Wirtschaft

Trumps Kehrtwende bei den Zöllen – Wirtschaft | ABC-Z

Bevor Donald Trump am Wochenende einen Handelsstreit mit den engsten Wirtschaftspartnern der USA anfing, hatte er offenbar wenig Interesse an Deeskalation. Der kanadische Premierminister Justin Trudeau berichtete, er habe nach Trumps Vereidigung Ende Januar erfolglos versucht, den US-Präsidenten zu erreichen. Nun haben die beiden gleich zweimal innerhalb eines Tages miteinander telefoniert. Beide verkündeten danach einen Deal: Die USA setzen die Strafzölle in Höhe von 25 Prozent auf kanadische Importe vorerst aus. Dies gilt auch für die Zölle auf Waren aus Mexiko. Nur die zehnprozentigen Einfuhrgebühren auf chinesische Importe haben weiter Bestand. China reagierte am Dienstag mit Gegenzöllen unter anderem auf Kohle, Flüssigerdgas und Rohöl.

Eigentlich sollten die Maßnahmen gegen Kanada und Mexiko am Dienstag um Mitternacht Ortszeit in Kraft treten. Dazu kommt es nun nicht – vorerst. Denn Trump hat die Zölle nur für 30 Tage gestoppt. Bis dahin werde man schauen, ob es gelinge, einen „wirtschaftlichen Deal“ mit den beiden Nachbarländern auszuhandeln, schrieb Trump auf seiner Plattform Truth Social.

Der Schritt kam durchaus überraschend

Für den vorläufigen Stopp erklärten sich die Regierungen von Kanada und Mexiko im Gegenzug bereit, härter gegen den Schmuggel der Droge Fentanyl vorzugehen und ihre Grenze zu den USA mit mehr Personal und Geld zu sichern. Beide Länder wollen jeweils 10 000 zusätzliche Beamte dorthin schicken. Kanada will außerdem einen „Fentanyl-Zaren“ berufen, also einen Chefbeauftragten für das Fentanyl-Problem.

Vieles an Trumps Vorgehen der vergangenen Tage erscheint kurios. Der US-Präsident hatte zwar schon im Wahlkampf beharrlich mit Zöllen gedroht, aber die drastischen und überstürzten Maßnahmen gegen Kanada und Mexiko am Samstag kamen dann doch überraschend. Beide Länder sind die wichtigsten Handelspartner der USA, sie sind von der amerikanischen Wirtschaft abhängig. Dies gilt – in abgeschwächter Form – aber auch umgekehrt.

Trump drückte die Zölle im Alleingang durch. Sein designierter Handelsminister Howard Lutnick ist noch gar nicht im Amt, die Bestätigung seiner Personalie durch den US-Senat steht noch aus. Trumps engste Wirtschaftsberater hatten zudem signalisiert, dass sie eine schrittweise Einführung von Zöllen befürworten würden. Trump hatte auch zunächst angeordnet, die „unfairen Handelspraktiken“ anderer Länder zu untersuchen, bevor er über mögliche Zölle entscheiden würde. Das deutete auf ein Vorgehen mit Bedacht hin. Doch dann überlegte er es sich offenbar anders – und begab sich rechtlich auf unsicheres Terrain. Er umging den Kongress und unterzeichnete stattdessen ein präsidiales Dekret. Darin rief er wegen der Fentanyl-Krise den „nationalen Notstand“ aus.

Und noch etwas ist grundlegend neu an Trumps Zollkurs. Zölle sind üblicherweise ein Instrument der Handels- und Industriepolitik. Sein Vorgänger Joe Biden erhob etwa hohe Einfuhrgebühren auf chinesische Elektroautos, so wie auch die Europäische Union. Sie werfen der chinesischen Regierung vor, ihre Autoindustrie mit unfairen Subventionen zu stützen und so den Wettbewerb zu verzerren. Einen ähnlichen Kurs verfolgte Trump während seiner ersten Amtszeit, als er Zölle gegen chinesische Solarzellen und Waschmaschinen erließ.

Es ist eher ein Scheinsieg für den Präsidenten

Diesmal sieht Trump Zölle als Druckmittel, um politische Ziele zu erreichen. Nach der Einigung mit Kanada und Mexiko wirkt es nun so, als habe das zum Ziel geführt: Die Regierungen beider Länder machen ihm Zugeständnisse, indem sie mehr in den Grenzschutz investieren. Trump kann sich als Präsident präsentieren, der seine Wahlkampfversprechen umsetzt und im Kampf gegen den Drogenschmuggel hart durchgreift. Doch in Wahrheit ist der Deal nur ein Showsieg für Trump. Kanada und Mexiko hatten schon völlig unabhängig davon mehr Personal und Geld für ihre Grenzen zugesagt. Und der Fentanyl-Schmuggel über Kanada war nie ein großes Problem, auch wenn beide Seiten nun anderes suggerieren.

Wahrscheinlich ist auch, dass Trump einen Rückzieher gemacht hat, weil er nicht mit so schnellen und harten Gegenreaktionen gerechnet hatte. Der kanadische Premierminister Trudeau wandte sich am Samstag mit deutlichen Worten an seine Landsleute und an die US-Amerikaner. In einer Fernsehansprache kündigte er Gegenzölle in Höhe von 25 Prozent auf US-Importe im Wert von mehr als 100 Milliarden Dollar an und warnte die Amerikaner, dass sie die Folgen spüren würden. Trudeau ging damit weiter als erwartet. Im Vorfeld des Handelskonflikts mit den USA hatten Vertreter der kanadischen Regierung und Wirtschaft verschiedene mögliche Reaktionen geprüft. Sie tendierten dazu, nur einzelne Produkte wie Orangensaft aus Florida oder Bourbon aus Kentucky mit Gegenzöllen zu belegen.

Auch innerhalb der USA war die Kritik an Trumps Entscheidung groß. Das Wall Street Journal, Trumps Wirtschaftspolitik normalerweise wohlgesonnen, nannte seine Zölle in einem Kommentar den „dümmsten Handelskrieg der Geschichte“. Trump beschimpfte die Zeitung daraufhin, räumte aber ein, dass die Zölle „Schmerzen“ verursachen könnten. Diese Schmerzen wären sehr wahrscheinlich höhere Preise für die amerikanischen Verbraucher und Firmen gewesen, weil Importeure die Zölle zumindest teilweise an sie weitergegeben hätten. Als am Montag dann auch noch die Kurse an den Börsen nach unten gingen, dämmerte Trump wohl, dass der Schaden zu groß gewesen wäre.

Sind Trumps Zölle damit nun passé, nicht einmal einen Monat nach seinem Amtsantritt? Damit ist nicht zu rechnen, mit dem Aussetzen statt eines endgültigen Stopps hält Trump die Drohkulisse gegenüber beiden Ländern weiter aufrecht. Daneben hat er angekündigt, schon Mitte Februar Zölle auf Stahl, Aluminium, Öl, Kupfer, Computerchips und pharmazeutische Produkte zu erlassen – und zwar auf weltweite Importe.

Auch der EU droht Trump wegen ihrer angeblich unfairen Handelspraktiken mit Zöllen. Er selbst hat hohe Erwartungen mit ihnen verknüpft: Die Zölle sollen nicht nur das US-Handelsdefizit schmälern, sondern auch Milliarden Dollar in die Staatskasse spülen.

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