Fußball: Ein wegweisendes Urteil in Sachen Polizei-Kosten bis zur Regionalliga | ABC-Z

Die Deutsche Fußball Liga und Bremen streiten über die Bezahlung der Polizei bei Hochrisikospielen. Jetzt entscheidet das Bundesverfassungsgericht, ob die Länder ihre Vereine an den Kosten beteiligen dürfen. Klubs der ersten vier Ligen wären betroffen.
Mit Sorge blickt die Fußball-Bundesliga am Dienstag nach Karlsruhe: Das Bundesverfassungsgericht (BVerfG) fällt dann das letztinstanzliche Urteil im Streit zwischen der Deutschen Fußball-Liga (DFL) und dem Land Bremen um zusätzliche Polizeikosten bei Hochrisikospielen.
Ein Sieg des Bremer Innensenators Ulrich Mäurer (73/SPD), der das Ganze angeschoben hat, ist wahrscheinlich. Er hat schon vor dem Landgericht, dem Oberlandesgericht und dem Bundesverwaltungsgericht gewonnen.
Den Klubs bis hinunter zu den Regionalligen droht eine Kosten-Lawine, denn Mäurer ist sicher, dass andere Bundesländer nachziehen. Er hat der DFL für Polizeieinsätze bei Risikospielen von Werder Bremen bislang sieben Gebührenbescheide in Höhe von insgesamt 1.952.288,99 Euro geschickt. 50 Prozent der Summe (976.145 Euro) musste Werder der DFL bereits erstatten.
WELT fragte bei den Innenministerien der übrigen 15 Bundesländer nach, ob auch sie Polizeikosten erheben, wenn das BVerfG pro Bremen entscheidet.
Nach dieser Umfrage wollen fünf Bundesländer ihren Vereinen keine Rechnung stellen, darunter Nordrhein-Westfalen – das Bundesland mit den meisten Profi-Klubs: „Die Erstattung von Einsatzkosten der Polizei, unabhängig von der Schaffung entsprechender Rechtsnormen, ist zunächst grundsätzlich nicht geeignet, den Gewalttätigkeiten bei Fußballspielen entgegenzuwirken. Zu einer Erhöhung der Sicherheit bei Fußballspielen tragen vielmehr konkrete und mit den Sicherheitspartnern abgestimmte Maßnahmen der Vereine gegen Gewalttäter am/im Stadion bei.“
Auch im Freistaat Bayern wird ähnlich argumentiert. „Ich habe nicht vor, Polizeikosten zu erheben. Das vorrangige Ziel muss sein, dafür zu sorgen, dass die Vereine für mehr Sicherheit im Stadion sorgen und weniger Polizeikräfte hingeschickt werden müssen“, sagte Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (68/CSU) in SPORT BILD.
In Baden-Württemberg heißt es: „Eine Bezahlung der Polizeieinsätze mindert weder die Ursachen von Gewalt oder anderen Problemstellungen im Fußball wie z.B. der Einsatz von Pyrotechnik im Stadion, noch gibt es dadurch eine einzige Polizeibeamtin oder einen einzigen Polizeibeamten mehr.“
Stattdessen werde seit 2017 erfolgreich auf das Projekt „Stadionallianzen“ gesetzt, also die enge Zusammenarbeit von Polizei, Kommune, Vereinen und Fan-Organisationen. Ebenfalls keine Kosten erheben wollen Schleswig-Holstein und Berlin.
DFL-Boss Watzke lehnt Solidar-Topf ab
Fünf Bundesländer schließen Polizeikosten für die Klubs nicht aus. Niedersachsens Innenministerin Daniela Behrens (56/SPD): „Wenn es anders nicht geht, werden wir ebenfalls eine entsprechende Rechtsgrundlage schaffen und Rechnungen an die DFL schicken, um uns die Kosten für Polizeieinsätze bei Hochrisikospielen erstatten zu lassen.“
Die rot-grüne Regierung in Hamburg hat im September 2024 einen Antrag in die Bürgerschaft eingebracht, der eine Kostenteilung für Polizeieinsätze vorsieht: „Sollte das Bundesverfassungsgericht die sogenannte Bremer Gebührenordnung bestätigen, soll nach dem Willen der Bürgerschaft die Einführung eines bundesweiten Polizeikosten-Fonds geprüft werden, der die Profivereine fair an den Einsatzkosten beteiligt.“ Einen aus den TV-Einnahmen der Bundesliga gespeisten Solidar-Topf lehnt DFL-Boss Hans-Joachim Watzke (65) aber vehement ab.
In Sachsen will Sportminister Armin Schuster (63/CDU) die klammen Klubs eigentlich nicht zur Kasse bitten: „Wir dürfen die Vereine nicht kaputtmachen!“ Aber er weiß auch: „Wenn das Urteil pro Bremen ausfällt und ein Jahr später zwölf der 16 Bundesländer den Klubs Rechnungen stellen, nimmt der Druck auf mich als Innenminister enorm zu und wird auch in Sachsen am Ende nicht wirkungslos bleiben.“
Hessens Innenminister Roman Poseck (54/CDU) sagt: „Sollte es dazu kommen, Kostenbeteiligungen vorzunehmen, was ich zumindest nicht ausschließe, gilt es auch rechtssichere, sinnvolle und gerechte Abgrenzungen zu finden.“
Aus Rheinland-Pfalz heißt es: „Hier ergibt sich bereits aus dem Koalitionsvertrag, dass das Land grundsätzlich gewillt ist, die Schaffung einer Gebührenregelung für Hochrisiko-Veranstaltungen zu unterstützen. Dabei macht es jedoch nur Sinn, ein gemeinsames, ländereinheitliches Vorgehen zu verfolgen, um eine einheitliche und faire Regelung zu gewährleisten.“
Insgesamt sieben Bundesländer plädieren für ein bundeseinheitliches Vorgehen. Neben Rheinland-Pfalz, Hessen und Hamburg auch das in der Polizeikosten-Frage noch unentschlossene Quartett mit Thüringen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und dem Saarland. Das Land Brandenburg ließ die Anfrage unbeantwortet.