Trump will ihn zurück – Wem gehört er wirklich? | ABC-Z
Berlin. In seiner Antrittsrede kündigte US-Präsident Trump an, den Panamakanal „zurückzuholen“. Er werde von China kontrolliert. Stimmt das?
Mit einer Kaskade von Ankündigungen hat Donald-Trump in seiner Antrittsrede am Montag seine Präsidentschaft eröffnet. Auch vor Drohungen und imperialistischer Rhetorik schreckte er dabei nicht zurück. Bereits vor Wochen hatte Trump erklärt, den Panamakanal zurückholen zu wollen – ein völkerrechtswidriger Anspruch, den er bei seiner Rede erneuerte. „Wir holen ihn zurück“, sagte der 78-Jährige im Kapitol in Washington.
Es sei eine Torheit gewesen, den Kanal Panama zu schenken, sagt Trump. Versprechen seien gebrochen worden. US-Schiffe müssten stark überhöhte Gebühren bezahlen – das gelte auch für die Marine. „Und vor allem: China betreibt den Panamakanal. Und wir haben ihn nicht an China gegeben, wir haben ihn Panama gegeben.“ Außerdem bezeichnete er den Panamakanal als eines der teuersten Projekte der USA. Die Vereinigten Staaten hätten beim Bau 38.000 Menschenleben verloren.
Wie so oft bei Trump sind fast alle seiner Behauptungen falsch oder groteske Verzerrungen. Ein Blick auf die Fakten zeigt, dass der US-Präsident mit praktisch allen Aussagen daneben liegt. Der Reihe nach.
Warum ist der Panamakanal für die USA so wichtig?
Die Wasserstraße ist eine der wichtigsten Schifffahrtsverbindungen weltweit. Er verbindet auf einer Länge von 82 Kilometern den Atlantik mit dem Pazifik. Der Kanal eröffnet Frachtschiffen eine kurze Strecke und erspart ihnen die langwierige und gefährliche Umschiffung Südamerikas. Hauptnutzer sind die USA mit rund 74 Prozent der durch den Kanal transportierten Fracht, gefolgt von China mit 21 Prozent. Täglich passieren 30 bis 40 Schiffe den Kanal, jährlich sind es über 14.000. Die Gebühren werden nach Art, Größe und Ladung der Schiffe berechnet. Die Preise gelten als marktüblich, größere Frachtschiffe zahlen für die Durchfahrt mehrere 100.000 US-Dollar. Im Jahr 2023 nahm die Kanalgesellschaft rund 3,3 Milliarden Dollar (3,2 Mrd. Euro) an Passagegebühren ein. Neben Frachtern dürfen auch Kriegsschiffe den Panamakanal nutzen. Für die Vereinigten Staaten war dies während des Zweiten Weltkriegs von zentraler Bedeutung.
Haben die USA Panama den Kanal „geschenkt“, wie Trump behauptet?
Geschenke sollte der Schenkende per se nie zurückfordern. Im Fall des Panamakanals kommt hinzu, dass die Vereinigten Staaten Panama nicht mit dem Kanal beschenkt haben. Dass das kleine mittelamerikanische Land die Wasserstraße kontrolliert, war vielmehr das Ergebnis langer und schwieriger Verhandlungen, die 1977 mit den Torrijos-Carter-Verträgen ihren Abschluss fanden. Der damalige und jüngst verstorbene US-Präsident Jimmy Carter handelte mit Panamas Regierungschef Omar Torrijos zwei Verträge über den Status des Panamakanals und der Kanalzone aus. Damit wurden jahrzehntelange Streitigkeiten zwischen den beiden Ländern beendet. Die Verträge regelten die Übergabe des Kanals an Panama mit dem Stichdatum 31. Dezember 1999. Für die Verwaltung ist die Behörde ACP (Autoridad del Canal de Panama) verantwortlich. Mit den Durchfahrtsgebühren nimmt das Land unter anderem die nötigen Gelder ein, um das Infrastrukturprojekt auszubauen und zu modernisieren, um es für riesige Frachter der neuesten Generation vorzubereiten.
