Trump verhängt Strafzölle: Schweizer Industrie fürchtet massiven Jobverlust | ABC-Z

Trump verhängt Strafzölle
Schweizer Industrie fürchtet massiven Jobverlust
01.08.2025, 20:58 Uhr
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US-Präsident Trump setzt überraschend Strafzölle von 39 Prozent gegen die Schweiz durch. Selbst die Pharmaindustrie könnte bald ins Visier geraten. Wirtschaftsvertreter warnen vor massiven Arbeitsplatzverlusten und einem schweren Schlag für den Standort. Die Verhandlungen gehen dennoch weiter.
Die von US-Präsident Donald Trump angekündigten Zölle gegen die Schweiz haben bei Regierung und Industrie Enttäuschung und Entsetzen ausgelöst. Wirtschaftsvertreter warnten vor dem Verlust von Arbeitsplätzen und einem Schaden für den Wirtschaftsstandort. “Ich bin fassungslos. Diese Zölle basieren auf keinerlei rationaler Basis und sind willkürlich”, erklärte der Direktor des Tech-Industrieverbandes Swissmem, Stefan Brupbacher. “Dieser Entscheid gefährdet in der Industrie mehrere Zehntausend Stellen.” Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter sagte am Nationalfeiertag in Rütli, es sei bedauerlich, dass der Zoll so viel höher sei als das, worüber verhandelt worden sei.
Trump hatte in der Nacht einen Zollsatz von 39 Prozent für das exportabhängige Land festgesetzt. Dies ist mehr als doppelt so hoch wie der Satz von 15 Prozent für die meisten Importe aus der Europäischen Union. Die USA hatten zunächst 31 Prozent in Aussicht gestellt, was in der Schweiz bereits als unverständlich bewertet worden war. Aus dem Weißen Haus verlautete zur Begründung, die Schweiz habe sich geweigert, “bedeutende Zugeständnisse” zu machen. “Die Schweiz kann als eines der reichsten und einkommensstärksten Länder der Welt nicht erwarten, dass die USA eine einseitige Handelsbeziehung hinnehmen”, sagte ein Insider.
Die neuen Zölle sollen am 7. August in Kraft treten. Keller-Sutter zufolge sollen die Verhandlungen mit den USA fortgesetzt werden. Nach ihrer Darstellung genießen US-Firmen allerdings bereits zu 99,3 Prozent einen freien Zugang zum Schweizer Markt. Swissmem stellte seinerseits eine Liste von Forderungen nach dem “rabenschwarzen Tag” auf. “Die neuen bilateralen Verträge mit der EU gewinnen nun eine noch wichtigere Bedeutung”, hieß es unter anderem. Der innenpolitische Prozess zu dem dritten bilateralen Vertragspaket mit der EU – kurz “Bilaterale III” – müsse nun zügig vorwärtsgetrieben werden. Der Verband warnte vor Referenden gegen Freihandelsabkommen als “unverantwortliche Rückenschüsse”.
USA sind wichtigster Exportmarkt für die Schweiz
Eine wichtige Ausnahme von den US-Zöllen gab es zunächst für die Pharmaindustrie, die für die Schweiz von zentraler Bedeutung ist. Der Sektor dürfte nicht von den Abgaben betroffen sein, sagte ein Sprecher des Wirtschaftsministeriums. Allein im vergangenen Jahr exportierten Roche, Novartis und andere Konzerne Produkte im Wert von 35 Milliarden Dollar in die USA. Allerdings drohen der Branche gesonderte Abgaben. Trump hat eine Untersuchung zur nationalen Sicherheit im Pharmasektor eingeleitet. Eine Entscheidung über etwaige Zölle wird in den kommenden Wochen erwartet. Trump brachte im Juli Zölle von bis zu 200 Prozent ins Spiel.
Die USA sind vor Deutschland der wichtigste Exportmarkt für die Schweiz. Ihr Anteil an den Gesamtausfuhren betrug Daten von Statista zufolge 18,6 Prozent. Insgesamt lieferte die Schweiz im vergangenen Jahr Waren im Wert von rund 65 Milliarden Franken in die USA. Daraus ergab sich ein Handelsüberschuss von fast 38,7 Milliarden Franken, bei Dienstleistungen betrug das Defizit dagegen fast 20,4 Milliarden Franken. Die USA sind auch der größte ausländische Markt für Schweizer Uhren, Schmuck und Schokolade. Die Schweiz ist der siebtgrößte Investor in den USA. Nach eigenen Angaben sichern ihre Direktinvestitionen von mehr als 300 Milliarden Dollar eine halbe Million US-Arbeitsplätze.