Trumps Mann für die Schmutzkampagnen – Politik | ABC-Z
Über Chris LaCivita kursieren viele wenig schmeichelhafte Beschreibungen, die er selbst allesamt als Komplimente sieht. Ein republikanischer Streithahn sei er, ein Bluthund, ein rücksichtsloser Parteisoldat – alles Beispiele aus einem Porträt des New York Magazine über den Politikberater. Darin lobte ihn Donald Trump Junior als Kerl, „der auf Twitter ein paar Bomben wirft“, als Ritterschlag gemeint von dem Sohn, dessen Provokationen selbst seinen Vater wie einen zahmen Schulbuben aussehen lassen.
Nun soll der Bombenwerfer Trump Senior aus seinem Kampagnentief befreien – und die Kriegsmetaphern sind nicht ganz so unpassend. Dreieinhalb Wochen dauert das Tief bereits, seit US-Präsident Joe Biden sich aus dem Präsidentschaftswahlkampf zurückzog. Gegen ihn hatte Trump zuletzt sämtliche Umfragen angeführt, nach dem gescheiterten Attentat und frenetischem Applaus an seinem Parteitag wähnte er sich bereits als Wahlsieger. Die neue Kandidatin der Demokraten, Kamala Harris, hat seither den Rückstand jedoch wettgemacht. Das Rennen ist wieder offen, Trump ist in der Defensive.
Alltagssorgen statt Wahllügen – das ist jetzt vorbei
Für die gehässige Phase des Wahlkampfs, die sich damit abzeichnet, hat Trump mit Chris LaCivita den richtigen Berater an Bord geholt. Die ganze Karriere des 58-Jährigen beruht darauf, harte Kampagnen für in Bedrängnis geratene Republikaner zu führen. Von Trump hatte er sich lange ferngehalten, bis ihn Susie Wiles, Managerin für den Wahlkampf 2024, empfahl. Für 30 000 Dollar monatlich bemüht sich LaCivita seither darum, seinen neuen Boss der amerikanischen Wählerschaft schmackhaft zu machen. Zunächst mit Disziplin: Trump sollte nicht mehr über die angeblich gestohlene Wahl 2020 lamentieren, sondern über Alltagssorgen reden, die steigenden Preise, die hohen Wohnkosten, die spürbare Einwanderung.
Die Disziplin scheint jetzt Geschichte zu sein, es beginnt das Chaos der Bombenwürfe. Trump startete rassistische Angriffe gegen Harris. Und Chris LaCivita knöpft sich Tim Walz vor. Harris’ Nummer zwei punktet beim Publikum als patriotischer Demokrat vom Land, der vor seiner Wahl zum Gouverneur von Minnesota 24 Jahre lang als Soldat in der Nationalgarde gedient hatte.
Er greift die Stärken der Gegner an
Den militärischen Leistungsausweis, der Walz bei unabhängigen und konservativen Wählern helfen könnte, zweifelt LaCivita an. Er folgt dabei seinem Erfolgsrezept, nicht die Schwachpunkte des Gegners zu kritisieren, sondern die Stärken anzugreifen. Diese Strategie verfolgte er schon 2004, als er für George W. Bush gegen John Kerry vorging.
LaCivita zeichnete damals verantwortlich für Werbespots, die Kerrys Verdienste als Veteran schlechtmachten. Bush diente in der Nationalgarde von Texas, weit weg vom Krieg in Vietnam. Kerry hingegen rettete 1969 seine Kollegen, als er sich auf einen vietnamesischen Rebellen mit einem Raketenwerfer stürzte und ihn tötete. Später zog er als Bootsführer auf dem Bay Hap River mit einem verletzten Arm einen Kollegen aus dem Wasser, der in einem Hinterhalt über Bord gefallen war.
Einige Veteranen jener Swift Boats zweifelten fast 40 Jahre später Kerrys Darstellung an, weil sie sich darüber ärgerten, dass er zum Kriegskritiker geworden war. LaCivita produzierte daraus wirkungsvolle TV-Spots – laut Faktencheckern eine unfaire Kampagne. Das war umso bemerkenswerter, als LaCivita selbst als Marinesoldat bei einem Kampfeinsatz in Irak durch Schrapnell verletzt worden war: Gemäß ungeschriebenem Ehrenkodex zollen US-Veteranen einander Respekt.
Tim Walz schimpfen sie einen „Feigling“
Nun spielt sich um Walz ein ähnliches Drama ab. Trumps Vize J. D. Vance, ebenfalls ehemaliger Marinesoldat, beschuldigte Walz, seine Verdienste übertrieben zu haben. Am Dienstag machte LaCivita in den sozialen Medien klar, wer dahintersteckt. „Er hat seine Männer im Stich gelassen, bevor sie in den Krieg zogen – er ist ein Feigling“, schrieb der Kampagnenmanager über Walz. „Er hat gelogen über einen Kampfeinsatz und über seinen Rang.“
Diesmal ist LaCivita allerdings zugutezuhalten, dass Walz selbst ebenfalls gegen den strengen Ehrenkodex der Veteranen verstoßen hat, indem er Präzision vermissen ließ. Ins Leere zielt der Vorwurf, Walz habe die Nationalgarde verlassen, kurz bevor seine Einheit nach Irak geschickt worden sei. Er bat um seine Entlassung, bevor das Aufgebot für den Auslandseinsatz bekannt war.
Missverständlich drückte sich der Demokrat jedoch in einem Video von 2018 aus, als er sagte, er habe „Kriegswaffen im Krieg getragen“; Walz war nie in einem Kampfeinsatz. Auch behauptete die Kampagne von Harris, Walz sei als „Sergeant Major“ pensioniert worden. Er hatte in diesem Rang Dienst geleistet, formell pensioniert wurde er aber als „Master Sergeant“, ein tieferer Rang.
Kerry verlor damals die Wahl, drei Jahre nach den Terroranschlägen des 11. September 2001, als der militärische Leistungsausweis entscheidend schien. Ob die Strategie von LaCivita erneut verfängt oder vielmehr nur Ratlosigkeit gegen das Duo Harris und Walz zeigt, lässt sich noch nicht abschätzen.
Sicher ist, dass es ein hässlicher Wahlkampf wird. Mit Verweis auf einen ungenannten Sprecher der Trump-Kampagne schrieb die rechte Propagandaseite Daily Caller am Montag, die Angriffe auf Walz seien erst der Anfang.