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Trumps Pläne zu Gaza: Reaktionen aus dem Nahen Osten – Politik | ABC-Z

Jemand war lang wach geblieben im saudi-arabischen Außenministerium in Riad. Mittwochmorgen um 4.40 Uhr lokaler Zeit verschickten die Diplomaten eine Mitteilung von Kronprinz Mohammed bin Salman, dem faktischen Herrscher des Landes. Darin lehnt er den Vorschlag von Donald Trump rundherum ab, aus dem Gazastreifen ein US-amerikanisches Immobilienprojekt zu machen, eine Art Riviera am Mittelmeer. Das Königshaus bestehe weiter „fest und unerschütterlich“ auf der Gründung eines palästinensischen Staates, und zwar dort, wo die Palästinenser derzeit leben, auf dem Gebiet von Gaza.

Ägypten Präsident al-Sisi hat schon am Wochenende mit Trump telefoniert

So wie die saudischen Herrscher denkt die ganze arabische Welt. Seit Tagen reden die Herrscher und Regierungschefs von wenig anderem, als davon, dass Trumps schon im Januar geäußerte Pläne, die Palästinenser aus Gaza nach Ägypten und Jordanien und noch weitere Staaten umzusiedeln, fernab jeder Vorstellung seien.

„Jordanien ist für die Jordanier da, und Palästina ist für die Palästinenser“, sagte der jordanische Außenminister Ayman Safadi. Davor hatten auch Ägypten, die Vereinigten Emirate, Katar und die Arabische Liga davor gewarnt, dass Trumps Pläne „die Stabilität der Region bedrohen, eine Ausweitung des Konflikts riskieren und die Aussichten auf Frieden und Koexistenz zwischen den Völkern untergraben“.

Ägypten Präsident Abdel Fattah al-Sisi hatte am Samstag selbst mit Trump telefoniert, und dessen Idee der Vertreibung öffentlich als „Unrecht“ kritisiert. Trump behauptet öffentlich aber weiter, dass er die Unterstützung vieler Regierungen in der Region habe: „Sie sagen, sie werden es nicht akzeptieren“, sagte Trump nun am Dienstag in Washington. „Ich glaube schon.“

In Jordanien sind drei Millionen palästinensische Flüchtlinge registriert

Vor allem für Ägypten und Jordanien sind Trumps Vorschläge innenpolitisch ein großes Problem. Beide Länder gelten als enger Verbündete der USA, Ägypten bekommt pro Jahr etwa eine Milliarde Dollar Militärhilfe. Die Armee und Präsident al-Sisi befürchten, durch einen Zustrom von Palästinensern auch viele Hamas-Anhänger und Muslimbrüder nach Ägypten kommen könnten. Also Anhänger jener Gruppe, die al-Sisi 2013 von der Macht geputscht hatte, von denen Zehntausende in ägyptischen Gefängnissen leben. In Jordanien, wo etwa drei Millionen registrierte palästinensische Flüchtlinge leben, und sich die Hälfte der Bevölkerung als Palästinenser identifiziert, würde eine ethnische Vertreibung in Gaza womöglich zum Sturz des Königshauses führen.

Dass Ägypten oder Jordanien und die gesamte arabische Welt einer   zweiten „Nakba“ zustimmen, ist unvorstellbar. Als „Nakba“ wird die Vertreibung und Flucht von etwa 700 000 Palästinensern bezeichnet, die nach der Staatsgründung Israels 1948 ihren Anfang nahm. Trump sieht seinen Vorschlag offenbar als Eröffnung von Verhandlungen, die letztlich den ganzen Nahen Osten neu aufstellen sollen, allen voran mit dem Ziel der atomaren Entwaffnung Irans und eines Friedensschlusses zwischen Saudi-Arabien und Israel. Kronprinz bin Salman war lange aufgeschlossen, die Beziehungen zu Israel zu normalisieren, er will die Region befrieden, denkt vor allem an die wirtschaftliche Transformation seines Landes. Der Terror der Hamas am 7. Oktober und die Reaktion Israels haben die Lage aber deutlich verändert, die saudische Bevölkerung wird eine Annäherung nicht ohne weiteres akzeptieren, eine Vertreibung der Palästinenser noch weniger.

Das Außenministerium des Königreichs erklärte, Saudi-Arabien werde ohne einen unabhängigen palästinensischen Staat „keine diplomatischen Beziehungen zu Israel aufnehmen“ und betonte, diese Position sei „nicht verhandelbar und nicht Gegenstand von Kompromissen“.

Von einem eigenen Staat für die Palästinenser hat Trump bisher noch gar nicht gesprochen. Gewinner seines Vorschlages sind bisher die Terrorgruppen der Region, von der Hamas über die Hisbollah bis zum Regime in Teheran. Sie können sich wieder als Verteidiger der palästinensischen Sache gerieren. „Wir werden es keinem Land der Welt erlauben, unser Land zu besetzen oder die Vormundschaft über unser großes palästinensisches Volk zu übernehmen“, sagte die Hamas.

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