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Turn-EM in Rimini 2024: Die 16-jährige Helen Kevric empfiehlt sich für Olympia – Sport | ABC-Z

Wanderausflüge, Skilager und Ähnliches sind Herausforderungen fürs Lehrpersonal. Die Mädchen und Jungs, schon zwischen 15 und 17 Jahre alt, fühlen sich in der Gruppe stark, weshalb manche Lehrer und Lehrerinnen nach der Fahrt mit den Nerven am Ende sind und ihren Beruf infrage stellen.

Bei dieser Klassenfahrt ins sonnige Rimini waren die Betreuer indes komplett beglückt. Denn nach dem verpatzten Auftritt der deutschen Turn-Männer eine Woche zuvor gelang der zweite Teil der Europameisterschaft an der Adria zur Zufriedenheit des Begleitpersonals. Und das nach einer keineswegs sicheren Projektreise. Mehr noch, nach dieser Klassenfahrt waren Lehrer und Lehrerinnen beglückt.

Die Vertreter des Deutschen Turnerbunds spürten noch den Frust über die Männerriege, die vom Pauschenpferd abgeworfen wurde. Alle vier, vom Ersatzturner bis zum Spezialisten, standen sie plötzlich auf der Matte, mit der Folge, dass alle vor dem Finalwochenende nach Hause reisen durften. Oberflächlich betrachtet waren die Frauen auch nicht besser, sie haben ja auch keine Medaille geholt, keinen Auftritt mit Fahne und Podest. Der Unterschied zu den Männern ist: Sie haben jede Menge gelernt und reisen mit dem guten Gefühl und der Gewissheit ab, zu Hause und im Verein beglückwünscht zu werden.

Kevric holte am Stufenbarren zwar die Holz-Medaille, aber es fehlten nur 34 Tausendstel Punkte

Mit etwas Toleranz betrachtet, hatte der Turnerbund doch noch eine Medaille geholt, eine Holzmedaille vielleicht, die aber leicht bronzen schimmert. Denn es fehlten Helen Kevric nur gut drei Hundertstel für den dritten Platz am Stufenbarren und in Anbetracht der mangelnden internationalen Erfahrung von Kevric war dies durchaus eine Leistung. Denn die Riege der deutschen Frauen, 15 bis 17 Jahre alt, war in Wirklichkeit die Riege der Mädchen. Die EM-Siegerinnen aus Italien, Frankreich und anderen Ländern waren fast alle mit erfahrenen Turnerinnen ausgestattet. Die Älteste im deutschen Team: Schüler-Kapitänin Karina Schönmaier, 18.

Der Grund für die Klassenfahrt waren diverse Verletzungen und Formrückstände des ordentlich besetzten etatmäßigen DTB-Frauenteams. Vor allem Elisabeth Seitz fehlt noch nach ihrem Achillessehnenabriss im September. Sie zählt immer noch als stärkste deutsche Vierkämpferin, mit vier Gold- und Silbermedaillen ist sie hierzulande die sicherste Stufenbarren-Turnerin auf hohem Niveau. Auch Pauline Schäfer-Betz, Spezialgerät Schwebebalken, und Sarah Voss, EM-Bronze 2022 im Mehrkampf, trainieren an ihren Heim-Stützpunkten.

“Ich bin erst mal froh, dass ich hier im Finale stand”, sagte Helen Kevric nach Platz vier. Sie ist nicht nur am Stufenbarren den meisten jungen Turnerinnen um einiges voraus. Kevric beherrscht auch die anderen drei Geräte bereits passabel, hatte diese wegen einer Fußverletzung aber in Rimini nicht geturnt. Bundestrainer Gerben Wiersma erklärte, bei den Landungen am Balken, Boden und Sprung könnte sie sich schwerer verletzen. Das Risiko ist ein Teil dieses Sports, aber Kevric wollte ihren Fuß nach der EM schonen, dann wieder trainieren und zu den Olympischen Spielen in Paris. Und damit haben Wiersma und der Turnerbund ein Gewissensproblem. Was wiederum mit den Tränen von Antwerpen zu tun hat.

Eine ganze Riege stand in der Halle und vergoss Tränen

Denn bei der Turn-WM in der belgischen Stadt Anfang Oktober 2023 hatte Coach Wiersma eine Art Helen-Kevric-Moment, einen äußerst knapp verpassten Erfolg. Nur, dass in diesem Fall Holz tatsächlich für Versagen stand. Um 0,169 Punkte verpassten die DTB-Frauen als Gesamt-Team die Olympischen Spiele in Paris. Eine ganze Riege stand am Ende des Teamwettkampfs in der Halle, hielt sich gegenseitig fest und vergoss Tränen. Es blieben drei Einzelplätze übrig, zwei sicherten sich Schäfer-Betz und Sarah Voss. Nun bleibt noch ein dritter Platz, eine dritte Option, für die wohl zwei Kandidatinnen vordringlich infrage kommen. Die eine steht für die Vergangenheit, die andere für die Zukunft. Die eine besticht mit Erfolgen und Routine, die andere mit Talent und Ehrgeiz. Elisabeth Seitz, 30, oder Helen Kevric, 16.

Falls Seitz rechtzeitig wieder fit wird, wäre es konsequent, wenn sie der Verband als dritte Turnerin nominiert. Sie war ja auch mal eine Art Wunder-Turnschülerin, die bereits mit 16 Jahren internationale Erfolge errang, und nun vielleicht einen letzten Höhepunkt beschreitet, falls sie rechtzeitig fit wird. Kevric, Schönmaier oder Gotthardt, so denken jedenfalls oft Verbands-Strategen, gehört ohnehin die Zukunft.

Dieses Team von Turn-Schülerinnen, das Wiersma den Medien kurz vor Rimini vorstellte, hat noch große Augen gemacht, so sah es zumindest aus. Vielleicht brechen die Talente aber auch mal den Zapfenstreich, oder sie schleichen sich wie alle Jugendlichen mal nachts aus einer Unterkunft. Bis sie im Hochleistungssport richtig angekommen sind und die Zeit der Klassenfahrten endgültig vorbei ist.

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