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Türkei: Rassismus? Mourinho will Galatasaray Istanbul verklagen | ABC-Z

Nach dem Istanbuler Stadtderby zwischen Galatasaray und Fenerbahçe steht José Mourinho im Fokus. Doch Fenerbahçes Trainer will die gegen ihn erhobenen Anschuldigungen nicht auf sich sitzen lassen. Er strebt eine Klage gegen Galatasaray an.

Der Zwist zwischen José Mourinho und Galatasaray nach dem Istanbul-Derby will kein Ende nehmen. Über das Portal X kündigte Fenerbahçes Star-Trainer an, den Erzrivalen wegen des Angriffs auf seine Persönlichkeitsrechte zu verklagen. Zuvor war Mourinho vom türkischen Fußball-Verband für vier Spiele gesperrt worden, weil er sich nach Verbandsangaben in dem Derby am Montag (0:0) abfällig geäußert hatte.

Es gehe um „moralischen Schadenersatz“, hieß es in der von Fenerbahçe verbreiteten Mitteilung. Demnach fordert Mourinho 1,907 Millionen Türkische Lira, umgerechnet rund 50.000 Euro. Der Betrag dürfte vor allem symbolischer Natur sein und auf das Gründungsjahr 1907 von Fenerbahçe anspielen.

Der Verband bestrafte nach eigenen Angaben abfällige und beleidigende Äußerungen sowie unsportliches Verhalten Mourinhos. Der 62 Jahre alte Portugiese muss außerdem eine Geldstrafe in Höhe von rund 42.000 Euro zahlen, wie es hieß.

Mourinhos Klub steht unerschütterlich hinter ihm

Nach dem Derby in der Liga hatte Mourinho auf der Pressekonferenz gesagt, dass die gegnerischen Ersatzspieler und Trainer nach einer strittigen Situation „wie Affen“ herumgesprungen seien.

Galatasaray hatte nach den Aussagen Mourinhos angekündigt, bei der Europäischen Fußball-Union Uefa und dem Weltverband Fifa offiziell Beschwerde einzureichen. Fenerbahçe wies die Vorwürfe zurück.

Insbesondere der Ruch des Rassismus, den Galatasaray Mourinho anhaftete, wurde von dessen Klub empört und vehement kritisiert. „Jeder Versuch, diese Aussage als rassistische Bemerkung darzustellen, ist völlig böswillig“, hieß es in Fenerbahçes Stellungnahme. Der Stadtrivale versuche damit, die „Tagesordnung zu verschieben und die öffentliche Wahrnehmung zu manipulieren“.

Was neben Galatasarays schwerwiegendem Vorwurf beinahe unterging: Dessen Trainer Okan Buruk verhöhnte Mourinho bei der Pressekonferenz nach dem Spiel als „The Crying One“ (Der Weinende), eine Anspielung an den Titel „The Special One“, den Mourinho sich einst während seiner Ära beim FC Chelsea selbst verpasst hatte. „Er weint auf dem Spielfeld. Er weint draußen. Und als ob das noch nicht genug wäre, geht er auch noch in die Schiedsrichter-Kabine und weint auch dort. Lasst ihn weiter weinen“, hatte Buruk gesagt.

Diese Eskalation vom Montagabend hat eine lange Vorgeschichte. Fünfmal in den vergangenen zehn Jahren gewann Galatasaray die türkische Meisterschaft. Der letzte Süper-Lig-Titel von Fenerbahçe ist dagegen schon elf Jahre her. Um diese Dominanz des großen Rivalen endlich zu durchbrechen, engagierte der Klub aus dem asiatischen Teil Istanbuls vor dieser Saison den hochdekorierten Mourinho – immerhin Champions-League-Sieger mit dem FC Porto und Inter Mailand sowie nationaler Meister mit dem FC Chelsea, Inter und Real Madrid.

Doch sportlich läuft es nicht so wie gewünscht. Galatatasary liegt in der Tabelle weiter sechs Punkte vor Fenerbahçe. Also macht Mourinho bereits seit Monaten das, was in den vergangenen Jahren schon viele in England und Italien immer mehr nervte: Er verlagert die Auseinandersetzung vom Spielfeld in die Medien – mit ständiger Kritik an den Schiedsrichtern. Mit dem Vorwurf der Bevorzugung von Galatasaray. Mit strittigen Szenen aus den Spielen des Rivalen, die er hinterher in den sozialen Netzwerken teilt.

Eine Folge davon war, dass das Istanbuler Derby im Stadion von Galatasaray diesmal von einem Top-Schiedsrichter aus dem Ausland geleitet wurde. Und als Mourinho hinterher den erfahrenen WM-, EM- und Champions-League-Referee Slavko Vincic aus Slowenien lobte, fiel auch das umstrittene Affen-Zitat.

„Nach der Schwalbe in der ersten Minute und deren Bank, die wie Affen herumgesprungen ist: Mit einem türkischen Schiedsrichter hättest du eine Gelbe Karte nach einer Minute gehabt“, und nach fünf Minuten hätte er einen seiner Spieler auswechseln müssen, sagte Mourinho. Dabei machte er die rudernden Armbewegungen nach, mit denen sein Kollege Buruk in der fraglichen Szene am Spielfeldrand protestiert hatte.

„Abfällige Äußerungen gegenüber dem türkischen Volk“

Die Vereinsführung von Galatasaray hatte darauf noch am selben Abend reagiert. „Seit Beginn seiner Tätigkeit in der Türkei hat Fenerbahçe-Trainer Jose Mourinho immer wieder abfällige Äußerungen gegenüber dem türkischen Volk abgegeben“, hieß es in dem Statement des Klubs: „Mourinhos Diskurs hat sich nach dem Spiel gegen uns über bloße unmoralische Kommentare hinaus zu einer eindeutig unmenschlichen Rhetorik entwickelt.“ Das seien „rassistische Äußerungen“. Deshalb die „offiziellen Beschwerden bei der Uefa und der Fifa“.

Doch unabhängig vom Ausgang dieses Verfahrens zeigt sich auch: Es ist immer weniger der Fußballlehrer Mourinho, der noch für Aufsehen sorgt. Sondern vor allem der Provokateur, „der begnadetste Populist des Weltfußballs“, wie der „Spiegel“ ihn nannte.

Taktisch hat der erfolgreichste Trainer der 2000er-Jahre längst den Anschluss an alte Rivalen wie Pep Guardiola (Manchester City), Carlo Ancelotti (Real Madrid) oder Simone Inzaghi (Inter Mailand) verloren. Der Volkstribun Mourinho spielt mit den Emotionen der Fanmassen, der Trainer Mourinho lässt nur noch destruktiven Zerstörungsfußball spielen: Das ist das Muster der vergangenen Jahre. Ein Europa-League-Sieg mit Manchester United (2017), der Conference-League-Erfolg mit AS Rom (2022): Mehr sprang dabei zuletzt nicht mehr heraus.

In Rom wurde Mourinho vor einem Jahr auf Platz neun der Tabelle entlassen.

pk

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