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Trumps Frist für Importzölle endet: Noch bis Mittwoch kann die EU ein Abkommen aushandeln – Politik | ABC-Z

Wenn Historiker einmal auf Donald Trumps zweite Amtszeit blicken, dürften sie mit ziemlicher Sicherheit den 2. April 2025 hervorheben. An diesem angeblichen „Tag der Befreiung“ lud der US-Präsident seine Unterstützer in den Rosengarten des Weißen Hauses. Erst durfte ein Gewerkschafter aus der Automobilindustrie ein paar Worte sagen. Dann ließ Trump seinen Handelsminister Howard Lutnick mit einer Papptafel nach vorn treten. Darauf hatten seine Berater die Zölle skizziert, die fast alle Länder der Welt zahlen sollten.

Auch in der Europäischen Union trauten damals viele ihren Augen kaum, als sie auf der Tafel die 20 Prozent sahen. So viel sollten europäische Unternehmen künftig an Einfuhrgebühren zahlen, wenn sie Waren in die USA importieren wollten. Nicht nur in Europa machte sich daraufhin Panik breit. Weltweit taumelten die Börsenkurse.

Eine Woche später war das meiste davon: verpufft. Trump kündigte an, eine neunzigtägige Zollpause zu verhängen. Die Börsenturbulenzen hatten offenbar Eindruck auf ihn gemacht. Vor allem aber wollte er nach eigener Aussage Zeit gewinnen, um mit den Handelspartnern der USA Deals zu verhandeln. Die Frist, die er dafür nannte, war der 9. Juli.

„Ich werde ihnen Briefe schreiben.“

Die läuft bald ab. Ob danach das Chaos zurückkehrt, ist unklar. Aus der Trump-Regierung gab es dazu in den vergangenen Tagen widersprüchliche Signale. Trump hatte am Mittwoch erklärt, dass er die Deadline nicht verlängern werde. „Ich werde ihnen Briefe schreiben“, hatte er an Bord der Air Force One gesagt – und damit wohl gemeint, den Handelspartnern nach Ablauf der Deadline per Schreiben neue Zölle aufdrücken zu wollen. Sein Finanzminister Scott Bessent signalisierte dagegen einige Tage zuvor, dass er erst zum 1. September mit mehr Deals rechne. Nun sollen Trump zufolge die hohen Einfuhrzölle erst ab dem 1. August gelten, wenn es vorher zu keiner Einigung kommt.

Denn die Gespräche haben sich als komplexer und langwieriger erweisen, als Trump und seine Berater es erwartet haben. Das hat der Präsident inzwischen eingeräumt. Er schob die Schuld daran den Handelspartnern zu. Diese seien „so verwöhnt davon, dass sie uns 30, 40 Jahre lang über den Tisch gezogen haben. Es wird sehr schwer für sie werden, Deals zu schließen“.

Abkommen mit Großbritannien und Vietnam stehen

Am Mittwoch hatte Trump eine Einigung mit Vietnam bekanntgegeben. Sie sieht vor, dass die USA die Zölle auf vietnamesische Importe auf 20 Prozent festsetzen. Für Waren, die ursprünglich aus China kommen und über Vietnam nach Amerika verschifft werden, gelten Einfuhrgebühren von 40 Prozent. Im Gegenzug verspricht Vietnam, seinen Markt für die USA zu öffnen. Amerikanische Firmen dürfen ihre Produkte bald zollfrei in das Land importieren. Vietnam hat sich in den vergangenen Jahren zu einem wichtigen Produktionsstandort für den US-Markt entwickelt. Dort werden beispielsweise viele Sportartikel und Sportschuhe hergestellt.

Schon im Mai verkündete Trump ein Abkommen mit Großbritannien. Vor einigen Wochen gelang es seinen Wirtschaftsberatern, im Handelskrieg mit China in einem der heikelsten Streitpunkte eine Einigung zu erwirken. Die chinesische Regierung stimmte zu, wieder Seltene Erden in die USA zu liefern, einen Rohstoff, von dem viele Schlüsselindustrien abhängig sind. Eine endgültige Eskalation des Konflikts ist das aber noch lange nicht.

