Trump und Selenskyj: „Trump ist ein lausiger Schauspieler“ – Reaktionen auf den Eklat im Weißen Haus | ABC-Z

Die Empörung über den Rauswurf des ukrainischen Präsidenten aus dem Weißen Haus ist weltweit groß. Politiker von FDP und Grünen verurteilen das Vorgehen, EU-Politiker versichern ihre Solidarität mit der Ukraine.
Die FDP-Politikerin Marie-Agnes Strack-Zimmermann fordert nach dem Eklat beim USA-Besuch des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj eine größere europäische Eigenständigkeit. „Als Transatlantikerin sage ich das nicht leichtfertig, aber es ist an der Zeit, dass wir unsere Unabhängigkeit von den USA verstärken“, sagte die Europaabgeordnete der Deutschen Presse-Agentur. „Wir müssen Zähne zeigen. Wir müssen in Verträge mit der Ukraine gehen, wirtschaftliche Weichen stellen und Europas eigene Rolle in der Welt neu definieren.“
Strack-Zimmermann sagte, dass Selenskyj „in einer derart unappetitlichen Weise von den USA unter Druck gesetzt wird, ist eigentlich unvorstellbar – ja, es ist bizarr“. Strack-Zimmermann sagte wörtlich: „Präsident Trump ist ein lausiger Schauspieler“, und weiter: „Was gestern im Weißen Haus passiert ist, ist eine Schmierenkomödie, die von Anfang an geplant war und vom Vizepräsidenten J.D. Vance souffliert wurde.“ Während Russland seine verbrecherische Aggression fortsetze, erlebe man eine Täter-Opfer-Umkehr durch US-Präsident Donald Trump, die allein dem russischen Präsidenten Wladimir Putin in die Hände spiele.
Trump hatte Selenskyj im Weißen Haus gedroht, die Ukraine im Kampf gegen Russland im Stich zu lassen, sollte es nicht zu einer Einigung mit Putin kommen. Er überzog den Ukrainer vor laufenden Kameras mit schweren Vorwürfen.
Strack-Zimmermann schlug vor, dass die Europäische Investitionsbank Anleihen auflegen könnte, um seitens Europas Investitionen in Seltene Erden zu ermöglichen und so Milliarden zu generieren, die direkt der Ukraine zugutekommen. Dafür sollte ein Abkommen zwischen der EU und der Ukraine abgeschlossen werden.
Grüne verurteilen Trumps Vorgehen
Die Grünen zeigten sich ebenfalls bestürzt: „Es ist beschämend, wie Donald Trump seinen Amtskollegen Selenskyj vor laufender Kamera vorführt und bewusst den Angegriffenen mit dem Aggressor vertauscht“, sagte Grünen-Chef Felix Banaszak. Trump und sein Vizepräsident J.D. Vance „folgen einer imperialistischen Logik, die keine Augenhöhe unter Partnern kennt“. Die Ukraine könne sich darauf verlassen, „dass wir zusammen mit unseren europäischen Verbündeten an ihrer Seite stehen“, betonte Banaszak. Noch-Außenministerin Annalena Baerbock (Grüne) schrieb in den sozialen Medien: „Die Ukraine ist nicht allein. Deutschland steht gemeinsam mit unseren europäischen Verbündeten geschlossen an der Seite der Ukraine – und gegen die russische Aggression.“ Sie betont: „Die Ukraine kann auf unerschütterliche Unterstützung aus Deutschland, Europa und darüber hinaus bauen.“
Auch SPD und CDU bekräftigten ihren Rückhalt: „Niemand will Frieden mehr als die Bürgerinnen und Bürger der Ukraine! Deswegen suchen wir gemeinsam den Weg zu einem dauerhaften und gerechten Frieden“, schrieb Olaf Scholz (SPD) auf X und fügte hinzu: „Auf Deutschland – und auf Europa – kann sich die Ukraine verlassen.“
Das hob auch Scholz’ wahrscheinlicher Nachfolger im Kanzleramt hervor. „Lieber Wolodymyr Selenskyj wir stehen zur Ukraine in guten und in schwierigen Zeiten“, schrieb Friedrich Merz (CDU) auf X. Man dürfe in diesem schrecklichen Krieg niemals Aggressor und Opfer verwechseln.
EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen zeigte sich solidarisch mit der Ukraine. „Seien Sie stark, seien Sie mutig, seien Sie furchtlos. Sie sind niemals allein, lieber Präsident Selenskyj“, erklärt sie auf X. „Wir werden weiter mit Ihnen an einem gerechten und dauerhaften Frieden arbeiten.“
Weit in ihrer Beurteilung ging die EU-Außenbeauftragte Kaja Kallas. „Ukraine ist Europa, wir stehen zur Ukraine“, schrieb sie. „Wir werden unsere Unterstützung für die Ukraine verstärken, so dass sie den Aggressor zurückschlagen kann.“ Es folgte der denkwürdige Satz: „Heute wurde klar, dass die freie Welt einen neuen Anführer braucht. Es liegt an uns Europäern, diese Herausforderung anzunehmen.“
Derweil positioniert sich der britische Premier Keir Starmer als Brückenbauer. Für Sonntag hat er europäische Staats- und Regierungschefs zu einem Ukraine-Gipfel nach London eingeladen.
Auswirkungen auf britische Einladung an Trump
Starmer habe sowohl mit Selenskyj als auch mit Trump telefoniert, teilte der Regierungssitz Downing Street mit, nachdem der Ukrainer das Weiße Haus vorzeitig verlassen hatte. „Er behält seine unerschütterliche Unterstützung für die Ukraine bei und tut alles, was er kann, um einen Weg zu einem dauerhaften Frieden auf Grundlage von Souveränität und Sicherheit für die Ukraine zu finden“, sagte ein Downing-Street-Sprecher. Anders als viele andere europäische Politiker hatte Starmer seine Unterstützung für Selenskyj nicht direkt im Anschluss per Social Media bekundet. Britische Medien interpretierten das als den Versuch, zwischen den USA und der Ukraine zu vermitteln. Der britische Regierungschef hatte bei einem Besuch in Washington in dieser Woche demonstrativ auf Harmonie mit dem US-Präsidenten gesetzt.
Derweil forderte ein führender Politiker der Schottischen Nationalpartei SNP, die britische Einladung an US-Präsident Donald Trump wieder zurückzuziehen. „Starmer sollte besser aufhören zu knien und das Angebot eines Staatsbesuchs zurückziehen“, schrieb Stephen Flynn, der SNP-Fraktionschef im britischen Parlament auf X.
Italiens Regierungschefin Giorgia Meloni forderte unterdessen einen sofortigen Gipfel zwischen den USA, Europa und Verbündeten zur Ukraine. Der spanische Ministerpräsident Pedro Sanchez versichert der Ukraine die Solidarität seines Landes. „Ukraine, Spanien steht an euer Seite“, schrieb er auf X.
Mit dem französischen Staatsoberhaupt Emmanuel Macron äußerte sich wenige Zeit später auch ein weiterer Europäer. „Ein starkes Europa, das brauchen wir mehr denn je“, schrieb der französische Präsident auf X: „Ich habe von Anfang an daran gearbeitet. Der Aufbruch ist jetzt.“ Weiter schrieb er: „Wir alle hatten recht, der Ukraine zu helfen und Russland vor drei Jahren zu sanktionieren und dies auch weiterhin zu tun.“
Australiens Premierminister Anthony Albanese stärkte der Ukraine den Rücken. Sein Land werde der Ukraine so lange wie nötig zur Seite stehen, sagte Albanese: „Denn dies ist der Kampf einer demokratischen Nation gegen ein autoritäres Regime unter der Führung von Wladimir Putin, der eindeutig imperialistische Pläne nicht nur in der Ukraine, sondern in der gesamten Region verfolgt.“
Beschimpfungen von Medwedew
Selenskyj bedankte sich am Freitag und Samstag in zahlreichen einzelnen Online-Beiträgen bei X bei den westlichen Verbündeten. „Danke für ihre Unterstützung“, schrieb er als Reaktion auf rund 30 Veröffentlichungen, in denen die Verbündeten der Ukraine ihre Solidarität bekundeten.
Aus Moskau war hingegen Genugtuung über den Streit zwischen Trump und Selenskyj zu vernehmen. Der ehemalige russische Präsident Dmitri Medwedew nannte Selenskyj ein „anmaßendes Schwein“, das „im Oval Office eine ordentliche Ohrfeige“ erhalten habe. Der russische Unterhändler in den Gesprächen mit der US-Seite, Kirill Dmitrijew, nannte die Auseinandersetzung zwischen beiden Staatschefs „historisch“.
krö mit dpa