Hat Panama die Vertragsbedingungen verletzt und China zu viel Einfluss eingeräumt?
Auch diese Behauptung Trumps erweist sich bei Prüfung der Faktenlage als falsch. Allerdings liefen die Republikaner schon beim Abschluss der Torrijos-Carter-Verträge Sturm gegen das Abkommen. Ein Grund: Das US-Militär wurde verpflichtet, seine berüchtigte School of the Americas in der Kanalzone zu schließen. In dem Camp wurden unter anderem rechte Guerillas für den Kampf gegen linksgerichtete Regierungen in Lateinamerika ausgebildet.
Gemäß Artikel 4 des Torrijos-Carter-Abkommens verpflichten sich beide Regierungen dazu, dass der Kanal dauerhaft neutral bleiben soll. Die Verträge regeln, dass die Nutzung Schiffen aller Nationen, auch Kriegsschiffen, ohne Benachteiligung gegen Zahlung der Transitgebühren zu gewähren ist. Von einer Sonderrolle für die USA, wie Trump behauptet, ist keine Rede. Wie Carla Martínez Machain, Professorin für Politikwissenschaften an der University at Buffalo in einem Interview mit der Deutschen Welle erklärt, hätten die USA gemäß der Verträge sogar das Recht, den Kanal militärisch zu verteidigen, wenn er von einer fremden Macht bedroht würde.
Hauptstadt Inside von Jörg Quoos, Chefredakteur der FUNKE Zentralredaktion
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Als fremde, feindliche Macht hat Trump China im Visier. Die Volksrepublik ist wirtschaftlich nicht nur in Asien und Europa aktiv, sondern auch in Mittelamerika. Das Hongkonger Privatunternehmen Hutchison Ports PPC betreibt auf beiden Seiten des Kanals seit Jahrzehnten große Container-Terminals. Es gibt Befürchtungen, dass die chinesische Regierung auch über private Unternehmen ihren Einfluss auf Häfen und Schifffahrtsrouten ausbauen könnte. Allerdings betonte Ricaurte Vásquez Morales, Chef der panamaischen Kanalverwaltung, in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“ unlängst, dass sich seine Behörde strikt an das Neutralitätsgebot halte. „China hat keinerlei Einfluss auf unseren Betrieb“, so Vásquez Morales. Panamas Präsident José Raúl Mulino wurde ebenfalls deutlich: „Der Kanal ist und bleibt panamaisch“, sagte er. Es gebe keine Nation in der Welt, die sich in die Verwaltung einmische. Dass China gar den Panamakanal betreibe, wie Trump behauptet, ist vor diesem Hintergrund eine glatte Lüge.
Starben beim Bau des Panamakanals 38.000 Amerikaner?
Der Panamakanal war Anfang des 20. Jahrhunderts vom Ingenieurkorps des US-Heeres gebaut worden. Zuvor hatten die Vereinigten Staaten das damals noch zu Kolumbien gehörende Gebiet besetzt und einen unabhängigen Staat Panama ausgerufen. Begonnen hatte mit dem Bau allerdings bereits 1881 die französische Panamakanal-Gesellschaft, die eine Konzession vom kolumbianischen Staat erworben hatte. Allein zwischen 1881 und 1889 kamen etwa 22.000 Arbeiter ums Leben. Die meisten starben an tropischen Krankheiten wie Malaria und Gelbfieber.
Als die Amerikaner den Bau übernommen hatten, kamen laut Aufzeichnungen weniger Arbeiter ums Leben. Insgesamt seien etwa 55.000 Menschen beschäftigt gewesen, davon seien laut Krankenhausaufzeichnungen 5609 durch Unfälle und Krankheiten gestorben. Der Historiker Matthew Parker, Autor des Buches „Hell‘s Gorge: The Battle to Build the Panama Canal“, erklärte in einem Interview mit der BBC, dass die meisten Todesopfer aus Barbados gekommen seien. „Nur“ etwa 300 hätten die amerikanische Staatsbürgerschaft gehabt. Trumps Behauptung, 38.000 Amerikaner seien beim Bau gestorben, ist also völlig aus der Luft gegriffen. mit dpa