Zölle gegen einzelne Industrien erschweren die Gespräche

Als besonders schwierig erweisen sich auch die Verhandlungen mit Japan. Trump beklagte sich auf seiner Plattform Truth Social, dass sich Japan weigere, amerikanischen Reis zu importieren. Das ist falsch. Nach seiner Zollpause hatte Trump Japan als eines der Länder genannt, mit denen seine Regierung als Erstes einen Deal schließen werde. Vertreter der japanischen Regierungen sollen in den vergangenen Wochen viele Male nach Washington gereist sein. Trotzdem gerieten die Verhandlungen ins Stocken.

Was die Gespräche aus Sicht von Japan und anderen Ländern schwierig macht, ist die Doppelstrategie der USA. Neben den Gegenzöllen, die Trump an seinem „Tag der Befreiung“ ankündigte, hat seine Regierung Zölle gegen einzelne Industrien verhängt. Aktuell gelten sie für Autos, Stahl und Aluminium. Einfuhrgebühren auf Halbleiter, pharmazeutische Produkte, Kupfer und Holz sollen nach Trumps Willen womöglich bald folgen. Japan, aber auch die Europäische Union haben großes Interesse daran, dass Trump diese Zölle wieder zurücknimmt oder sie gar nicht erst verhängt. Der US-Präsident signalisierte aber bislang wenig Bereitschaft dazu.

Zuletzt waren die Folgen kaum spürbar

Er hält an seinem Plan fest, Industriejobs in die USA zurückzuholen. Daneben kann Trump die Einnahmen aus den Zöllen gut gebrauchen. Der US-Kongress hat sein Haushaltsgesetz inklusive der milliardenschweren Steuererleichterungen am Donnerstagabend durchgewinkt. Die Verschuldung der USA wird damit Schätzungen zufolge in den nächsten zehn Jahren um mehr als drei Billionen Dollar steigen.

Mit dem Hochsetzen der Zölle nach Ablauf der Frist am 9. Juli wäre Trump dennoch ein großes innenpolitisches Risiko eingegangen. Die Kritik an seinen heftigen Gegenzöllen war im Frühjahr überwältigend. Sie kam nicht nur von Ökonomen, sondern auch von einer konservativen Zeitung wie dem Wall Street Journal. Sie fürchteten, dass Trump die amerikanische Konjunktur abwürgen würde. Irgendwann wollte sogar Trump selbst eine Rezession nicht mehr ausschließen. In ungewöhnlicher Demut bat er die Amerikaner um Geduld – und lenkte schließlich ein.

Damit wendete er die schlimmsten Folgen wohl ab. Im amerikanischen Alltag sind die Zölle – sie betragen aktuell zehn Prozent auf nahezu alle weltweiten Importe – bislang kaum spürbar. Es gibt anders als befürchtet kaum leere Regale bei Walmart oder Target. Ebenso wenig sind die Preise merklich angestiegen. Viele Unternehmen haben die Einfuhrgebühren absorbiert oder ihre Produzenten gedrängt, die Preise zu senken. Auch die ökonomischen Kennzahlen deuten darauf hin, dass die US-Wirtschaft weiterhin solide läuft. Im Juni entstanden sogar noch einmal 147 000 neue Jobs, wie am Donnerstag bekannt geworden war.

Dennoch haben die Monate der von Trump geschürten Unsicherheit Spuren hinterlassen. Manche Unternehmen haben lange geplante Investitionen aufgeschoben oder abgesagt. Die Automobilbranche und Metall verarbeitende Betriebe leiden unter den Zöllen in ihren Industrien. Sie und die gesamte Wirtschaft wollen nichts weniger als eine Rückkehr des Chaos.

Der Artikel wurde nach der Ankündigung des US-Präsidenten zum Inkrafttreten hoher Einfuhrzölle am 1. August aktualisiert.

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