Trend: Veganer Kaviar – Stil | ABC-Z
An Silvester will man es krachen lassen, also kaufen sich die Menschen, manche zumindest, im Feinkosthandel Kaviar. Der Fischrogen vom Beluga-Stör ist der edelste von allen. Ein Kilogramm des buttrig-zarten Kaviars des Huso huso kostet schon mal 4000 Euro. Das kann sich natürlich nicht jeder leisten, das will auch nicht jeder. Die einen, weil ihnen der rituelle Verzehr der Fischeier vom eigenen Handrücken zu sehr nach dem München der Achtzigerjahre schmeckt. Die anderen, weil der begehrte Beluga-Stör in der überfischten Schwarzmeerregion vom Aussterben bedroht ist und die Tiere aus Aquakulturen oftmals mit Antibiotika vollgepumpt werden. Die Dritten, weil sie ohnehin keine Tiere essen.
Von seinem Nimbus als Speise für besondere Stunden hat der Kaviar aber auch bei kritischen Gourmets nichts eingebüßt, sonst wäre ein zeitgemäßes Surrogat nicht so erfolgreich: der vegane Kaviar. Er verhält sich wie Tofu zu Fleisch, natürlich ist er ein Imitat. Aber er kommt ebenfalls aus dem Meer und schmeckt auch danach.
Es gibt viele Arten von Zubereitungen, die als veganer Kaviar firmieren. Hier soll es nicht um die Varianten aus dem Selbstbaukasten gehen, wie zum Beispiel um in Honig-Essig eingelegte Senfkörner, Balsamico mit Agar-Agar oder in pürierte Noriblätter getunkte Chiasamen. Alle drei sind optische Variationen der Kaviarperlen, geschmacklich haben sie nicht viel mit ihnen zu tun.
Der beste vegane Player auf dem Silvesterbuffet ist jener, der allein auf Algen basiert. Aus Japan stammt Umibodo, auch bekannt als Seetrauben oder grüner Kaviar, der in gehobenen veganen Restaurants gerade sehr gefragt ist. Die Grünalge besteht aus winzigen traubenähnlichen Rispen, die aus den warmen Gewässern Okinawas kommen. In Europa besteht veganer Kaviar in der Regel aus Braunalgen, die in der Nordsee geerntet und zu Perlen verarbeitet werden.
Der Algenkaviar ist zwar noch ein Nischenprodukt, aber längst kein Geheimtipp mehr. Grünen Kaviar gibt es im Feinkosthandel, das Kilo kostet um die 500 Euro. Im Supermarkt gibt es den Ersatz aus Braunalgen für knapp 50 Euro pro Kilo. Der bekannteste namens Cavi-Art wird in 100-Gramm-Gläschen vom alteingesessenen Altonaer Kaviar Import Haus vertrieben. So dünkelfrei begegnen nicht alle angestammten Anbieter dem Fake-Kaviar.
Dass die vegane Variante geschmacklich kaum vom echten Rogen zu unterscheiden ist, gehört ins Reich der Legenden. Das heißt nicht, dass Algenkaviar nicht eine Delikatesse mit eigener Berechtigung ist. Umibodo zerplatzt sanft im Mund und hat ein salziges Aroma mit einer dezenten Süße. Das Mundgefühl bei der Braunalgenvariante ist robuster. Die festen Perlen sind sehr viel kleiner, auch zerplatzt nichts im Mund, bei Kelp ist es eher ein Crunch als ein Plopp.
Wie den Kaviar vom Stör, so kann man auch die vegane Version pur essen, auf Canapés oder Blinis, wobei er deutlich weniger nach Salz und Meer schmeckt als das Original und natürlich gar nicht nach Fisch. Andererseits können die Algenperlen erhitzt werden, ohne an Farbe oder Geschmack einzubüßen. Wer leicht ins neue Jahr starten will, ist mit veganem Kaviar zudem gut bedient: 100 Gramm kommen auf höchstens 20 Kalorien, beim Beluga-Kaviar sind es in der Gewichtsklasse 250 und mehr.
Es wird sicher kein passionierter Kaviarfan Braunalge statt Beluga für seine Silvesterhäppchen verwenden. Aber wer mit einem guten Gewissen ins neue Jahr rutschen möchte, ist beim Meeresgemüse besser aufgehoben: Algen sind nahezu unbegrenzt verfügbar, Beluga-Störe nicht.