Trump lockt mit Reichtum: Die Grönländer wählen unter Einfluss | ABC-Z

Vermutlich noch nie hat die Welt so gebannt auf Grönland geschaut. Dafür sorgen Trump Avancen um die größte Insel der Welt. Vor der Parlamentswahl sorgt das für Unruhe, aber auch eine klare Absage an die USA. Deren Präsident könnte das Gegenteil von dem erreichen, was er will.
„Wir sind bereit, Milliarden von Dollar zu investieren, um neue Arbeitsplätze zu schaffen und euch reich zu machen.“ Kurz vor der Parlamentswahl verspricht US-Präsident Donald Trump den Grönländern das Blaue vom Himmel. So will er sie dazu bringen, „ein Teil der großartigsten Nation der Welt“ zu werden. Seit er zum US-Präsidenten gewählt wurde, kokettiert Trump damit, die Kontrolle über das zu Dänemark gehörende Gebiet erlangen zu wollen.
„Ich denke, wir werden es bekommen, so oder so“, sagte der US-Präsident kürzlich vor dem Kongress. Er betonte zwar auch, dass die Grönländer selbst über ihre Zukunft entscheiden sollten. Als Drohung können Trumps Äußerungen dennoch aufgefasst werden. Er begründet seinen Vorstoß mit der nationalen und internationalen Sicherheit – und schließt militärischen und wirtschaftlichen Zwang gegen die Insel nicht aus.
Es sind ungewöhnliche Umstände, unter denen die Grönländer heute ihr Parlament wählen. Von einer „ernsten Zeit“ sprach Regierungschef Múte B. Egede Anfang Februar. „Eine Zeit, wie wir sie in unserem Land noch nie erlebt haben.“ Dies sei nicht die Zeit für innere Spaltungen. „Die Zeit zwingt uns, für unser Land zusammenzuarbeiten und uns zu vereinen.“
Die Einflussnahme von außen sorgt für Verunsicherung, aber auch Trotz und ein Gemeinschaftsgefühl. Aaja Chemnitz, die als Vertreterin Grönlands im dänischen Parlament sitzt, warf Trump eine Einmischung in die Wahl vor. Es sei ein „ziemlich verzweifelter“ Versuch, eine solche Aussage kurz vor einer Wahl in Grönland zu tätigen, sagte sie. „Als ausländische Macht sollten Sie sich nicht einmischen.“
Strategische Lage und Bodenschätze
Auch dänische Geheimdienste warnten bereits Ende Februar vor Versuchen der Beeinflussung aus dem Ausland und der Verbreitung von Falschinformationen. Dabei ging es aber weniger um die USA als um Russland. Das Land habe zum einen ein starkes Interesse daran, die Nato-Länder zu spalten und den Westen zu schwächen. Zum anderen sei ein größerer US-Einfluss in Grönland aber nicht im russischen Interesse, hieß es.
Sowohl seine strategisch günstige Lage im hohen Norden als auch die reichen Vorkommen an Bodenschätzen wie seltenen Erden, Lithium, Grafit und Kupfer machen Grönland für ausländische Mächte interessant. Zumal der schmelzende Eisschild, der den Großteil der Insel bedeckt, neue Möglichkeiten des Rohstoffabbaus eröffnet. Das weckt Begehrlichkeiten. Doch Regierungschef Egede findet klare Worte: „Wir wollen keine Amerikaner oder Dänen sein. Wir sind Grönländer“, schrieb er Anfang des Monats auf Facebook. Grönland stehe nicht zum Verkauf und könne nicht übernommen werden. „Über unsere Zukunft entscheiden wir in Grönland“, so Egede. Und laut Umfragen lehnt eine sehr große Mehrheit Trumps Offerten ab.
Alle vier Jahre wählen die Grönländer ihr Parlament, das Inatsisartut (deutsch: Die Gesetzgeber). 31 Abgeordnete vertreten dort die etwa 56.600 Einwohner. Parlament und Regierung arbeiten autonom von Dänemark. Nur für Fragen der Sicherheit und Außenpolitik ist Kopenhagen zuständig. Egede ist seit 2021 Regierungschef. Er ist auch Vorsitzender der derzeit stärksten Partei, der demokratisch-sozialistischen Inuit Ataqatigiit (Gemeinschaft der Inuit), die in den vergangenen Jahren mit verschiedenen Mehrheiten regierte, erst mit der populistischen Naleraq (Peilmarke), dann mit der sozialdemokratischen Siumut (Vorwärts).
Alle drei Parteien eint das Ziel der Unabhängigkeit, wenn auch mit unterschiedlichen Schwerpunkten. Die sozialliberale Demokratiit (Demokraten) und die konservative Atassut (Verbindung) treten dagegen für eine Beibehaltung der Reichsgemeinschaft aus Dänemark, Grönland und Färöer ein. Im alten Parlament verfügen sie aber nur über fünf Sitze.
Von Subventionen abhängig
Die Zeichen stehen auf also Unabhängigkeit. Die Gründung eines eigenen Staates ist schon seit Jahrzehnten ein Thema auf der Insel, die 1979 ihre weitgehende Autonomie erlangte. Trump verleiht dem eher noch neuen Schwung. „Ich denke, dass das hier vielleicht die Geschwindigkeit in Richtung Unabhängigkeit erhöhen könnte“, sagte die Professorin Maria Ackrén von der Universität von Grönland (Ilisimatusarfik) im Februar der Deutschen Presse-Agentur in Nuuk. „Man kann zumindest sagen, dass Trump den Prozess beschleunigt.“


(Foto: © Google Earth 2025, Data SIO, NOAA, U.S. Navy, NGA, GEBCO, Image IBCAO, Landsat / Copernicus, U.S. Geological Survey)
Ähnlich äußert sich der Grönland-Experte Ulrik Pram Gad. Er glaubt zwar nicht daran, dass Trumps jüngste Aussage größere Auswirkungen auf die Wahl haben. „Ich bin mir recht sicher, dass die allermeisten grönländischen Wähler Trumps Interesse bereits zur Kenntnis genommen und dazu Stellung bezogen haben“, sagte der Forscher des Dänischen Instituts für Internationale Studien (DIIS) der dänischen Nachrichtenagentur Ritzau. Entscheidend sei jedoch, ob die Aussagen des US-Präsidenten generell als Möglichkeit oder als Bedrohung wahrgenommen werden – und in der Hinsicht könne man den Eindruck gewinnen, dass sie den gegenteiligen Effekt ihrer eigentlichen Absicht haben könnten.
Doch der Weg zur Unabhängigkeit ist steinig. Das Land ist nach wie vor von Subventionen aus Dänemark abhängig. Um allein überleben zu können, müsste die Wirtschaft stark und wettbewerbsfähig werden. Bei der Parlamentswahl geht es deshalb nicht nur um die Unabhängigkeit, sondern auch um Fischerei, Bergbau und Tourismus, von denen die meisten Grönländer leben. Ganz zu schweigen von den sozialen Problemen wie der Gesundheitsversorgung.
Und die Sicherheit? Könnte Grönland das riesige Gebiet selbst schützen? Schon jetzt betreiben die USA eine große Militärbasis im Nordwesten, haben dort weitreichende Befugnisse. Hinzu kommt das Arktische Kommando Dänemarks. Ohne deren Schutz wäre es schwer, feindliche Aggressionen abzuwehren. Will Grönland das riskieren? Der weitgehende Autonomiestatus gewährt Grönland die Möglichkeit, sich für unabhängig zu erklären. Mit einem Referendum rechnet Professorin Ackrén aber erst in 10 oder 20 Jahren. Dann ist Trump nicht mehr im Amt.