Ukraine-Krieg bei Markus Lanz: Melnyk lehnt Wahlen während Kriegszeiten ab | ABC-Z

Ukraine-Krieg bei Markus Lanz
Melnyk lehnt Wahlen während Kriegszeiten ab
20.02.2025, 04:34 Uhr
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Trump nennt Selenskyj einen „Diktator“. Der US-Präsident meint, der ukrainische Staatschef sei in seinem Land nicht durch Neuwahlen demokratisch legitimiert. Dem erteilt der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, bei Markus Lanz eine deutliche Absage.
Der ehemalige ukrainische Botschafter in Deutschland, Andrij Melnyk, hat eine Teilnahme seines Landes bei den Friedensverhandlungen mit Russland angemahnt. „Auch wenn die Lage in den letzten Wochen und Monaten so schwierig ist, ist die große Mehrheit der Ukrainer nicht bereit, einem Deal zuzustimmen, der hinter unserem Rücken abgeschlossen wird, ohne dass wir dabei am Tisch gesessen und unsere Interessen vertreten haben“, sagte Melnyk in der ZDF-Talkshow Markus Lanz. Zuvor hatte US-Präsident Donald Trump angekündigt, über ein Ende des Krieges in der Ukraine gemeinsam mit Russlands Präsident Wladimir Putin verhandeln zu wollen. Vertreter der Ukraine und der Europäischen Union sind bei diesen Gesprächen bisher nicht vorgesehen.
„Wir brauchen die Amerikaner. Die Amerikaner waren für uns Nummer eins seit dem Beginn des Krieges als Verbündete und Unterstützer“, so Melnyk. „Und ich glaube, wir dürfen jetzt nicht dieses Spiel spielen, das uns Putin aufzwingt. Wir dürfen uns nicht teilen lassen. Wir dürfen nicht einen Keil zwischen uns treiben lassen, denn der Krieg ist noch lange nicht zu Ende. Das ist, was im Fokus bleiben muss.“
Zu den letzten Äußerungen von US-Präsident Trump sagte Melnyk: „Wir sollten diese Beschuldigungen, die wir gehört haben, nicht unbeachtet lassen. Das tun wir auch nicht. Gleichzeitig müssen wir versuchen, Donald Trump zu überzeugen, dass alles, was er und sein Team in Saudi-Arabien hört, Märchen sind. Man darf Putin nicht trauen.“ Trump hatte den ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj als Diktator bezeichnet und behauptet, die Ukraine habe den Krieg begonnen. „Ich hoffe, dass Donald Trump einmal die Ukraine besucht und mit eigenen Augen schaut, wie schwierig, wie prekär die Lage nach drei Jahren Krieg ist.“
In diesem Zusammenhang rief Melnyk auch die Politiker in Deutschland auf, die Ukraine zu unterstützen. „Jetzt ist die Zeit, auch im Wahlkampf in Deutschland, dass die Parteien und auch der zukünftige Kanzler Friedrich Merz sich klar positionieren.“ Man müsse sich fragen, was ein möglicher Abzug der amerikanischen Truppen aus Osteuropa und vielleicht sogar aus Deutschland für die europäische Sicherheit bedeuten würde, so Melnyk. „Es wäre ein wichtiges Signal, wenn sich alle demokratischen Parteien in Deutschland in den letzten Tagen dieses Wahlkampfs konkret positionieren und sagen: Fünf Prozent des Bruttoinlandsprodukts für die Verteidigung klingt astronomisch, gigantisch, aber es gibt wahrscheinlich keinen anderen Weg. Das muss man auch den Menschen in Deutschland und Europa zutrauen. Man muss ihnen die Wahrheit sagen, wie man die eigene Sicherheit gewährleisten will, wenn die Amerikaner vielleicht doch nicht so sind, wie sie seit Jahrzehnten diesen Schirm für die Europäer aufgespannt haben.“ Man dürfe sich nicht spalten lassen, und man müsse das tun, was richtig sei, auch wenn es schmerzhaft werde, sagte Melnyk.
Keine Wahlen in Kriegszeiten
Zu der Forderung des amerikanischen Präsidenten nach Wahlen in der Ukraine sagte Melnyk: „Wir sind ein demokratisches Land. Wir kämpfen nicht nur für unsere Unabhängigkeit und Souveränität, sondern auch für die Demokratie, die wir aufgebaut haben. Präsident Selenskyj muss die Verfassung umsetzen. Er kann mitten in einem Krieg keine Wahlen verkünden. Vorher muss die Sicherheit gewährleistet, die Kriegshandlungen müssen eingestellt werden, und dann muss man schauen, ob sie nötig wären. Zu behaupten, der Präsident habe kein Mandat, stimmt nicht.“
Melnyk ist aktuell ukrainischer Botschafter in Brasilien. Zwischen 2006 und 2012 war er ukrainischer Generalkonsul in Hamburg, zwischen 2015 und 2022 Botschafter seines Landes in Berlin. 2022 wurde Melnyk zum ukrainischen Vizeaußenminister ernannt. Melnyk war in Deutschland wegen seiner Verehrung des ukrainischen Partisanenführers und NS-Kollaborateurs Stepan Bandera in die Schlagzeilen geraten. Nach dem Angriff Russlands auf die Ukraine hatte er Deutschland immer wieder zu Waffenlieferungen aufgefordert und die zögerliche Haltung von Bundeskanzler Olaf Scholz in diesem Punkt kritisiert.