Israel: Welche psychischen Folgen Irans Angriffe für Kinder haben | ABC-Z

Irans Angriffe wirken nach: Autistische Kinder haben es besonders schwer, mit den Erfahrungen fertig zu werden. Eine Einrichtung kümmert sich um die Kleinen. Aber nicht nur sie brauchen Hilfe.
Ein kleiner Junge rennt auf Anna Rovner zu, umarmt sie, läuft weg, fällt ihr wieder um den Hals. Er ist Autist. Die Kinderbetreuerin ist auf Kinder mit Autismus-Spektrum-Störung spezialisiert.
Erst seit einigen Tagen sieht sie ihre Schützlinge wieder: So wie alle Kitas und Schulen, blieb auch das “Perach”-Betreuungszentrum für Kinder mit besonderen Bedürfnissen in Ramat Gan geschlossen. Wegen des Kriegs mit dem Iran. Erst langsam kehrten die Kinder in ihren Alltag zurück, sagt Rovner: “Ihre Routine ist ruiniert. Viele Kinder können sich nicht von ihren Eltern verabschieden, schreien, weinen, haben Schlafprobleme und Essstörungen.”
“Der Körper spürt das Trauma”
Sie Kinder erlebten alles intensiver. Ein autistisches Kind nehme Geräusche anders wahr. “Die Sirenen und Explosionen waren sehr unangenehm”, sagt Rover. Hier hätte man sie ablenken können, aber im Krieg sei das nicht gegangen. “Viele halten sich immer noch die Ohren zu. Der Körper spürt das Trauma. Wir hatten Angst um unser Leben, das hinterlässt Spuren.”
Auch der kleine Junge muss sich erst wieder an seine Betreuerin gewöhnen. Aus der Ferne sieht seine Mutter Noga Aschkenasi zu.
Dreijährige wissen, was Sirenen sind
“Mein Sohn sagt immer noch, dass wir die Bunkertür zumachen müssen. Ich sage, dass es keine Sirenen mehr gibt. Aber nicht mal ich weiß, ob es vorbei ist”, sagt Aschkenasi. Ihr Dreijähriger wisse, was Sirenen sind. Er wisse zu viel für sein Alter. Sie wolle ihn nicht anlügen. “Wir erzählen nichts von Geiseln, sagen aber wenn Länder streiten, werfen sie Raketen aufeinander, so wie Kinder mit Sachen werfen”, sagt Ashkenazi. “Wenn die Länder aufhören und reden, gibt es Frieden.”
Sie habe sich überfordert gefühlt, gibt Aschkenasi zu. Im Krieg habe sie ihre zwei Kinder mit Autismus betreut, drei und fünf Jahre alt. Für Eltern wie Aschkenasi hat die Organisation “Perach”, die in Israel 17.000 Kinder mit besonderen Bedürfnissen betreut, ein Video entwickelt.
Eine Comicblume namens “Perach”, auf Deutsch “Blüte”, erklärt Eltern und Kindern im Krieg, was man zum Beispiel im Schutzraum machen kann. Singen, eine Puppe umarmen oder tief atmen. Es fand Anklang auch bei anderen Eltern, sagt Kinderexpertin Rovner. Ihre Erfahrung floss in die Videos ein.
“Den Kindern fehlte das Gefühl von Sicherheit”
“Den Kindern fehlte das Gefühl von Sicherheit”, betont Rovner. “Jetzt ist alles wieder normal in Israel. Aber es ist nicht normal, weil wir nicht okay sind. Und die Kinder spüren das.”
Deshalb spricht die Comicblume “Perach” auch nach dem Krieg weiter mit den Kindern und Eltern: “Seit mal still, hört ihr das? Das ist kein Alarm. Das ist euer Herz”, sagt die Trickfigur:
Wir kehren zur Routine zurück. Nach dem Rennen und den Alarmen ist es Zeit zum Durchatmen. Und wenn es mal schwer ist, bin ich hier: Ihr seid sicher! Auch jetzt in der Stille danach.
Kindergarten von Rakete getroffen
Auch Jifat Fouchs, Mutter von drei Kindern aus dem Tel Aviver Vorort Ramat Aviv, hat das Video gesehen. Ihr Sohn hat zwar keine Störung – aber er hat immer noch keinen Alltag. Eine Straße von der Familie entfernt schlug eine Rakete aus dem Iran ein: “Wir hörten einen Boom und ein Zischen. Ich dachte unser Haus stürzt ein”, berichtet sie:
Der Türrahmen sprang raus. 50 Familien in meiner Nachbarschaft haben ihre Wohnungen verloren. Es war beängstigend.
Auch der Kindergarten des Sohnes wurde getroffen, deshalb kann er nicht in die Kita und sie nicht zur Arbeit. Sie ist tagsüber mit dem Dreijährigen zu Hause, der gerade fernsieht. Ihre Routine habe sie nicht wiedergefunden, dafür ihren Humor.
“Wir schlafen immer noch in unserem Schutzraum, zwei Kinder schlafen immer im Bunker”, sagte Fouchs. “Ein Bett, eine Matratze, und wissen Sie was? Die Kinder mögen es. Wir nennen es Bunkercamping.” Ob sie das beibehalten wolle? “Ja – das ist unsere Routine, denn keiner weiß, was als nächstes passiert.”