rolle übernehmen

Mehrere Teilnehmer des Treffens versicherten zudem, dass es auch ohne die USA eine Ukraine-Kontaktgruppe geben werde. So sagte die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas, die EU sei für eine Führungsrolle bereit. “Das Format ist so, wie es ist, gut”, sagte auch Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD). “Es hat sich bewährt und wir wollen daran festhalten.”

Als möglich gilt, dass sich eine alternative Struktur herausbilden könnte. Das Verteidigungsministerium verweist etwa auf die sogenannte Group of Five. Darin hatten sich im vergangenen November Deutschland, Frankreich, Großbritannien, Polen und Italien zusammengeschlossen, um sich in Sicherheitsfragen auszutauschen. Bei einem Treffen in diesem Format am kommenden Montag werde es etwa um Investitionen in die ukrainische Rüstungsindustrie gehen.

Darauf setzt auch die Ukraine, die ihre Abhängigkeit von westlichen Waffenlieferungen ohnehin langfristig abbauen will. Im Gespräch mit Nato-Generalsekretär Mark Rutte bewarb Selenskyj daher nach eigener Aussage das sogenannte “dänische Modell”. Dabei kaufen westliche Länder bei ukrainischen Herstellern Material für die ukrainische Armee. Das Modell ist nach Dänemark benannt, das dieses Vorgehen als erstes Land aufnahm und beispielsweise die Herstellung von Artilleriesystemen in der Ukraine finanziert.

Ein gänzliches Ende der Waffenlieferungen braucht die Ukraine mit einem möglichen Ende der Ramstein-Treffen nicht zu befürchten. Zwar organisierten sich innerhalb der Gruppe einzelne sogenannte Koalitionen, die sich der Versorgung des Landes mit bestimmten Waffensystemen, wie Panzern, Drohnen oder Luftverteidigung widmeten. 

Doch obwohl viele Hilfspakete bei den Ramstein-Treffen verkündet wurden, waren sie meist schon zuvor von den einzelnen Regierungen beschlossen worden. Und internationale Initiativen wie etwa die Munitionsinitiative Tschechiens, durch die der Ukraine Hunderttausende weltweit zusammengekaufte Artilleriegranaten geliefert wurden, waren von der US-Organisation innerhalb der Gruppe ohnehin unabhängig.

Letzte Militärhilfen von Joe Biden

Bei dem Treffen am diesem Donnerstag gab es dennoch neue Zusagen für Waffenlieferungen. Die USA verkündeten die Lieferung von Luft-Luft- und Luft-Boden-Raketen für ukrainische Kampfjets und weiterer Waffen für 500 Millionen Dollar, Deutschland sagte der Ukraine 50 Flugabwehrraketen zu. Das US-Paket ist das letzte in Bidens Amtszeit. Mit 500 Millionen Dollar schöpfte Biden allerdings nicht die volle Summe aus, die der Kongress dafür bewilligt hatte. Somit hat die Regierung von Trump die Möglichkeit, ohne neue Freigaben des Kongresses noch Waffen im Wert von mehr als drei Milliarden Dollar zu liefern – falls sie will.

Verfolgen Sie alle aktuellen Entwicklungen im russischen Krieg gegen die Ukraine in unserem Liveblog.

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