Türkei: Zehntausende Menschen demonstrieren in Istanbul für İmamoğlu | ABC-Z

Zur Unterstützung des im März verhafteten Istanbuler Bürgermeisters Ekrem İmamoğlu haben am Mittwochabend Zehntausende Menschen in der türkischen Hauptstadt demonstriert. Inzwischen hätten knapp 15 Millionen Menschen eine Petition zur Freilassung İmamoğlus und der sofortigen Ausrufung von Neuwahlen unterschrieben, sagte der Chef von İmamoğlus CHP-Partei, Özgur Özel, auf der Kundgebung. İmamoğlu gilt als größter innenpolitischer Rivale des Staatschefs Recep Tayyip Erdoğan.
Nachdem die Teilnehmerzahl bei İmamoğlu-Protesten in den vergangenen Wochen zurückgegangen war, hatte die CHP für Mittwoch großangelegt zu einer Demonstration aufgerufen. “Unser Kampf ist der Kampf für die Demokratie, für die Freiheit”, sagte Özel vor der Istanbuler Universität. “Wir sind hierhergekommen, um sein Diplom zurückzuholen.” Die Universität hatte İmamoğlu kurz vor seiner Festnahme dessen Abschluss aberkannt.
İmamoğlu war am 19. März festgenommen worden, danach ordnete ein Gericht Untersuchungshaft an. Dem Bürgermeister wird Korruption vorgeworfen, dies weist der 53-Jährige zurück. Die Verhaftung wurde international als politisch motiviert angesehen und auch von der damaligen Bundesregierung kritisiert. Innerhalb der Türkei löste die Festnahme die größten Demonstrationen gegen die Erdoğan-Regierung seit den sogenannten Gezi-Protesten im Jahr 2013 aus, Tausende wurden von den Behörden festgenommen.
Zugang zu X-Profil von İmamoğlu in Türkei gesperrt
Inzwischen geht die türkische Regierung offenbar auch online gegen İmamoğlu vor. Laut der Webseite Engelli Web, die auf Internetzensur in der Türkei spezialisiert ist, hat X den Zugang zum Profil des Oppositionspolitikers in dem Land gesperrt. X sei einem Rechtsersuchen der türkischen Behörden nachgekommen, die Bedenken hinsichtlich der nationalen Sicherheit und der öffentlichen Ordnung geltend gemacht hätten, schrieb Engelli Web. Außerhalb der Türkei war İmamoğlus Konto weiter zugänglich.
Der Oppositionspolitiker postete trotz seiner Verhaftung weiterhin in den sozialen Medien. Es wird erwartet, dass seine Anwälte gegen die Kontosperrung in
Berufung gehen werden. Oppositionspolitiker kritisierten die
Einschränkung als Angriff auf die Meinungsfreiheit in der Türkei.
X äußerte sich nicht direkt dazu, erklärte auf der Plattform in der Türkei jedoch, das Konto, das 9,7 Millionen Follower hat, werde in dem Land “als Reaktion auf eine rechtliche Forderung unterdrückt”. Dieses Vorgehen widerspricht früheren Äußerungen von X-Eigentümer Elon Musk. Dieser hatte Behördenauflagen für auf seiner Plattform verbreitete Inhalte beispielsweise in der EU als Zensur kritisiert und sich als “Absolutist der freien Meinungsäußerung” bezeichnet.