Tunnel zur Villa? „Geheimprojekt“ von Milliardär Wolfgang Porsche sorgt für großen Ärger | ABC-Z

Ganze 15 Jahre lang lebte der Schriftsteller Stefan Zweig im Paschinger Schlössl in Salzburg. In der Residenz auf dem Kapuzinerberg soll er mehrere Hunderttausend Manuskriptseiten geschrieben haben, auch gab er große Empfänge. Die Villa war von 1919 bis 1934 eine Top-Adresse im Kulturleben der österreichischen Stadt.
Seit rund vier Jahren gehört das Anwesen nun Wolfgang Porsche. Der 81-jährige Industrielle und Aufsichtsratsvorsitzende der Porsche AG in Stuttgart-Zuffenhausen hatte die Villa für 8,4 Millionen Euro gekauft und lässt sie nun renovieren. Laut Medienberichten soll das Haus im Sommer 2025 bezugsfertig sein, dann will Porsche mit seiner Familie einziehen.
Heerscharen von Besuchern pilgern zum Denkmal
Allerdings gibt es einen Schwachpunkt, der mit Blick auf die Topografie schnell zu erkennen ist: Der Weg rauf zum Schlössl, der schon seit dem 17. Jahrhundert benutzt wird, ist schmal und steil. Auch pilgern dort meist Heerscharen von Besuchern zum Denkmal für den in der Stadt allgegenwärtigen Mozart.
© IMAGO/Eventpress
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Vom Kapuzinerberg hat man einen herrlichen Blick auf die gegenüberliegende Altstadt mit den vielen Kirchen und der Festung.
Am Ende soll sich ein Parkplatz für neun Autos befinden
Als Lösung hat die graue Eminenz des Sportauto-Bauers etwas ganz Besonderes ausgetüftelt: Zur Villa soll ein eigener privater Pkw-Tunnel gebohrt werden. 500 Meter lang und 50 Meter nach oben würde die Röhre verlaufen. An deren Ende ist ein Parkplatz für neun Autos geplant – mit Zugang direkt ins Paschinger Schlössl.
Das Ganze kann man durchaus als Geheimprojekt bezeichnen, denn bis vor wenigen Tagen wusste die Öffentlichkeit nichts von dem Tunnel-Deal. Dieser war schon im Februar 2024 zwischen Porsche und dem damaligen Salzburger Bürgermeister Harald Preuner von der konservativen ÖVP beschlossen worden.
„Wir lehnen Sonderbehandlungen für Superreiche ab“
Nun ist Porsches Tunnel Top-Gesprächsthema in der Salzach-Stadt, die Kritik nimmt zu. Ingeborg Haller von der grünen Bürgerliste sagt etwa im „Standard“: „Wir lehnen Sonderbehandlungen für Superreiche ab.“ Die Kommunisten von der KPÖ, im Gemeinderat zweitstärkste Kraft mit Vize-Bürgermeister Kay-Michael Dankl, verlangen Akteneinsicht zu den Absprachen.
Der Sachstand um den Privattunnel erscheint komplex. Denn um zur geplanten Auffahrt am Parkhaus Linzer Gasse zu kommen, muss öffentlicher Boden überfahren werden. Dieses „Wegerecht“ hat Wolfgang Porsche für einmalig 40.000 Euro von der Stadt Salzburg gekauft.
Weiter gilt, so klärt der Sender ORF auf, das „Kellerrecht“. Dieses besagt, dass dem Besitzer eines Gebäudes und einer Fläche auch alles gehört, was sich darunter befindet. Man könnte also theoretisch, so meint der ORF überspitzt, von eigenem Grund runter bis zum Mittelpunkt der Erde bohren.
Greift das Kellerrecht?
Die Salzburger Stadtverwaltung teilt auf Anfrage der AZ mit, „dass hier richtlinienkonform vorgegangen worden ist“. Allerdings wurde nun eilig ein Prüfauftrag an das Kontrollamt erteilt mit der Fragestellung, welche Grundstücke unter dem Berg wem gehören und was dazu vereinbart wurde.
Das „Kellerrecht“ dürfte da nicht greifen, meint Grünen-Frau Haller im Gespräch mit der AZ. Weite Teile des Berges, unter dem der Tunnel gebohrt werden soll, sind bewaldet, der Grund gehört der Stadt.
„Das ist nicht akzeptabel“, kritisiert die Grüne, „das wurde vom früheren Bürgermeister mit Wolfgang Porsche im stillen Kämmerlein vereinbart.“ Erst jetzt hat der Gemeinderat überhaupt davon erfahren. Der neue Bürgermeister Bernhard Auinger von der sozialdemokratischen SPÖ meint: „Natürlich wäre es geschickter gewesen, die Öffentlichkeit zu informieren.“ Ob der Tunnel „zeitgemäß und moralisch vertretbar ist“, müssten andere beurteilen.
„Ein rein privates Immobilienprojekt“
Ein Sprecher von Wolfgang Porsche sagt auf Anfrage, es handle sich um „ein rein privates Immobilienprojekt“ des Aufsichtsrats-Chefs. Porsche äußere sich nicht dazu. Auch nicht, ob die Öffentlichkeit möglicherweise an dem historischen Zweig-Haus in irgendeiner Form teilhaben kann.
Das Schlössl steht unter Denkmalschutz und ist als Teil des historischen Zentrums Unesco-Weltkulturerbe.
Das kulturelle Salzburg schmerzt diese Entwicklung sehr. Seit Jahrzehnten bestand die Idee, in der Villa ein Stefan-Zweig-Museum einzurichten.
Doch zum Kauf des Gebäudes kam es nicht. Wolfgang Porsche hatte 2021 dem „Standard“ gesagt, er strebe „eine Mischung aus öffentlicher und privater Nutzung“ an. Man könnte dort Seminare und Vorträge abhalten. Der Porsche-Sprecher kann nichts dazu sagen, wie die aktuelle Haltung des Milliardärs in dieser Frage ist.
Einst trafen sich hier Schriftsteller und Musiker
In der Villa hatten sich einst bei Stefan Zweig viele international bekannte Schriftsteller und Musiker getroffen. Darunter Thomas Mann, Richard Strauss oder Carl Zuckmayer.
Stefan Zweig selbst floh 1934 mit seiner späteren Frau Charlotte vor den Nazis und ging über Umwege ins Exil nach Brasilien. In tiefer Verzweiflung über die NS-Barbarei in Europa und anderen Teilen der Welt nahm er sich gemeinsam mit Charlotte im Februar 1942 im brasilianischen Petrópolis das Leben.